Mikroplastik
Englisch: microplastic
Definition
Als Mikroplastik werden unter 5 mm große Kunststoffpartikel unterschiedlicher Herkunft, Größe, Form und chemischer Zusammensetzung bezeichnet.
Abgrenzung
Nanoplastik bezeichnet noch kleinere Kunststoffpartikel mit einer Größe von < 1 µm bzw. < 100 nm, je nach Definition.
Einteilung
Man unterscheidet zwischen primärem und sekundärem Mikroplastik.
Primäres Mikroplastik wird gezielt industriell hergestellt. Dabei kommen z.B. Kunststoffe wie Polyethylen (PE), Polyethylenterephthalat (PET) oder Polyvinylchlorid (PVC) zum Einsatz, insbesondere als Granulate und Pellets zur Herstellung von Kunststoffprodukten. Weitere Quellen sind industrielle Sandstrahler, Reinigungs- und Poliermittel, als Trägermaterialien für Dünger und Pflanzenschutzmittel, in Lacken und Farben, Medizinprodukten und einigen kosmetischen Mitteln.
Sekundäres Mikroplastik entsteht durch chemische und physikalische Zerfallsprozesse aus "Makroplastik", z.B. bei Plastiktüten, Plastikflaschen, durch Reifenabrieb oder durch Tragen und Waschen von kunststoffhaltigen Textilien (z.B. Fleece-Kleidungsstücke).
Umweltmedizin
Mikroplastik in der Umwelt
Da Klärwerke die Plastikpartikel nur unzureichend aus dem Abwasser herausfiltern, gelangt ein Anteil in die Gewässer. Darüber hinaus kann Mikroplastik auf Äckern landen, wenn Klärschlamm dort verteilt wird. Eine weitere Quelle von Mikroplastik in der Umwelt sind die Verbraucher, da z.B. weggeworfene Verpackungen, Tüten, Flaschen oder Kanister kaum abbaubar sind und für unbestimmte Zeit in der Umwelt verbleiben und sich dort anreichern. Das in der Umwelt vorgefundene Mikroplastik besteht hauptsächlich aus diesem Sekundär-Mikroplastik.
Mikroplastik in Lebensmitteln
Mikroplastik gelangt nach heutigem Wissensstand wahrscheinlich auch in Lebensmittel. Dabei ist unklar, wie viel Mikroplastik in Lebensmittel enthalten und wie dieses zusammengesetzt ist. Eine Quantifizierung und Bestimmung der tatsächlichen Expositionsmengen ist eine wissenschaftliche Herausforderung. Außerdem gibt es keine einheitliche Begriffsbestimmung für Mikroplastik und auch keine validierten Methoden zur Identifizierung und quantitativen Analyse von Mikroplastik. Daher sind derzeit noch keine Rückschlüsse auf die durchschnittlichen Anteile von Mikroplastik in Lebensmitteln möglich.
Mikroplastik im Menschen
Der Mensch kann Mikroplastik zum Beispiel über die Luft, das Trinkwasser, Lebensmittel, Staub und kosmetische Mittel aufnehmen. Entsprechend gibt es wachsende Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit, wie z.B.entzündliche, toxische und hormonelle Reaktionen. Der Zusammenhang zwischen Exposition, Aufnahme und gesundheitlichen Folgen ist jedoch derzeit (2024) unklar: Eine aktuelle Studie des BfR untersuchte die Aufnahme und die Effekte von Polystyrol-Mikroplastik in menschlichen In-vitro-Systemen und in-vivo bei Nagetieren. Die Ergebnisse zeigen eine geringe zelluläre Aufnahme, keine histologisch nachweisbaren Läsionen oder entzündliche Reaktionen und keine Differenzierung oder Aktivierung des humanen Makrophagenmodells. Daraus wird geschlossen, dass die orale Exposition von Polystyrol unter den gewählten experimentellen Bedingungen für Säugetiere keine relevanten akuten Gesundheitsrisiken beinhaltet.[1] In einer aktuellen prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie mit asymptomatischen Patienten, die sich einer Karotisendarteriektomie unterzogen haben, wurden die entnommenen Plaques auf Mikro- und Nanopartikel untersucht. Dabei konnte in fast 60 % der Plaques Polyethylen und 12 % PVC nachgewiesen werden. Diese Patienten zeigten ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Tod) im Vergleich zu Patienten ohne Nachweis von Mikropartikeln. Dabei ist zu beachten, dass die Studie aufgrund ihrer Beobachtungsdesigns keine kausalen Schlussfolgerungen zulässt.[2]
Eine dermale oder unbeabsichtigte orale Aufnahme von Mikrokunststoffpartikeln aus Duschgels, Peelings und Zahnpasten ist laut dem BfR unwahrscheinlich, da die verwendeten Partikel wesentlich größer als 1 µm sind. Bei dieser Partikelgröße ist bei vorgesehenem Gebrauch der Produkte eine Aufnahme über die gesunde, intakte Haut nicht zu erwarten. Auch beim Verschlucken von Zahnpasta ist aufgrund der molekularen Größe davon auszugehen, dass eine Aufnahme von Mikroplastik über den Magen-Darm-Trakt nur in geringem Maße stattfindet und dass der überwiegende Teil über den Stuhl ausgeschieden wird.
Laut dem BfR ist nach dem derzeitigen Wissensstand nicht davon auszugehen, dass von den Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen. Aufgrund der mangelnden Datenlage kann allerdings noch keine abschließende Risikobewertung erfolgen.
Mikroplastik als Transportvehikel
Stoffe wie z.B. polychlorierte Biphenyle (PCB) oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) können mit Mikroplastikpartikeln Wechselwirkungen eingehen. Ob die Aufnahme durch mit diesen Stoffen beladene Mikroplastikpartikel zur Exposition des Menschen beitragen kann und ob mögliche gebundene Stoffe in den Zellen wieder von den Mikroplastikpartikeln freigesetzt werden, ist bislang unklar.
Literatur
- Bundesinstitut für Risikobewertung. Mikroplastik: Fakten, Forschung und offene Fragen, abgerufen am 13.03.2024
- Bundesinstitut für Risikobewertung. Mikroplastik in Lebensmitteln. Kleine Teile - große Wirkung?, Ausgabe 02/2019, abgerufen am 13.03.2024
Quellen
- ↑ Stock V et al. Uptake and effects of orally ingested polystyrene microplastic particles in vitro and in vivo. Arch Toxicol. 2019
- ↑ Marfella R et al. Microplastics and Nanoplastics in Atheromas and Cardiovascular Events. N Engl J Med. 2024