FlexiEssay: Medikationsfehler auf Intensivstationen
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Komplexe Versorgung
Die medizinische und pflegerische Versorgung auf Intensivstationen ist sehr komplex und wird unter hohem Arbeitsdruck aller Berufsgruppen täglich geleistet. Unter solchen Bedingungen steigt die Fehlerhäufigkeit: Nicht selten kommt es zu Medikationsfehlern innerhalb der Arbeitsgänge: Verordnung und Ausgabe, durch Irrtümer oder Flüchtigkeitsfehler. Diese Aussage stützt die "Sentinel Events Evaluation" (SEE-Studie 1) von 2006.
SEE-Studie 2, 2009
Eine erneute Umfrage (SEE-Studie 2, 2009) bei 113 Intensivstationen aus 27 Ländern (darunter 9 Abteilungen in Deutschland) befasste sich speziell mit Fehlern bei der Medikation.
Das Ergebnis eines Stichtages
- Bei 441 von 1.328 Patienten traten 861 Fehler auf. 67 Prozent der Patienten waren nicht betroffen.
- Bei 250 Patienten (19 Prozent) kam es zu einem Fehler, bei 191 Patienten (14 Prozent) wurden an einem Tag mehrere Fehler gemacht.
- 71 Prozent der Fehler führten zu keiner gesundheitlichen Störungen bei den Patienten.
- Zitat: „Doch 12 Patienten (0,9 Prozent aller Patienten) starben oder erlitten einen dauerhaften Schaden infolge von 15 Medikationsfehlern.
- Acht dieser Irrtümer unterliefen Nachwuchskräften („Trainees“).“
Fehleranalyse
- 32 Prozent der Medikationsfehler waren durch Stress und Übermüdung der Handelnden beeinflusst. 18 Prozent hatten ihre Ursache in der Änderung von Medikamentennamen, 10 Prozent aller Fehler fand man innerhalb der mündlichen Kommunikation.
- Die schriftlichen Patienten- und Pflegedokumentation zeigten eine Fehlerquote von 14 Prozent.
- Die Verletzung von Standards führte in 9 Prozent zu Fehlern innerhalb des Behandlungs- und Pflegeprozesses.
Die Fehlerwahrscheinlichkeit stieg mit dem Schweregrad der Erkrankung, dem Umfang der Intensivtherapie und der Menge der parenteral applizierten Arzneimittel an.
Außerdem weist die Studie nach, dass das Risiko eines Medikationsfehlers erhöht war, wenn ein Pharmazeut] die Infusionen und Injektionen vorbereitete; waren sie hingegen vom Pflegepersonal vorbereitet und gekennzeichnet, war das Fehlerrisiko geringer.
Vermeidung unerwünschter Wechselwirkungen
"Die Arbeitsgruppe von Dr. Thilo Bertsche, Leiter der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie an der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, hat nun zeigen können, dass Ärzte mit Hilfe des Arzneimittelinformationssystems "AiDKlinik" schwerwiegende Ereignisse, die infolge von Wechselwirkungen auftreten, um etwa die Hälfte senken. Die Studienergebnisse wurden in dem renommierten Journal "Intensive Care Medicine" veröffentlicht."[1]
Schlussfolgerungen aus intensivpflegerischer Sicht
- Innerhalb einer nötigen Reduzierung des hohen Arbeitsdrucks in Intensivmedizin und Intensivpflege ist es erforderlich, den Personalabbau in unseren Krankenhäusern sofort zu beenden.
- Arbeitsabläufe sind umgehend unter dem Aspekt der Kundenorientierung neu zu überdenken.
- Kosteneinsparungen sind hinsichtlich der Effizienz und Nachhaltigkeit auch unter dem Qualitätssicherungsaspekt zu überprüfen.
- Die Vielzahl der Arzneimittelnamen für einen gleichen Wirkstoff ist verwirrend und führt zu eigentlich vermeidbaren Fehlern in der Medikation. Es wäre sinnvoller, den Wirkstoffnamen als Medikamentennamen zu nennen und den Hersteller an zweiter Stelle (auch das gehört zur Kundenorientierung!). Auch die Dosisangabe auf Ampullen sollte gross und deutlich aufgedruckt sein.
- Eine Senkung der Fehlerrate ist durch die Protokollorientierte Behandlungsorganisation möglich
- Zur protokollorientierten Dienstübergabe im Pflegedienst gehört auch die Überprüfung der Infusionspumpen und Perfusoren bezüglich der Identität der Verordnung und der dosis- und zeitgerechten Applikation der Arzneimittel.
- Ein Fehlermeldesystem bzw. Fehlerberichtssystem gehört zu jeder gut geführten Intensivstation.
- Die Arbeitsbedingungen in unseren Krankenhäusern sind umgehend so zu verändern, dass sie wieder den gesetzlichen Regelungen entsprechen (Patientensicherheit und Gesundheitssorge).
Literatur
- Deutsches Ärzteblatt Jg. 106, Heft 16 vom 17.04.2009
Quellen
Hinweise
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