Hypophosphatasie
Synonyme: Rathbun-Syndrom, Phosphatasemangelrachitis, Nierhoff-Hübner-Syndrom (veraltet)
Definition
Bei der Hypophosphatasie, kurz HPP, handelt es sich um eine seltene, vererbte Stoffwechselerkrankung, bei der es durch einen Mangel an Phosphatase zu einer ungenügenden Mineralisation der Knochen und zu Skelettfehlbildungen kommt.
- ICD10-Code: E83.38
Ätiologie und Pathogenese
Ursache der Hypophosphatasie sind Mutationen des Genlokus 1p34-36 auf Chromosom 1. Hier befindet sich das Gen, das die nicht-gewebespezifische alkalische Phosphatase (TNSAP), eine Isoform der alkalischen Phosphatase (AP), codiert. Die genetischen Veränderungen führen zur Bildung defekter Enzymvarianten mit verminderter Aktivität.
Die unspezifische alkalische Phosphatase bildet aus anorganischem Pyrophosphat durch Spaltung Phosphat, das von den Osteoblasten zusammen mit Kalzium zur Mineralisation benötigt wird. Durch die fehlerhafte bzw. in zu geringen Mengen gebildete alkalische Phosphatase kommt es zu einer verminderten Mineralisation der Knochen. Da eine hohe Konzentration von anorganischem Pyrophosphat auch eine hemmende Wirkung auf die Knochenbildung hat, wird die Mineralisationsstörung noch verstärkt.
Der hohe Blutspiegel an anorganischem Pyrophosphat kann zur Ausfällung von Pyrophosphatkalziumkristallen in verschiedenen Organen (z.B. Niere, Gelenke) führen.
Diagnostik
Die Hypophosphatasie stellt durch ihre variable phänotypische Ausprägung eine diagnostische Herausforderung dar. Neben dem Mangel an alkalischer Phosphatase sind folgende Blutwerte erhöht:
Auch ein direkter Nachweis der Genmutation ist möglich.
Bei schweren Formen der Krankheit sind auf dem Röntgenbild charakteristische Veränderungen zu sehen. Die Knochen der Patienten weisen eine ausgeprägte Hypomineralisierung auf und stellen sich im Röntgenbild nur schemenhaft dar.
Symptome
Die Symptomatik der Hypophosphatasie ist abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Je nach Ausprägungsgrad und Auftreten der Krankheit ist eine Unterteilung in mehrere Formen möglich:
- Perinatale Form
- Infantile Form
- Adoleszente Form
- Erwachsenenform
- Odontohypophosphatasie
- Pseudohypophosphatasie
Je früher die Krankheit in Erscheinung tritt, desto schwerer ist die Symptomatik. Die im Erwachsenenalter auftretende Form weist meist einen weniger schweren Verlauf auf. Die perinatale Form hingegen führt durch starke Skelettfehlbildungen und mangelhaft entwickelte innere Organe in der Regel zum raschen Tod des Neugeborenen.
Durch ihre unterschiedliche Ausprägung ist die Hypophosphatose auch in ihren Symptomen sehr variantenreich und wird gerade bei Erwachsenen häufig mit altersdegenerativen Veränderungen verwechselt (z.B. Osteoporose).
Durch die mangelnde Ossifikation kommt es zu einer Verkrümmung der Knochen und zu pathologischen Frakturen vor allem der langen Röhrenknochen. Desweiteren leiden die Patienten an vorzeitigem Zahnverlust und einer Hyperkalziämie.
Neben diesen Symptomen gibt es eine ganze Reihe weiterer unspezifischer Symptome, die einen Hinweis auf die Krankheit geben:
- Chondrocalzinose
- Hyperprostaglandinismus
- Muskelschwäche
- Osteomyelitis
- Schmerzen
- Schnelle Ermüdung
- Zahnprobleme
- Appetitlosigkeit
- Stoffwechselprobleme
Therapie
Für die Hypophosphatasie gibt es seit kurzer Zeit eine kausale Therapie: Im Jahr 2015 erfolgte die Zulassung der Enzymersatztherapie mit Asfotase alfa (Handelsname Strensiq®) durch die FDA und die EMA.[1] Asfotase alfa ist ein Fusionsprotein, das die Funktion des körpereigenen Enzyms TNSAP substituiert. Die Kosten für die Therapie sind abhängig vom Körpergewicht und betragen bis zu 2,4 Mio. € pro Jahr.[2]
Desweiteren kann eine adäquate Physiotherapie sowie die Gabe von NSAR zur Linderung der Symptome beitragen.
Literatur
- C. Beck et al.: "Hypophosphatasia" (Klin Padiatr 221, 2009, Review S. 219–226)
- BL Foster et al.: "Central role of pyrophosphate in acellular cementum formation" (PLoS One. 2012 ; 7(6): e38393. Epub 2012 Jun 04)
Quellen
- ↑ European Medicines Agency, abgerufen am 11.11.16
- ↑ Asfotase alfa - Bewertung gemäß § 35a Abs. 1 Satz 10 SGB V IQWiG-Berichte - Nr. 348, abgerufen am 28.7.2018