Physiotherapie
Synonym: Krankengymnastik
Englisch: physiotherapy
Definition
Physiotherapie ist eine konservative Form der äußerlichen Anwendung von Heilmitteln und beinhaltet die ganzheitliche Therapie des Körpers, orientiert an den anatomischen und physiologischen Gegebenheiten. Als Heilmittel kommen dabei gezielte Reize und beispielsweise Anwendungen von Wärme, Druck oder Kälte vor.
Die Begriffe "Physiotherapie" und "physikalische Therapie" werden teilweise synonym verwendet, teilweise wird die physikalische Therapie als Teilbereich der Physiotherapie angesehen.
Geschichte
Archäologische Funde beweisen, dass physiotherapeutische Heilverfahren bereits in frühgeschichtlicher Zeit Anwendung fanden. Hippokrates von Kos, griechischer Arzt meinte bereits damals:
„Nicht der Arzt heilt, sondern die Natur. Der Arzt kann nur ihr getreuer Helfer und Diener sein. Er wird von ihr, niemals aber die Natur vom ihm lernen. [...] Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente“
In Deutschland wurde der Begriff "Krankengymnastik" 1994 durch den Begriff "Physiotherapie" bundesweit ersetzt. Grund dafür war die Anpassung an den internationalen Sprachgebrauch und die Wiedervereinigung.
Behandlungsspektrum
In der Allgemeinheit wird die Physiotherapie häufig gleichbedeutend mit einer Massagetherapie verstanden. Jedoch umfasst die Physiotherapie eine Vielzahl von speziellen Behandlungsverfahren für fast alle Fachbereiche der Medizin. Unter anderem sind zu nennen:
- Orthopädie (z.B. Rückenschule bei degenerativen Gelenkserkrankungen)
- Chirurgie (z.B. Nachversorgung nach Operationen oder Brüchen, Narbentherapie nach Boeger)
- Neurologie (z.B. Behandlung von Schlaganfall-Patienten)
- Pädiatrie (bei angeborenen oder erworbenen Haltungs- und Bewegungsstörungen wie Infantile Zerebralparese)
- Gynäkologie (z.B. Rückbildungsgymnastik nach Schwangerschaft, Beckenboden-Training bei Inkontinenz)
- Innere Medizin (z.B. Behandlung von Herzinfarkt- oder Pneumonie-Patienten)
Als weiterer Schwerpunkt der Physiotherapie etabliert sich die Prävention, insbesondere bei Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems. Dazu eignet sich unter anderem die Medizinische-Trainings-Therapie oder Wirbelsäulengymnastik in Fitnessstudios.
Einteilung
In der Physiotherapie unterscheidet man aktive und passive Maßnahmen. Zu den aktiven Maßnahmen, bei denen der Betroffene einen eigenen Beitrag leisten muss, gehören zum Beispiel:
Die passiven Maßnahmen beinhalten :
- Balneotherapie (Bäder, Trinkkuren und Inhalationen mit Heilgasen)
- Fango
- Elektrotherapie (therapeutische Anwendungen mit elektrischem Strom)
- PUVA
- Phototherapie (Behandlung mit kurzwelligem blauen Licht mit einer Wellenlänge von 460 nm)
- Massage (z.B.: Reflexzonenmassage, Lymphmassage, Segment- und Bindegewebsmassage)
- Thermotherapie (Gezielte Reize durch Kälte- und Wärme)
- Hydrotherapie (Heilanwendung von Wasser in Form von Waschungen, Wickel, Kompressen, Güssen, Bäder mit und ohne Zusätze, Sauna)
- Heliotherapie (Sonnenlichtbestrahlung zu Heilzwecken)
Im Rahmen der Physiotherapie gibt es ein Vielzahl von Verfahren - häufig in Form etablierter und weitgehend standardisierter Therapieprinzipien, die auch als Fortbildungen angeboten werden. Zu nennen sind unter anderem:
Verfügbarkeit
Eine Physiotherapie kann je nach Behandlungsverfahren und Präferenz der Patienten als Einzelgymnastik oder als Gruppentherapie durchgeführt werden. Die Schulmedizin erkennt die ergänzenden Therapien der Physiotherapie als vorbeugende und heilende Verfahren an.
Abteilungen für Physiotherapie sind in gut ausgestatteten Kliniken, insbesondere in Rehabilitationskliniken zu finden, um die optimale Wiederherstellung der Patienten zu gewährleisten.
Physiotherapeuten absolvieren eine drei Jahre andauernde Ausbildung an einer staatlich anerkannten Ausbildungsschule. Sie erstellen selbstständig nach bereits erfolgter ärztlicher Diagnose einen Behandlungsplan und führen diesen durch. Allerdings übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen im Vergleich zu privaten häufig nicht die Behandlungskosten, bzw. nur nach Vorgabe der Heilmittelrichtlinie laut Heilmittelkatalog. Viele Physiotherapeuten machen sich selbständig und eröffnen eigene Praxen, um eine örtlich nahe Versorgung zu ermöglichen.
Indikationsstellung
Der Physiotherapeut darf keine Diagnose stellen, jedoch macht sich ein guter Therapeut einen eigenen Befund, bestehend aus Anamnese, Sichtbefund und Funktionsbefund. Dadurch kann sich der Physiotherapeut individuell auf den Patienten einstellen und bedürfnisentsprechend therapieren.
Physiotherapie in fast jeder Form kann und sollte im Krankheitsfall vom Arzt verordnet werden, man kann sie aber auch als Privatzahler in Anspruch nehmen, z.B. als Prävention. Die Kostenübernahme der einzelnen Behandlungsverfahren durch die GKV ist uneinheitlich.