Fettabsaugung
Synonyme: Fettgewebsabsaugung, Liposuktion
Englisch: liposuction
Definition
Die Fettabsaugung ist eine Methode, die in der plastischen und ästhetischen Chirurgie angewendet wird, um subkutanes Fettgewebe in bestimmten Körperpartien zu reduzieren und dadurch die Körperkontur einer ästhetischen Idealvorstellung anzupassen. Sie dient nicht primär der Gewichtsreduktion, sondern der Behandlung lokal begrenzter Fettdepots oder bestimmter Krankheitsbilder (z.B. Lipödem).
Verbreitung
Im Jahr 2022 wurden nach ISAPS-Statistik weltweit über 1,9 Millionen Fettabsaugungen durchgeführt, was etwa 14 % aller ästhetisch-chirurgischen Eingriffe ausmacht. Damit ist die Liposuktion – neben Brustaugmentation und Blepharoplastik – einer der drei häufigsten ästhetischen Eingriffe. Ein leichter Anstieg ist in den letzten Jahren zu verzeichnen, was unter anderem durch technische Weiterentwicklungen und eine gestiegene Nachfrage in jüngeren Altersgruppen erklärt wird.
Auch in Deutschland zählt die Liposuktion zu den Standardverfahren der ästhetischen Chirurgie. Schätzungen der DGPRÄC gehen von mehreren Zehntausend Eingriffen jährlich aus. Mit der Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog beim Lipödem wird die Zahl medizinisch indizierter Liposuktionen künftig vermutlich steigen.
Indikationen
Am häufigsten wird die Liposuktion in ästhetischer Indikation eingesetzt, um disproportionale Fettverteilungsstörungen zu korrigieren, die sich durch Diät und körperliche Aktivität nicht ausreichend beeinflussen lassen. Typische Regionen sind Abdomen, Hüfte, Oberschenkel ("Reiterhosen"), Gesäß, Flanken und Oberarme. Auch kleinere Areale wie das submentale Fettpolster ("Doppelkinn", sogenanntes "Jawline Contouring") oder die Knieinnenseite können behandelt werden.
Neben der ästhetischen Indikation hat die Liposuktion zunehmend eine medizinische Bedeutung, insbesondere beim Lipödem. Hierbei ist die chirurgische Fettgewebeentfernung die einzige kausale Therapieoption, wenn konservative Maßnahmen wie Kompressionstherapie und manuelle Lymphdrainage nicht ausreichend wirksam sind. In Einzelfällen wird die Methode zudem bei sekundären Lymphödemen, Lipomen oder rekonstruktiven Fragestellungen angewandt.
Geschichte
Die Wurzeln der Fettabsaugung reichen bis in die 1920er-Jahre zurück, als erste Versuche zur Entfernung von Fettgewebe mit scharfen Instrumenten beschrieben wurden. Diese frühen Techniken waren jedoch mit hohen Komplikationsraten verbunden und setzten sich nicht durch. Der eigentliche Durchbruch gelang in den 1970er-Jahren durch den französischen Gynäkologen Yves Gérard Illouz, der stumpfe Kanülen und eine Saugtechnik einführte. Diese "Illouz-Methode" gilt als Geburtsstunde der modernen Liposuktion. Parallel entwickelte Pierre Fournier in Paris modifizierte Verfahren, unter anderem mit feineren Kanülen. Einen weiteren Meilenstein stellte in den 1980er-Jahren die Einführung der Tumeszenztechnik durch den US-Dermatologen Jeffrey Klein dar. Die großvolumige Infiltration einer verdünnten Lokalanästhesie-Lösung ermöglichte nicht nur eine effektive Schmerzfreiheit, sondern auch eine signifikante Reduktion von Blutverlust und Komplikationen. Die Tumeszenzanästhesie ist bis heute Standard bei den meisten Liposuktionen.
Methoden
Es werden verschiedene Verfahren eingesetzt, die sich vor allem hinsichtlich der eingesetzten Kanülen, der Energieapplikation und dem Flüssigkeitseinsatz unterscheiden, z.B.:
- Suction-Assisted Liposuction (SAL): klassisches Verfahren mit Unterdrucksaugung über Kanülen; lange klinische Erfahrung, aber höheres Risiko für Konturunregelmäßigkeiten.
- Power-Assisted Liposuction (PAL): motorisierte Kanüle mit oszillierenden Bewegungen; erleichtert die Fettmobilisation bei großen Volumina oder fibrosiertem Gewebe.
- Ultrasound-Assisted Liposuction (UAL): Nutzung von Ultraschallenergie zur Emulgierung des Fettgewebes; vorteilhaft bei sekundären Eingriffen oder fibrotischen Arealen, jedoch Risiko thermischer Schäden.
- Laser-Assisted Liposuction (LAL): Laserenergie führt zur Lipolyse und Kollagenstimulation; kann zusätzliche Hautstraffung bewirken.
- Radiofrequency-Assisted Liposuction (RFAL): kombiniert Gewebeablation mit gleichzeitiger Straffung durch Radiofrequenz-induzierte Erwärmung; erhöhtes Risiko für Serome und thermische Läsionen.
- Water-Assisted Liposuction (WAL): Wasserstrahl löst Fettgewebe schonend; vorteilhaft bei lipödemspezifischen Eingriffen durch bessere Schonung der Lymphgefäße.
- Fibro-Lipo-Lymph-Aspiration (FLLA): besonders lymphgefäßschonende Technik, vor allem bei fortgeschrittenem Lip- oder Lymphödem.
Aktuelle Metaanalysen zeigen, dass die Verfahren in ihrer Effektivität vergleichbar sind, sich jedoch im Nebenwirkungsprofil unterscheiden. LAL weist tendenziell die niedrigsten Komplikationsraten auf, während PAL und RFAL mit etwas höheren Raten von Blutungen bzw. Seromen assoziiert sind.
Sonderformen
High-Definition-Liposuction
Unter High-Definition-Liposuction (HD-Lipo) versteht man eine besonders präzise Fettabsaugung mit dem Ziel, die anatomische Muskulatur sichtbar hervorzuheben. Mit feinen Kanülen wird selektiv Fett in den Interkostalräumen, am Abdomen oder an den Flanken entfernt, sodass Strukturen wie die Bauchmuskeln, der Musculus serratus anterior oder die Linea alba deutlicher hervortreten. Diese Technik erfordert große Erfahrung, da ein Ungleichgewicht zwischen Absaugung und Hautretraktion zu unnatürlichen Konturen führen kann. Sie wird überwiegend in der ästhetischen Chirurgie angewandt, insbesondere bei jüngeren Patienten mit guter Hautelastizität.
Liposuktion mit Fetttransfer
Die Kombination aus Fettabsaugung und autologer Fetttransplantation ("Fat Grafting") ist weit verbreitet. Das entnommene Fett wird nach Aufbereitung (Filtration, Zentrifugation oder Dekantieren) in andere Körperregionen injiziert, etwa zur Brustaugmentation, zur Rekonstruktion nach onkologischen Eingriffen oder zum Volumenaufbau im Gesicht.
Ein Sonderfall ist das Brazilian Butt Lift (BBL), bei dem Fettgewebe aus Hüfte oder Abdomen in das Gesäß injiziert wird. Dieses Verfahren hat wegen dokumentierter Todesfälle durch Fettembolien international hohe Aufmerksamkeit erlangt. Die Mortalität liegt Schätzungen zufolge deutlich höher als bei klassischer Liposuktion. Als Hauptursache gilt die versehentliche Injektion in tiefe venöse Gefäße des Gesäßes. Internationale Fachgesellschaften haben deshalb strenge Sicherheitsleitlinien publiziert.
Kombinierte Verfahren
Häufig wird die Liposuktion mit Straffungsoperationen kombiniert, etwa mit Abdominoplastik ("Lipoabdominoplastik"). Dies ermöglicht eine gleichzeitige Reduktion von Fett und überschüssiger Haut, geht jedoch mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen – insbesondere Thrombosen und Wundheilungsstörungen – einher.
Behandlungsablauf
Vor der Operation erfolgt eine ausführliche Anamnese mit Erfassung von Begleiterkrankungen, Thromboserisiko, Medikamenteneinnahme (v.a. Antikoagulanzien, Thrombozytenaggregationshemmer) sowie Nikotin- und Alkoholkonsum. Konservative Maßnahmen müssen bei medizinischen Indikationen dokumentiert ausgeschöpft sein.
Die Operation wird in der Regel in Tumeszenzanästhesie durchgeführt. Hierbei wird eine große Menge verdünnter Lokalanästhesielösung mit Adrenalin in das subkutane Fett infiltriert, wodurch eine Analgesie, Hämostase und Hydrodissektion erzielt werden. Bei größeren Volumina oder Kombinationseingriffen kann eine Vollnarkose erforderlich sein.
Der Eingriff selbst erfolgt über kleine Hautinzisionen, durch die die Kanülen eingeführt werden. Das abgesaugte Volumen hängt von der Arealgröße und der individuellen Indikation ab; meist werden 1–5 Liter pro Sitzung entfernt. Während des Eingriffs sind Flüssigkeits- und Blutbilanzierung sowie eine kontinuierliche Überwachung obligat.
Anschlussbehandlung
Die Nachbehandlung umfasst eine gleichmäßige Dauerkompression des behandelten Körperbezirks mittels Verband, Mieder oder Gurten für meist 6 bis 8 Wochen. Dadurch werden die Haut und das subkutane Gewebe in eine Position gebracht, in der sie anheilen sollen. Man spricht hier auch von einer "Modellierung" des Gewebes. Außerdem werden postoperative Ödeme und Hämatome reduziert. Ergänzend wird häufig eine manuelle Lymphdrainage empfohlen.
Die Mobilisation sollte frühzeitig erfolgen, um thromboembolische Komplikationen zu vermeiden. Analgetische Therapie und eine engmaschige Wundkontrolle sind Standard. Körperliche Schonung ist in den ersten Tagen erforderlich; sportliche Aktivitäten können nach etwa 4 - 6 Wochen wieder aufgenommen werden.
Risiken
Die Liposuktion gilt bei korrekter Indikationsstellung und Durchführung als relativ sicheres Verfahren, weist jedoch – wie jede Operation – potenzielle Risiken auf:
- Geweberetraktionen und Konturunregelmäßigkeiten: Der häufigste Fehler bei der Fettabsaugung besteht darin, zu viel oder zu ungleichmäßig abzusaugen. Im Anschluss an den Heilungsprozess kommt es dann zur Ausbildung narbiger Einziehungen, die sich als Dellen bzw. Furchen bemerkbar machen und eine Verschlechterung des kosmetischen Ergebnisses bedeuten. Eine Risikoreduktion kann durch feine Kanülen und gleichmäßige Technik erreicht werden. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Erfahrung des Behandlers.
- Pigmentierungsstörungen: Postinflammatorische Hyper- oder Hypopigmentierungen können auftreten, insbesondere bei oberflächlicher Kanülenführung. UV-Strahlung kann diese Hyperpigmentierungen verstärken oder verlängern.
- Thrombembolische Ereignisse: Thrombembolien sind seltene, aber potentiell lebensbedrohliche Komplikationen einer Liposuktion. Das Risiko steigt mit der OP-Dauer und dem Volumen der Absaugung. Kombinationseingriffe und Eingriffe bei Risikopatienten (Adipositas, Varikosis, Gerinnungsstörungen, Hormoneinnahme) sind mit einem erhöhten Thrombembolie-Risiko verbunden. Prophylaktische Maßnahmen umfassen präoperative Risikostratifizierung, perioperative Antikoagulation und frühe Mobilisation.
- Blutungen und Hämatome: Abhängig von Technik und Antikoagulationsstatus. Die PAL weist in Studien etwas höhere Blutungsraten auf.
- Infektionen: Inzidenz unter 1 bis 3 %. Eine Prophylaxe kann durch perioperative Antibiotikagabe erfolgen.
- Weitere Risiken: Serombildung, thermische Hautschäden (besonders bei RFAL/UAL), Verletzungen intraabdomineller Organe (sehr selten), Fettembolie (sehr selten), systemische Lokalanästhetika-Toxizität bei Überdosierung.
Die Mortalität liegt in großen Registerstudien unter 0,01 %, steigt jedoch bei Kombinationseingriffen (z.B. mit Abdominoplastik).
Langzeitfolgen
Die langfristigen Effekte der Liposuktion hängen von Indikation, Technik, Nachsorge und Lebensstilfaktoren ab. Während viele Patienten dauerhaft von einer verbesserten Körperkontur oder einer Reduktion krankheitsbedingter Beschwerden profitieren, sind verschiedene Spätfolgen beschrieben.
Körperform und Fettverteilung
Nach erfolgreicher Operation kommt es in der Regel zu einer dauerhaften Reduktion des behandelten Fettdepots, da einmal entfernte Adipozyten nicht nachwachsen. Jedoch können verbliebene Fettzellen hypertrophieren, wenn ein Kalorienüberschuss besteht. In Studien finden sich Hinweise, dass nach Liposuktion eine Umverteilung des Körperfetts auftreten kann: Während die abgesaugten Areale schlanker bleiben, nehmen unbehandelte Regionen, insbesondere das Abdomen, langfristig zu. Der Effekt ist vor allem bei ausgeprägter Gewichtszunahme beobachtet worden.
Haut- und Bindegewebe
Die Elastizität der Haut bestimmt, wie gut sie sich nach dem Eingriff anpasst. Bei jüngeren Patienten oder kleinen Volumina ist die Retraktion in der Regel zufriedenstellend. Bei älteren Patienten, großen Fettmengen oder vorbestehender Hautlaxität können Hauterschlaffungen bzw. Hautschürzen verbleiben, die teils sekundäre Straffungsoperationen erfordern.
Funktionelle und klinische Effekte beim Lipödem
Bei Patienten mit Lipödem berichten mehrere Studien über eine anhaltende Reduktion von Schmerzen, Hämatomneigung und Ödemneigung nach Liposuktion. Diese Verbesserungen sind auch über mehrere Jahre stabil dokumentiert. Dennoch ist häufig mehr als eine Operation erforderlich, um ein dauerhaftes Ergebnis zu erreichen. Die Kompressionstherapie bleibt bei vielen Betroffenen auch postoperativ sinnvoll.
Metabolische Effekte
Der Einfluss auf metabolische Parameter (z.B. Insulinresistenz, Lipidprofil, Entzündungsmarker) ist uneinheitlich. Frühere Studien zeigten keine signifikante Verbesserung, was damit erklärt wird, dass die Liposuktion ausschließlich subkutanes und nicht viszerales Fett entfernt. Später veröffentlichte Arbeiten deuten auf leichte positive Effekte bei systemischen Entzündungsmarkern hin, die klinische Relevanz ist jedoch bislang unklar.
Psychologische und psychosoziale Aspekte
Viele Patientinnen und Patienten berichten über eine verbesserte Lebensqualität, gesteigertes Selbstwertgefühl und weniger soziale Stigmatisierung. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass unrealistische Erwartungen an die Körperform zu postoperativer Unzufriedenheit führen können. Deshalb ist eine präoperative psychologische Abklärung bei auffälligen Erwartungen oder Dysmorphophobie wichtig.
Rechtliche Aspekte und Leitlinien
Die rechtliche Einordnung der Liposuktion hängt maßgeblich von der Indikation ab. Bei rein ästhetischen Eingriffen handelt es sich um eine individuelle Gesundheitsleistung, die nicht von der GKV übernommen wird.
Anders verhält es sich beim Lipödem. Hier wurde die Liposuktion nach langem Entscheidungsprozess in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen: 2019 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zunächst eine befristete Kostenübernahme für Patientinnen mit Lipödem im Stadium III im Rahmen einer Erprobungsregelung. 2025 erfolgte der endgültige Beschluss; die Liposuktion ist nun bei Lipödem aller Stadien (I–III) GKV-Leistung, sofern enge Vorgaben erfüllt sind. Grundlage der Entscheidung sind Zwischenergebnisse der vom G-BA initiierten LIPLEG-Studie, die Vorteile der Liposuktion gegenüber rein konservativer Therapie nachweisen konnte. Voraussetzungen für eine Kostenübernahme sind:
- Keine Gewichtszunahme innerhalb von sechs Monaten vor Indikationsstellung.
- BMI-Grenzen:
- Bei BMI 32–35 kg/m² nur bei altersentsprechend unauffälliger Waist-to-Height-Ratio (WHtR).
- Bei BMI > 35 kg/m² zunächst Durchführung einer Adipositastherapie, keine Kassenleistung.
- Konservative Therapie (z.B. Kompression, Bewegungstherapie) muss über mindestens sechs Monate ohne ausreichenden Erfolg durchgeführt worden sein.
- Diagnosestellung im Vier-Augen-Prinzip durch spezialisierte Fachärzte (Innere Medizin/Angiologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Dermatologie/Phlebologie).
- Durchführung ausschließlich durch erfahrene Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Chirurgie oder Dermatologie. Qualifikationsnachweis: mindestens 50 bereits durchgeführte Liposuktionen oder 20 Eingriffe unter Anleitung innerhalb von zwei Jahren.
- Qualitätssicherung: Die Liposuktion unterliegt einer eigenen QS-Richtlinie des G-BA.
International unterscheiden sich die Bewertungen deutlich:
- Das NICE (UK) empfiehlt die Liposuktion beim Lipödem derzeit nur im Rahmen klinischer Studien.
- In den USA hängt die Kostenübernahme von den jeweiligen Versicherern ab; sie erfolgt nur in Einzelfällen bei nachgewiesener funktioneller Beeinträchtigung.
Literatur
- Baumgartner A, Hueppe M, Meier-Vollrath I, Schmeller W. Improvements in patients with lipedema 4, 8 and 12 years after liposuction. Phlebology. 2021
- Dadras M et al. Liposuction in the Treatment of Lipedema: A Longitudinal Study. Arch Plast Surg. 2017
- Schmeller W, Hueppe M, Meier-Vollrath I. Tumescent liposuction in lipoedema yields good long-term results. Br J Dermatol. 2012;166(1):161-168. doi:10.1111/j.1365-2133.2011.10566.x
- LIPLEG-Studie