Halswirbelsäule
Synonyme: HWS, Pars cervicalis columnae vertebralis, zervikale Wirbelsäule
Englisch: cervical spine, cervical vertebrae
Definition
Die Halswirbelsäule, kurz HWS, ist der oberste, im Hals lokalisierte Abschnitt der Wirbelsäule. Sie stellt den beweglichsten Wirbelsäulenteil dar und besteht beim Menschen aus insgesamt 7 Halswirbeln (Vertebrae cervicales). Kaudal wird sie durch die Brustwirbelsäule fortgesetzt.
Übersicht
Die Halswirbel werden von kranial nach kaudal durchnumeriert. Einige Wirbel tragen aufgrund ihrer spezifischen Form Eigennamen.
Name | Akronym | Lateinisch | Eigenname |
---|---|---|---|
1. Halswirbel | C1, HWK 1 | Vertebra cervicalis I | Atlas |
2. Halswirbel | C2, HWK 2 | Vertebra cervicalis II | Axis |
3. Halswirbel | C3, HWK 3 | Vertebra cervicalis III | |
4. Halswirbel | C4, HWK 4 | Vertebra cervicalis IV | |
5. Halswirbel | C5, HWK 5 | Vertebra cervicalis V | |
6. Halswirbel | C6, HWK 6 | Vertebra cervicalis VI | |
7. Halswirbel | C7, HWK 7 | Vertebra cervicalis VII | Vertebra prominens |
Anatomie
Die 7 Halswirbel sind stabförmig übereinander geschichtet. Sie sind bei aufrechter Körperhaltung so angeordnet, dass sie einen nach dorsal konkaven Bogen bilden. Es besteht eine physiologische Lordose, die Halslordose.
Der erste Halswirbel wird Atlas, der zweite Axis genannt. Sie bilden gemeinsam mit dem Os occipitale das obere und untere Kopfgelenk, die Articulatio atlantooccipitalis und die Articulatio atlantoaxialis. Zusammen mit den angrenzenden Schädelstrukturen, Bändern und Muskeln wird dieser Bereich klinisch auch als kraniozervikaler Übergang bezeichnet.
Aus dem Rückenmark im Bereich der Halswirbelsäule entspringen auf jeder Seite acht Spinalnerven. Die Nerven der Segmente C1 bis C4 strahlen in den Plexus cervicalis, die Nerven der Segmente C5 bis C8 in den Plexus brachialis ein.
Grundform
Nahezu alle Wirbel haben eine gemeinsame Grundform. Man erkennt folgende Strukturelemente:
- Wirbelkörper (Corpus vertebrae)
- Wirbelbogen (Arcus vertebrae)
Von hier aus gliedern sich seitlich und dorsal die Fortsätze des Wirbels (Processus vertebrae) an:
- nach lateral: Querfortsätze (Processus transversi)
- nach dorsal: Dornfortsätze (Processus spinosi)
Das Wirbelloch (Foramen vertebrale) wird sowohl vom Wirbelkörper als auch vom Wirbelbogen umgeben und bildet den Raum für das Rückenmark (Medulla spinalis) mit seinen Hüllen, Gefäßen und Nerven.
Die Aufeinanderreihung der einzelnen Wirbellöcher bildet als Gesamtheit den Wirbelkanal (Canalis vertebralis). Hierbei bleibt zwischen zwei Wirbeln das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale) zum Durchtritt der jeweiligen Spinalnerven offen.
Besondere Merkmale
Charakteristika von Halswirbeln sind u.a.:
- ein großes, dreieckiges Foramen vertebrale
- schräggestellte, nahezu horizontale Processus articulares
- Foramina transversaria in den Querfortsätzen für den Durchtritt der Arteria vertebralis, der Venae vertebrales und sympathischer Nervenfasern (C1-C6)
- Querfortsätze mit ventralem Tuberculum anterius und dorsalem Tuberculum posterius, dazwischen Sulcus nervi spinalis (C2-C7)
- ein am Ende gespaltener Processus spinosus (C2-C6)
Der 1. Halswirbel (Atlas) weicht von der Grundform der anderen Wirbel ab. Er gleicht eher einem Ring, als einem "normalen" Wirbel. Dieser Ring besteht aus einem vorderen und hinteren Wirbelbogen und bildet mit dem 2. Halswirbel ein Radgelenk, das um eine longitudinale Achse Drehungen von etwa 30° beidseits ausführen kann. Der Atlas besitzt im Gegensatz zu allen anderen Wirbeln keinen Processus spinosus, sondern nur einen kleinen Höcker, das Tuberculum posterius.
Der 7. Halswirbel wird Vertebra prominens genannt. Er markiert den Übergang zur Brustwirbelsäule. Sein herausstehender Dornfortsatz ist im Nacken meist gut tastbar. Er endet in einem rundlichen Tuberkel und ist im Gegensatz zu den Dornfortsätzen der anderen Halswirbel nicht gespalten. Die Foramina transversaria sind kleiner als die der Halswirbel C1-C6.
Die Halswirbel 3-6 weisen untereinander nur geringe Unterschiede auf. Ab dem zehnten Lebensjahr können sich im Bereich des 3.-7. Halswirbel sogenannte Unkovertebralgelenke ausbilden.
Varietäten
Zu den Varietäten der Halswirbelsäule zählen das akzessorische Ossikel des vorderen Atlasbogens, das Sesambein des Ligamentum nuchae, das Ossiculum terminale und das Os odontoideum.
Biomechanik
Die Halswirbelsäule ist der beweglichste Wirbelsäulenabschnitt - vor allem, was die Rotation anbelangt. Das ist auf die Stellung der Gelenkflächen der Zwischenwirbelgelenke zurückzuführen. Mögliche Freiheitsgrade sind:
- Beugung (Inklination) und Streckung (Reklination)
- Seitwärtsneigung (Lateralflexion)
- Drehung (Rotation)
Die muskuläre Steuerung dieser Bewegungen erfolgt über die Halsmuskulatur und Teile der Rückenmuskulatur.
Klinik
Diagnostik
Neben der klinischen und neurologischen Untersuchung ist die Bildgebung das wichtigste Verfahren zur Untersuchung der Halswirbelsäule. Neben der konventionellen HWS-Aufnahme in 2 oder 4 Ebenen, kommen vor allem die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz. Für spezielle Fragenstellungen stehen ferner Knochenszintigraphie, Diskographie und Myelographie zur Verfügung.
Erkrankungen
Die wichtigsten Erkankungen der Halswirbelsäule basieren auf Traumen, degenerativen Veränderungen oder funktionellen Überlastungen. Dazu zählen u.a.:
- Schleudertrauma
- HWS-Syndrom
- Schiefhals
- Zervikale Radikulopathie
- Zervikaler Bandscheibenvorfall (zervikale Diskushernie)
- Ossifikation des hinteren Längsbandes (OPLL)
- Zervikale spondylogene Myelopathie
- Atlantookzipitale Dislokation (AOD)
- Atlantoaxiale Subluxation (AASL)
- Syringomyelie
Fehlbildungen
Fehlbildungen der HWS mit Verschmelzung von Wirbelkörpern treten beim Klippel-Feil-Syndrom auf.
Veterinärmedizin
Auch alle Haustiere besitzen sieben Halswirbel.
- siehe auch: Halswirbel (Veterinärmedizin)