Wirbelentwicklung
Englisch: development of vertebral column
Definition
Die Wirbelentwicklung beschreibt den Verlauf des Wachstums eines Wirbels von den Knochenanlagen bis zum vollständig entwickelten Knochen.
Allgemein
Wirbel besitzen in der Regel drei Knochenanlagen, von denen zwei perichondral und eine enchondral entstehen. Die perichondralen Manschetten findet man in den Wurzeln der Wirbelbögen, der eigentliche Knochenkern ist im Körper des Wirbels zu finden. Neben diesen Knochenbildungszentren finden sich bei den einzelnen Wirbeln außerdem noch sekundäre epiphysäre Knochenanlagen, die einerseits an den Processus transversi bzw. an den Processus spinosi auftreten.
Entwicklungszonen
Atlas
Der erste Halswirbel (Atlas) entwickelt sich ursprünglich aus zwei lateral gelegenen Knochenanlagen. Im 1. Lebensjahr kann im Arcus anterior zusätzlich ein eigener Knochenkern ("hypochondrale Spange") auftreten. Er verschmilzt im 5. bis 9. Lebensjahr mit den beiden anderen Anlagen. Zudem enthalten die Processus transversi bei Atlas und Axis rudimentäre Rippenanlagen.
Axis
Beim zweiten Halswirbel (Axis) findet man neben den eben genannten drei Knochenanlagen und den zusätzlichen sekundären Epiphysen noch weitere Knochenkerne. Der Zahn wird nach üblicher Ansicht aus der Knochenanlage des Atlaskörpers gebildet (nach anderer Meinung aus sogenannten Dentalfortsätzen). Erst relativ spät tritt ein Knochenkern (Ossiculum terminale) im Apex dentis auf, der dem Proatlaskörper entspricht und mit dem Dens axis verwächst.
Halswirbel
Die übrigen Halswirbel (Vertebrae cervicales C3-C7) enthalten drei typische Knochenanlagen, welche gegen Ende des 2. Embryonalmonats auftreten. In ihren Processus transversi bilden sich Knochenanlagen aus, die sich aus Rippenanlagen (Parietalspangen) entwickeln und aus denen jeweils die Tubercula anteriora und Teile der Tubercula posteriora entstehen. Die Vereinigung der Knochenbögen findet im 1. Lebensjahr statt.
Die Verschmelzung zwischen Körper und Bögen (Junctio neurocentralis) erfolgt erst zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr. Die vorher erwähnten sekundären Epiphysenanlagen treten an den Enden der Processus spinosi im 12. - 14. Lebensjahr auf und verschmelzen mit diesen um das 20. Lebensjahr herum. Die Wirbelkörperepiphysen (kraniale und kaudale Knorpelplatte) verknöchern ringförmig ab dem 8. Lebensjahr (Randleisten, Epihphysis anularis). Eine Verschmelzung mit dem Körper findet ab dem 18. Lebensjahr statt.
Brustwirbel
Im Brustbereich entstehen die Knochenanlagen in den sogenannten Pediculi - beginnend in den oberen Brustwirbeln. In der 10. Emybronalwoche entwickelt sich - zunächst in den unteren Brustwirbeln - der endochondrale Kern des Wirbelkörpers. Ein Vereinigen der knöchernen Bogenhälften beginnt im ersten Lebensjahr, wobei sich die Verschmelzung von Bögen und Körpern zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr vollzieht. Auch hier verknöchern die Wirbelkörperepiphysen ringförmig.
Lumbalwirbel
Die Knochenkerne der Lumbalwirbel treten in den Wirbelkörpern zuerst in den oberen Lendenwirbeln auf (in etwa zur gleichen Zeit wie in den unteren Brustwirbeln). Die Knochenanlagen in den Wirbelbögen werden erst etwas später gebildet. Die Processus costales in diesem Wirbelsäulensegment entstehen zusätzlich aus Rippenanlagen, so dass jeder der Lumbalwirbel aus 3 plus 2 Knochenanlagen besteht.
Hier zählt man zu den sekundären Epiphysen die Knochenanlage am Processus spinosus und die ringförmig verknöcherte Epiphyse (Epiphysis anularis) der Wirbelkörper - die sowohl an der oberen als auch an der unteren Deckfläche zu finden ist.
Kreuzbein
Die verschiedenen Segmente des Os sacrum entwickeln sich - wie die übrigen Wirbel - aus jeweils drei Knochenanlagen. Im Bereich der Partes laterales befindet sich links wie rechts je eine Rippenanlage, so dass jedes Segment des Kreuzbeins auf insgesamt fünf Knochenanlagen kommt. Im Bereich der Lineae transversae kommt es zu einer knöcherne Verschmelzung der Randleiste mit den Disci intervertebrales (Beginn der Verknöcherung im 15. - 16. Lebensjahr). Im 5. - 7. Schwangerschaftsmonat treten die aus den Rippenrudimenten entstandenen Kerne auf. Sie verschmelzen mit den übrigen Knochenkernen in etwa um das 2.bis 5. Lebensjahr. Eine fortschreitende Verschmelzung der Kreuzbeinwirbel untereinander findet von kaudal nach kranial statt und dauert bis zum 25. - 35. Lebensjahr an.
Steißwirbel
Die Steißwirbel entstehen aus Knochenkernen, deren Auftreten man ab dem 1. Lebensjahr beobachten kann. Sie verschmelzen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr miteinander.
Klinik
Der Zeitpunkt des Auftretens der Knochenkerne bzw. ihrer knöchernen Verschmelzung kann zur Bestimmung des "Knochenalters" herangezogen werden.
Literatur
- "Taschenatlas Anatomie 1 - Bewegungsapparat" - Werner Platzer, Thieme-Verlag, 10. Auflage
- "Duale Reihe - Anatomie" - Gerhard Aumüller et. al., Thieme-Verlag, 2. Auflage
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