Werner Heyde
Pseudonym: Dr. Fritz Sawade
Definition
Werner Heyde war ein deutscher Psychiater und Neurologe und als SS-Oberführer maßgeblich an der Organisation der nationalsozialistischen Krankenmorde im Rahmen der sogenannten Aktion T4 beteiligt.
Vita
Heyde wurde am 25. April 1902 in Forst (Lausitz) geboren. Er studierte Medizin in Berlin, Freiburg, Marburg, Rostock und Würzburg, promovierte 1925 und erhielt 1926 seine Approbation. Seine Habilitation im Jahr 1932 beschäftigte sich mit neurophysiologischen Themen.
Nach seinem Eintritt in die NSDAP (1933) und die SS (1934) machte Heyde rasch Karriere innerhalb des nationalsozialistischen Medizin- und Justizapparats. Er profilierte sich zunächst durch seine Tätigkeit an Erbgesundheitsgerichten, wo er als Gutachter und Beisitzer an zahlreichen Zwangssterilisationen mitwirkte.
1939 wurde er zur Professur für Psychiatrie und Neurologie an die Universität Würzburg berufen und übernahm die Leitung der dortigen Nervenklinik. Parallel war er als SS-Ärztlicher Führer in Würzburg tätig und in das medizinische Versorgungswesen der Waffen-SS eingebunden.
Ab 1940 übernahm er als Obergutachter eine Schlüsselrolle bei der sogenannten Aktion T4, den zentral organisierten Massenmorden an psychisch kranken und geistig behinderten Menschen (sogenannte Euthanasie). Dabei war er wesentlich mitverantwortlich für der Auswahl der Opfer, die Organisation der Transporte und die medizinische Tarnung der Tötungen. Zudem war Heyde an der Schulung anderer NS-Ärzte beteiligt, die später in Tötungsanstalten oder Konzentrationslagern eingesetzt wurden.
Seine wissenschaftliche Karriere verlief parallel zur Umsetzung medizinischer Verbrechen, was ihn zu einem der prominentesten Vertreter der „Täterpsychiatrie“ im Dritten Reich macht.
Nach dem Krieg wurde Heyde zunächst interniert, konnte aber 1947 aus der Haft fliehen. Unter dem Pseudonym Dr. Fritz Sawade lebte er über ein Jahrzehnt unbehelligt in Schleswig-Holstein und arbeitete weiter als psychiatrischer Gutachter, u.a. für Gerichte und Versicherungen, obwohl seine wahre Identität einigen Kollegen bekannt war.
Heyde wurde 1959 enttarnt, verhaftet und im Verlauf angeklagt. Wenige Tage vor dem geplanten Prozessbeginn beging er am 13. Februar 1964 in der Justizvollzugsanstalt Butzbach Selbstmord.
Literatur
- Friedlander, Henry: Der Weg zum NS-Genozid. Von der Euthanasie zur Endlösung. Berlin Verlag, Berlin 2002. ISBN 3-8270-0265-6.
- Klee, Ernst (Hrsg.): Dokumente zur „Euthanasie“. Fischer, Frankfurt am Main 1985. ISBN 3-596-24327-0.
- Klee, Ernst: Was sie taten – Was sie wurden. Fischer, Frankfurt am Main 1986. ISBN 3-596-24364-5.
- Gerabek, Werner E.: Heyde, Werner. In: Gerabek, Werner E., Haage, Bernhard D., Keil, Gundolf, Wegner, Wolfgang (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, S. 592 f.
- Godau-Schüttke, Klaus-Detlev: Die Heyde/Sawade-Affäre. Wie Juristen und Mediziner den NS-Euthanasieprofessor Heyde nach 1945 deckten und straflos blieben. Nomos, Baden-Baden 1998.
- Ute Felbor: Rassenbiologie und Vererbungswissenschaft in der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg 1937–1945 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, Beiheft 3). Königshausen & Neumann, Würzburg 1995, ISBN 3-88479-932-0