Pflegewissenschaft
Englisch: nursing science
Definition
Die Pflegewissenschaft beschäftigt sich mit dem methodischen Sammeln, Beschreiben und Ordnen von Erkenntnissen über die Pflege. Die Erkenntnisse stammen dabei aus verschiedenen Wissensbereichen:
- Ethik
- Persönliches Wissen
- Empirisches Wissen (der wissenschaftlich abgesicherte Bereich der Pflege)
- Intuition (die "Kunst" des Pflegens)
Diese vier Bereiche stehen untereinander in Beziehung. Durch das Zusammenspiel entsteht das Wissen, das die Grundlage des pflegerischen Handelns bildet.
Hintergrund
Die Pflegewissenschaft liefert wissenschaftliche Erkenntnisse, die in der Kranken- bzw. Altenpflege eingesetzt werden. Daher wird die Pflegewissenschaft auch als Wissenschaft mit einer Handlungstheorie oder als Handlungswissenschaft bzw. als Praxiswissenschaft bezeichnet.
Daraus ist zu erkennen, dass das zentrale Element der Pflegewissenschaft die „Pflegepraxis“ ist. Das heißt: In der Praxis wird der Gegenstand der Pflege erkennbar und kontinuierlich neues Pflegewissen entwickelt. Van Maanen definiert 3 essentielle Elemente der Pflegewissenschaft:
- Erfahrungswissen: das, was wir von den Patienten lernen
- Theoretische Kenntnisse: das, was wir von den Patientenbedingungen verstehen
- Forschungsergebnisse: das, was wir mit den Patienten in Studien erarbeiten
Geschichte
Die Akademisierung der Pflegewissenschaft erfolgte in den USA bereits Anfang dieses Jahrhunderts. Auch in Asien und anderen europäischen Ländern hat die Pflegewissenschaft eine relativ lange Tradition. Erste Versuche, die Pflegewissenschaft in Westdeutschland zu etablieren, gab es nach dem 2. Weltkrieg in Heidelberg. Ein weiterer Versuch wurde an der FU in Berlin im Jahr 1981 gestartet. Die Entwicklung war dabei lange Zeit von relativer Erfolglosigkeit gezeichnet. In der DDR verlief die Entwicklung schneller und war jedoch stark pädagogisch, didaktisch und medizinisch-naturwissenschaftlich geprägt. Zu Beginn der 80er Jahre bekam die Pflegewissenschaft neue Impulse aus dem anglo-amerikanischen Raum, die zu zahlreichen Forschungsprojekten führten.
Trotz großer Widerstände gab es Stiftungen und Institutionen, welche die Entwicklung unterstützten und dadurch maßgeblich für den Durchbruch der Pflegewissenschaften in Deutschland sorgten. Eine empfehlenswerte Quelle ist die Denkschrift der Robert-Bosch-Stiftung.
Seit den 90er Jahren ist ein starker Aufschwung von Pflegestudiengängen zu verzeichnen. Es gibt ein breites Netz an Studiengängen, die teilweise unterschiedliche Benennungen tragen:
- Pflegemanagement
- Pflegepädagogik
- Pflegewissenschaft
- Medizinpädagogik
- Bachelor of Nursing etc.
Defizite
Deutschland hat im internationalen Vergleich einen deutlichen Nachholbedarf. Das akademische Angebot gleicht zur Zeit einer bunten Tortenplatte, der eine einheitliche Gesamtkontur fehlt.
Ein Problem ist, dass Entwicklungsprozesse "wiederholt" werden, statt von den Erfahrungen weiter entwickelter Länder zu profitieren. Vor allem fehlen jedoch einheitliche Richtlinien und Standards für das Studium der Pflegewissenschaften, wie sie in anderen wissenschaftlichen Bereichen (z.B. Medizin, Psychologie) üblich sind.
Es ist auch die Gefahr einer Deformierung des Studienfaches gegeben, wo die Pflegewissenschaften fachfremd eingebettet sind. Das trifft zum Beispiel auf Studiengänge an Fachhochschulen für Sozialpädagogik zu, wo in der Regel die pädagogische Komponente der Pflegewissenschaft zu stark betont wird.
An Universitäten ist die Pflegewissenschaft häufig nur mangelhaft vertreten. Im Ausland werden z.B. Postgraduiertenprogramme angeboten, die in Deutschland fehlen. Dadurch geht wissenschaftlicher Nachwuchs in diesem Bereich zum größten Teil verloren. Pflegeforschung ist in Deutschland vorwiegend ein studentisches Unternehmen und findet vorwiegend im Rahmen von Diplomarbeiten und Dissertationen statt.
Maßnahmen
Als mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation kommen in Betracht:
- Etablierung der Pflegewissenschaft als eigenständiger Fachbereich
- Anerkennung als wissenschaftliche „Disziplin“ an großen Universitäten
- Verbesserung von Postgraduiertenprogrammen.
- Bessere finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand
- Stetiger Wissensaustausch zwischen Theorie und Praxis
- Verbesserte Präsenz in der Öffentlichkeit
- Setzen fachlich anerkannter Standards
- Nutzung des Wissens fortschrittlicherer Länder
um diese Funktion zu nutzen.