Shared Decision Making
Synonyme: gemeinsame Entscheidungsfindung, partizipative Entscheidungsfindung
Definition
Shared Decision Making, kurz SDM, bezeichnet ein partizipatives Konzept in der Arzt-Patienten-Interaktion. Dabei werden medizinische Entscheidungen auf Grundlage eines wechselseitigen Informationsaustausches zwischen Behandler und Patient getroffen. Ziel ist es, die ärztlichen Handlungen auf die individuellen Präferenzen des Patienten abzustimmen.
Grundprinzipien
Patienten sind aktive Partner im Entscheidungsprozess über diagnostische und therapeutische Maßnahmen. Um diese Partnerschaft zu stärken, werden folgende Handlungsprinzipien empfohlen:
- Informationstransparenz: Der Arzt stellt evidenzbasierte Informationen über verfügbare Optionen, Risiken, Nutzen und Unsicherheiten bereit.
- Patientenbeteiligung: Der Patient wird explizit eingeladen, seine Werte, Erwartungen und Präferenzen zu äußern.
- Gemeinsamer Aushandlungsprozess: Arzt und Patient erarbeiten gemeinsam eine Entscheidung, die medizinische Machbarkeit und persönliche Wertvorstellungen in Einklang bringt.
- Empowerment: Patienten sollen befähigt werden, informierte Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für ihren Behandlungsweg zu übernehmen.
Abgrenzung
Shared Decision Making unterscheidet sich von der rein paternalistischen Entscheidungsfindung, bei welcher der Arzt die Hauptverantwortung trägt, und vom konsumorientierten Modell, bei dem der Patient allein entscheidet. Das SDM stellt somit einen Mittelweg dar, der die Autonomie des Patienten stärkt, ohne die ärztliche Expertise zu vernachlässigen.
Anwendungsbereiche
Das Shared Decision Making ist vor allem in Situationen mit mehreren gleichwertigen Therapieoptionen und unsicherer Evidenzbasis sinnvoll, etwa in der Onkologie, Psychiatrie oder bei chronischen Erkrankungen in der Inneren Medizin. Es findet zunehmend Eingang in Leitlinien, Qualitätsmanagement und medizinische Ausbildung.
Bedeutung
Empirische Studien zeigen, dass Shared Decision Making die Zufriedenheit, das Vertrauen und die Adhärenz von Patienten verbessert und zu einer rationaleren Nutzung medizinischer Leistungen beitragen kann. In Deutschland wird das SDM im Kontext der patientenzentrierten Versorgung und des § 630e BGB (Patientenrechtegesetz) zunehmend als Bestandteil ärztlicher Sorgfaltspflicht verstanden.
Literatur
- Elwyn G, Frosch D, Thomson R, et al. Shared decision making: a model for clinical practice. J Gen Intern Med. 2012;27(10):1361-1367. doi:10.1007/s11606-012-2077-6
- Härter M, Buchholz A, Nicolai J, et al. Shared Decision Making and the Use of Decision Aids. Dtsch Arztebl Int. 2015;112(40):672-679. doi:10.3238/arztebl.2015.0672