Metakognition
Synonym: Meta-Kognition (seltener)
Englisch metacognition
Definition
Die Metakognition ist ein Begriff aus der Psychologie und Neurowissenschaft, der die Fähigkeit des Menschen und einiger Tierarten beschreibt, über die eigenen Denkprozesse zu reflektieren und Entscheidungen zu hinterfragen.
Geschichte
Bereits Aristoteles beschäftigte sich in seinem Konzept des höheren Denkens mit der Frage, ob und wie weit der Mensch über sein Denken nachdenkt. 1979 definierte der amerikanische Entwicklungspsychologe John H. Flavell diese Art des Denkens als Metakognition. In seiner Studie "Metacognition and cognitive monitoring: A new area of cognitive–developmental inquiry" beschreibt er die Metakognition als Instrument zur Regulation des Denkens.[1]
Einteilung
Die Metakognition setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
- Metakognitive Regulation: Sie beschreibt, inwiefern Denkprozesse reguliert und optimiert werden. Eine gute metakognitive Regulation zeichnet sich dadurch aus, dass schlechte Strategien erkannt und zugunsten guter Strategien aufgegeben werden.
- Metakognitives Wissen: Es beinhaltet die Frage, wie weit das Individuum über seine metakognitiven Fähigkeiten Bescheid weiß und wie es diese richtig anwendet.
Metakognition in Bildung und Lehre
Perkins definierte 1992 vier Lerntypen, die jeweils unterschiedliche metakognitive Strategien zum Erlernen neuer Lerninhalte anwenden.[2]
Tacit
Dieser Lerntyp ist sich seiner metakognitiven Fähigkeiten nicht bewusst und wendet diese folglich nicht an. Er hinterfragt seine Lernstrategien auch nicht.
Aware
Dieser Lerntyp ist sich seiner Fähigkeiten bewusst, versteht es aber nicht, diese korrekt anzuwenden. Sein Lernprozess folgt demnach keinem festen Plan.
Strategic
Ein strategic lerner versteht es, seine metakognitiven Fähigkeiten so anzuwenden, dass er sein gewünschtes Lernziel möglichst effizient erreicht. Diese Fähigkeiten beinhalten unter anderem Strategien zum Lösen von Problemen, das Kategorisieren und Gruppieren von Gedanken sowie das Evaluieren von Informationsquellen.
Reflective
Reflective lerner sind in ihrem Lernverhalten den strategic sehr ähnlich, zusätzlich hinterfragen sie allerdings noch ihre Lernstrategie unter dem Gesichtspunkt der Effizienz. Kommen sie zu dem Schluss, dass ihre aktuelle Lernstrategie nicht den gewünschten Erfolg bringt, so werden sie zu einer, ihrer Meinung nach, zielführenderen Strategie wechseln.
Anwendungsbeispiel
Die Cambridge Assessment International Education Programme verwenden die Vorteile des Lehrens von metakognitiven Fähigkeiten zur Unterstützung von Schülern. Ziel dabei ist es, die Schüler zum Hinterfragen ihrer Lernmethoden zu bewegen. Unter anderem wird vorgeschlagen, den Schülern einige Tage vor einem Test ein Kontrollblatt auszuteilen, anhand dessen die Schüler ihren Lernerfolg testen können.
Metakognition bei Tieren
Eine 2001 von Robert R. Hampton durchgeführte Studie zeigte, dass Rhesusaffen beim Lösen kognitiver Aufgaben in der Lage sind, von ineffektiven zu potenziell erfolgreicheren Strategien zu wechseln. Dieses Verhalten wurde als Indiz für metakognitive Fähigkeiten bei nichtmenschlichen Primaten interpretiert.[3][4]
Neuere Studien zeigen, dass auch Menschenaffen wie Schimpansen und Bonobos fähig sind, eigene Unsicherheiten zu erkennen und darauf zu reagieren. In experimentellen Versuchsanordnungen, etwa bei der Auswahl von Futterboxen mit teilweise verdecktem Inhalt, zeigten sie eine erhöhte Suchaktivität oder Strategieanpassung, wenn ihnen wesentliche Informationen fehlten. Diese Befunde stützen die Annahme, dass Metakognition nicht ausschließlich beim Menschen vorkommt.[5][6]
Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass auch andere Tierarten wie Delfine, Ratten und bestimmte Vogelarten metakognitive Leistungen erbringen können. Die Interpretation solcher Verhaltensweisen bleibt jedoch umstritten, da alternative Erklärungen wie konditionierte Reaktionen oder einfache Umweltassoziationen nicht ausgeschlossen werden können. Eine endgültige wissenschaftliche Klärung steht bislang aus (2026).[7]
Neurowissenschaftliche Aspekte
Metakognitive Prozesse sind nicht nur psychologische Konstrukte. Neurowissenschaftliche Studien weisen darauf hin, dass sie mit Aktivität in präfrontalen Hirnregionen und Netzwerken zur Fehlerüberwachung und Entscheidungsfindung verknüpft sind. Diese neuronalen Grundlagen werden zunehmend erforscht, um z. B. Unterschiede zwischen bloßem Verhalten und echten metakognitiven Prozessen zu klären.
Klinik
Seit Jahren wird der Zusammenhang zwischen Metakognition und Anosognosien bzw. verschiedenen Demenzerkrankungen, wie Alzheimer oder frontotemporale Demenz, erforscht. Es konnte gezeigt werden, dass es sich dabei psychologisch und neurologisch um ein vielfältiges und komplexes Konstrukt handelt, dessen Störungen das Leben von Demenz-Patienten erheblich beeinflussen. Der Vorgang der Metakognition und dessen Beeinträchtigungen sind aufgrund der hohen Komplexität bis heute (2026) jedoch unzureichend verstanden.[8]
Literatur
- Animal Metacognition and Memory, Nature, abgerufen am 11.12.2025
Quellen
- ↑ Flavell, Metacognition and Cognitive Monitoring: A New Area of Cognitive‑Developmental Inquiry, American Psychologist, 1979
- ↑ Perkins, Smart schools: Better thinking and learning for every child, Free Press, 1992
- ↑ Hampton, Multiple demonstrations of metacognition in nonhumans: Converging evidence or multiple mechanisms?, Comp Cogn Behav Rev, 2009
- ↑ Shea und Heyes, Metamemory as evidence of animal consciousness: the type that does the trick, Biol Philos, 2010
- ↑ Beran, do not exist Animal metacognition: A decade of progress, problems, and the development of new prospects, Animal Behavior and Cognition, 2019
- ↑ Subias et al., Metacognition in nonhuman primates: a review of current knowledge, Primates, 2025
- ↑ Harley, Consciousness in dolphins? A review of recent evidence, J Comp Physiol A Neuroethol Sens Neural Behav Physiol, 2013
- ↑ Sunderaraman und Cosentino, Integrating the Constructs of Anosognosia and Metacognition: a Review of Recent Findings in Dementia. Curr Neurol Neurosci Rep., 2017