Landarztmangel
Definition
Der Begriff Landarztmangel bezeichnet eine unzureichende hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen. Er beschreibt eine Form der medizinischen Unterversorgung, bei der in bestimmten Planungsbereichen nicht ausreichend Vertragsärztinnen und -ärzte zur Verfügung stehen, um die Bevölkerung flächendeckend hausärztlich zu betreuen.
Hintergrund
In vielen ländlichen Regionen Deutschlands ist die hausärztliche Versorgung zunehmend gefährdet (Stand 2025). Während urban geprägte Versorgungsgebiete meist ausreichend mit ärztlichem Personal ausgestattet sind, bestehen in peripheren Räumen erhebliche Defizite.
Ursachen
Die Ursachen des Landarztmangels sind multifaktoriell und umfassen unter anderem:
- Demografische Struktur der Ärzteschaft: viele Landärzte erreichen in den kommenden Jahren das Ruhestandsalter, während ausreichend Nachwuchs fehlt, der bereit ist, eine Praxis in einer unterversorgten Region zu übernehmen.
- Veränderte Berufspräferenzen: zunehmender Wunsch jüngerer Ärzte nach planbaren Arbeitszeiten, interdisziplinärer Zusammenarbeit und Anstellung in teamorientierten Strukturen
- Regionale Standortnachteile: fehlende Infrastruktur, eingeschränkte kulturelle und soziale Angebote, hohe Arbeitsbelastung durch geringe ärztliche Dichte
- Begrenzte Präsenz allgemeinmedizinischer Inhalte im Studium: Allgemeinmedizin, insbesondere im ländlichen Kontext, ist in der universitären Ausbildung zum Teil weniger repräsentiert als andere klinische Fächer
- Gesundheitspolitische Rahmenbedingungen: Die hohe Arbeitsbelastung eines Landarztes wird monetär nicht ausreichend kompensiert.
Maßnahmen
Zur Abmilderung des Landarztmangels wurden auf Bundes-, Landes- und KV-Ebene verschiedene Maßnahmen implementiert.
Ausbildungsbezogene Maßnahmen
- Landarztquote: wurde in mehreren Bundesländern (z. B. Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) eingeführt und reserviert einen Teil der Medizinstudienplätze für Bewerber, die sich verpflichten, nach dem Studium für einen definierten Zeitraum hausärztlich in einem unterversorgten Gebiet tätig zu werden
- Förderung allgemeinmedizinischer Lehre: Ausbau universitärer Lehrstühle für Allgemeinmedizin sowie die Einrichtung von Lehrpraxen im ländlichen Raum
Finanzielle und strukturelle Anreize
- Förderprogramme der Kassenärztlichen Vereinigungen: finanzielle Anreize in unterversorgten Bereichen, z.B. Investitionskostenzuschüsse für Praxisneugründungen, Unterstützung bei der Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten und individuelle Praxisvermittlungen
- Landarztprämien und Landesförderungen: finanzielle Hilfen durch die Bundesländer bei der Niederlassung (z.B. Bayern bis zu 60.000 €). Weitere Länder bieten Stipendien, Reisekostenzuschüsse und Wohnraumförderung für Studierende und junge Ärzte.
- Versorgungszentren und Kooperationsmodelle: Zunehmende Etablierung von Medizinische Versorgungszentren (MVZ), kommunal getragene Gemeinschaftspraxen und interdisziplinären Kooperationsmodellen
- Telemedizinische Versorgung: Nutzung telemedizinischer Lösungen, um ärztliche Beratung trotz räumlicher Distanzen zu gewährleisten und Versorgungslücken zu schließen
Einordnung
Der Landarztmangel stellt ein strukturelles Versorgungsproblem innerhalb des deutschen Gesundheitssystems dar. Gemäß § 100 SGB V kann die Kassenärztliche Vereinigung bei drohender oder bestehender Unterversorgung Maßnahmen zur Sicherstellung einleiten. Langfristig erfordert die Problematik jedoch nicht nur technische und administrative Lösungen, sondern eine Neuausrichtung ärztlicher Ausbildung, Versorgungsmodelle und gesundheitspolitischer Prioritäten.
Literatur
- Kassenärztliche Bundesvereinigung. Bedarfsplanung im Gesundheitswesen, abgerufen am 4.6.2025
- Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Landarztquote Bayern, abgerufen am 4.6.2025
- Bundesärztekammer. Ärztestatistik 2023. Berlin: BÄK, 2023.
- Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW. Förderprogramme für die ärztliche Versorgung
- Kassenärztliche Vereinigung Bayerns. Förderprogramme zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, abgerufen am 4.6.2025