Informed Consent
von englisch: informed - informiert, consent - Einwilligung
Synonyme: informierte Einwilligung, Einwilligung nach Aufklärung
Definition
Informed Consent bezeichnet in der Medizin die freiwillige Zustimmung eines Patienten in eine medizinische Maßnahme nach umfassender Aufklärung über deren Art, Zweck, Risiken und Alternativen. Der Informed Consent ist ein zentrales Prinzip der medizinischen Ethik und ein wesentliches Element der Patientenautonomie. Er bildet die rechtliche Grundlage für diagnostische, therapeutische und invasive Eingriffe.
Geschichte
Das Konzept der Einwilligung entwickelte sich ab Ende der 1940er-Jahre, insbesondere infolge des Nürnberger Ärzteprozesses und des daraus hervorgegangenen Nürnberger Kodex. Parallel dazu vollzog sich in den 1950er-Jahren ein grundlegender Wandel in der Arzt-Patienten-Beziehung: Patienten wurden zunehmend als aktive, mitentscheidende Beteiligte der medizinischen Versorgung wahrgenommen – anstelle von passiven Empfängern ärztlicher Anordnungen.[1]
Wegweisend war in diesem Zusammenhang der Fall Salgo v. Leland Stanford Jr. University Board of Trustees.[2] In diesem Prozess verklagte Martin Salgo das Kuratorium der Stanford University sowie den behandelnden Arzt Dr. Frank Gerbode wegen eines Behandlungsfehlers. Ausschlaggebend war, dass Salgo und seine Familie nicht über die Einzelheiten und Risiken einer Aortographie informiert worden waren – ein Eingriff, der in diesem Fall zu einer dauerhaften Lähmung seiner unteren Extremitäten führte. Der Begriff „informed consent“ wurde in diesem Zusammenhang erstmals von seinem Anwalt Paul G. Gebhard verwendet.
Auch in Deutschland entwickelten sich zeitgleich vergleichbare rechtliche Maßstäbe. So trugen unter anderem das erste und zweite Elektroschock-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 1954[3] bzw. 9. Dezember 1958 sowie das sogenannte Myom-Urteil vom 28. November 1957[4] maßgeblich dazu bei, den Wandel von einer bloßen Einwilligungserfordernis hin zum Prinzip des Informed Consent zu fördern.
Abgrenzung
Wird die Entscheidung auf vollständiger, transparenter und patientengerechter Information getroffen, spricht man von einer Informed Choice – also einer bewussten, selbstbestimmten Wahl unter mehreren möglichen Optionen.[5]
Rechtliche und ethische Bedeutung
In modernen Gesundheitssystemen bildet der Informed Consent die zentrale rechtliche Grundlage für medizinische Maßnahmen. Ärzte sind verpflichtet, Patienten so zu informieren, dass diese auf dieser Basis freiwillig und fundiert zustimmen können.[6][7] In Rechststreitigkeiten tragen sie bezüglich der Aufklärungspflicht die Beweislast.
Der Informed Consent schützt dabei insbesondere die Autonomie der Patienten.[5] Sie erhalten verständliche Informationen über Diagnose, Behandlungsoptionen, Risiken, Nebenwirkungen und Prognose. Erst danach entscheiden sie, ob sie einer vorgeschlagenen Maßnahme zustimmen oder diese ablehnen möchten.
Bedeutung im Praxisalltag
Der Informed Consent ist mehr als eine Unterschrift. Er fördert
- die Vertrauensbasis zwischen Patienten und Ärzten,
- die Therapieadhärenz und
- die gemeinsame Verantwortung für medizinische Entscheidungen (partizipative Entscheidungsfindung, SDM).
Quellen
- ↑ Katz J, Capron AM, Glass ES (1972) Experimentation with human beings: The authority of the investigator, subject, professions, and state in the human experimentation process. Russel Sage Foundation, New York.
- ↑ Salgo V (1957) Leland Stanford Jr. Univ. Bd. Trustees. 154 Cal. App. 2d 560, 317 P.2d 170
- ↑ BGH 10.7.1954 VI ZR 45/54, NJW 1956, 1106. BGH, 10.07.1954 - VI ZR 45/54
- ↑ BGH 28.11.1957 4 Str 525/57 BGH, 28.11.1957 - 4 StR 525/57
- ↑ 5,0 5,1 Coulter A, Ellins J (2006) Improving clinical decision-making. In: Patient-focused interventions. A review of the evidence. Coulter A, Ellins J (Hrg.) The Health Foundation, London, 57-84.
- ↑ Doyal L (2001) Informed consent: moral necessity or illusion? Qual. Health Care. 10 (Suppl. 1): i29-i33. DOI: 10.1136/qhc.0100029.
- ↑ Giesen D. Arzthaftungsrecht- die zivilrechtliche Haftung aus medizinischer Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und der Schweiz. 1995. ISBN: 3-16-146467-2.