Nürnberger Ärzteprozess
Definition
Der Nürnberger Ärzteprozess war ein Militärtribunal der Alliierten gegen 23 deutsche Ärzte und Funktionäre des NS-Regimes, die wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und insbesondere grausamer Menschenversuche an KZ-Häftlingen angeklagt wurden. Er fand 1946 bis 1947 statt. Der Prozess führte zur Verurteilung mehrerer Angeklagter und zur Formulierung des Nürnberger Kodex, der bis heute als ethische Grundlage für medizinische Experimente gilt.
Geschichte
Der Nürnberger Ärzteprozess war der erste der Nürnberger Nachfolgeprozesse und umfasste ein Militärtribunal, das zwischen dem 9. Dezember 1946 und dem 20. August 1947 von den alliierten Streitkräften – vorwiegend von den Vereinigten Staaten – in Nürnberg abgehalten wurde. Es befasste sich mit der strafrechtlichen Verfolgung deutscher Ärzte, Funktionäre und medizinischer Mitarbeiter des NS-Regimes. Im Zentrum der Anklagen standen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, insbesondere die Durchführung grausamer und nicht einvernehmlicher medizinischer Experimente an Häftlingen in Konzentrationslagern sowie weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Insgesamt wurden 23 Angeklagte vor Gericht gestellt. Die Angeklagten waren eine Ärztin, 19 Ärzte, ein Jurist und zwei Verwaltungsfachleute. Einige der Angeklagten, wie etwa Karl Brandt (höchstrangiger Hauptangeklagter und Begleitarzt Hitlers) und Viktor Brack (ein Hauptorganisator der Aktion T4), hatten eine führende Rolle in den staatlich organisierten Euthanasie-Programmen und bei der Planung und Umsetzung medizinischer Experimente gespielt.
Die Verfahren lieferten umfangreiche Beweise für die systematische Missachtung der Menschenwürde und der ethischen Grundsätze in der Medizin während der NS-Zeit. 7 der Angeklagten, darunter Brandt und Brack, wurden zum Tode verurteilt, 9 zu Haftstrafen und 7 freigesprochen. Die Vollstreckung der Todesurteile durch Erhängen erfolgte am 2. Juni 1948. Als Reaktion auf die dokumentierten Verbrechen formulierte das Gericht den sogenannten Nürnberger Kodex, einen Meilenstein in der Entwicklung internationaler Richtlinien für medizinische Forschung, der unter anderem die freiwillige Einwilligung, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und den Schutz vulnerabler Gruppen betonte.
Die Prozesse hatten weitreichende juristische und ethische Konsequenzen, da sie nicht nur Verantwortliche zur Rechenschaft zogen, sondern auch einen nachhaltigen Beitrag zur Etablierung des Völkerstrafrechts und zur Förderung der medizinischen Ethik leisteten. Dabei wurde deutlich, dass staatlich organisierte medizinische Forschung unter den strengen Normen der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte stehen muss – ein Prinzip, das bis heute (2025) weltweit immer noch nicht überall umgesetzt ist.
Quellen
- Deutsches Ärzteblatt, Medizingeschichte: Der Nürnberger Ärzteprozess
- Wikipedia, Viktor Brack
- Wikipedia, Nürnberger Ärzteprozess
- Deutsches Ärzteblatt, Nürnberger Kodex: Die Folgen für die Prinzipien des ärztlichen Handelns
- The doctors’ trial: The United States of America vs. Karl Brandt et al.