Geschlechtsdysphorie
Synonym: Genderdysphorie
Englisch: gender dysphoria
Definition
Als Geschlechtsdysphorie beschreibt man das Leiden, dass bei bestehender Geschlechtsinkongruenz durch die Spannung zwischen der psychischen Geschlechtsidentität und dem biologischen Geschlecht entstehen kann.
Abgrenzung
Die Geschlechtsdysphorie ist nicht gleichzusetzen mit der Geschlechtsinkongruenz. Diese beschreibt eine Nichtübereinstimmung des biologischen Geschlechts und der Geschlechtsidentität, ein hoher Leidensdruck muss dabei jedoch nicht vorhanden sein.
Entsteht auf dem Boden einer Geschlechtsinkongruenz ein erheblicher Leidensdruck, der die Person stark beeinträchtigt, spricht man von einer Geschlechtsdysphorie. Der Fokus liegt dabei auf den erlebten psychischen Folgen der betroffenen Personen, nicht auf der Geschlechtsinkongruenz als solche.
Das geschätzte Vorkommen der Geschlechtsinkongruenz ist deutlich höher, als die der Geschlechtsdysphorie.
Hintergrund
Nach dem ICD-10 wurde die Geschlechtsinkongruenz den Störungen der Geschlechtsidentität zugeordnet. Mit Veröffentlichung des ICD-11 hat die Weltgesundheitsorganisation eine Entpathologisierung der Geschlechtsinkongruenz vorgenommen und führt den entsprechenden ICD-Schlüssel nun als Zustand mit Bezug zur sexuellen Gesundheit. Bei der Einteilung wird zusätzlich zwischen erwachsenen und jugendlichen Patienten unterschieden.
Symptome
Der erlebte Spannungszustand und der Leidensdruck können schwerwiegende psychische Erkrankungen begünstigen. Die Betroffenen entwickeln beispielsweise Symptome einer Angsterkrankung oder einer Depression. Zudem besteht der starke Wunsch, den eigenen Körper an die Geschlechtsidentität anzupassen.
Erste Symptome einer Geschlechtsdysphorie können sich bereits im Alter von 2 bis 3 Jahren äußern, z.B. in Form von sogenanntem Cross-Dressing (Bevorzugung von Kleidung des identifizierten Geschlechts).
Diagnostik
Nach dem DSM-5 wird die Geschlechtsdysphorie als psychische Erkrankung klassifiziert. Zur Stellung einer Diagnose müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien vorliegen:
- ausgeprägte Differenz zwischen dem Geschlecht und der Geschlechtsidentität
- ausgeprägtes Verlangen zur Trennung von eigenen Geschlechtsmerkmalen
- ausgeprägtes Verlangen nach den Geschlechtsmerkmalen des anderen Geschlechts
- ausgeprägtes Verlangen nach der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht
- ausgeprägtes Verlangen nach der gesellschaftlichen Behandlung entsprechend dem anderen Geschlecht
- ausgeprägte Überzeugung, die Gefühle und Reaktionen des anderen Geschlechts zu teilen
Quellen
- Bundeszentrale für politische Bildung – Medizinische Einordnung von Trans*identität, abgerufen am 28.11.2023
- American Psychiatric Association (2013): Diagnostic and statistical manual of mental disorders, Fifth Edition – DSM-5. American Psychiatric Publishing, Washington, D.C.
- Senf W, Broda M [Hrsg]: Praxis der Psychotherapie. Ein integratives Lehrbuch, 6. Aufl. Thieme, Stuttgart