Diffuse vaskuläre Verletzung
Englisch: diffuse vascular injury
Definition
Die diffuse vaskuläre Verletzung, kurz DVI, beschreibt ein pathophysiologisches Merkmal, das im Rahmen eines Schädelhirntraumas (SHT) auftreten kann. Es handelt sich vermutlich um die Maximalform der diffusen axonalen Schädigung (DAI).
Epidemiologie
Eine DVI tritt bei ca. 1 bis 2 % der tödlich verlaufenden Verkehrsunfälle auf.
Ätiopathogenese
Die DVI wird durch extreme Beschleunigungs- und Rotationskräfte verursacht, die insbesondere bei Verkehrsunfällen mit hoher Geschwindigkeit auftreten. Kleine zerebrale Gefäße, insbesondere die penetrierenden subkortikalen und tiefen Perforatorgefäße, werden durch die hohen Zugkräfte verletzt. Folglich entstehen viele kleine, oft nur mikroskopisch nachweisbare, punktförmige und lineare Parenchymblutungen in der subkortikalen und tiefen weißen Substanz sowie in den tiefen grauen Kernen.
Klinik
Radiologie
Computertomographie
Die meisten Patienten mit einer DVI überleben nicht lange genug für eine Bildgebung. Falls eine Computertomographie (CT) durchgeführt wird, fällt insbesondere eine Diskrepanz zwischen klinischem Schweregrad und radiologischem Befund auf. Hier zeigt sich ggf. nur eine diffuse Hirnparenchymschwellung mit erloschenem Sulcusrelief und schmalen Ventrikeln. Kleine hyperdense Blutungsherde können auftreten.
Magnetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie (MRT) finden sich folgende Befunde:
- T1w: ggf. leichte Hirnschwellung
- T2w, FLAIR: ggf. einige wenige hyperintense Läsionen in der weißen Substanz. Teilweise innerhalb dieser Läsionen hypointense Regionen, die auf eine Blutung hinweisen.
- T2*: punktförmige und lineare Hypointensitäten mit Blooming-Artefakt. Typischerweise senkrecht zu den Ventrikeln ausgerichtet und v.a. in der subkortikalen und tiefen weißen Substanz, insbesondere im Corpus callosum. Weiterhin oft Läsionen in Basalganglien, Thalamus, Hirnstamm und Kleinhirn.
- DWI: Foci mit Diffusionsstörung aufgrund einer durch die Gefäßverletzung verursachten Ischämie
Differenzialdiagnosen
Bei der diffusen vaskulären Verletzung handelt es sich vermutlich um die Maximalform der diffusen axonalen Schädigung. Bei der DAI finden sich keine oder nur wenige hämorrhagische Läsionen, während die DVI durch multiple petechiale Blutungen in der T2*-Sequenz gekennzeichnet ist.