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FlexiEssay: Verstopfung und Stuhlgang

Dr. med. Heinrich Schmelzer
Arzt | Ärztin
Isabell Albrecht
Hebamme | Entbindungspfleger
Dr. Frank Antwerpes
Arzt | Ärztin
Johannes Pohl
Nichtmedizinischer Beruf
Dr. med. Heinrich Schmelzer, Isabell Albrecht + 2

Dieser Text ein so genannter FlexiEssay. So nennen wir Texte, die keinen lexikalischen Inhalt haben. FlexiEssays geben die persönliche Einschätzung des Autors wieder. Sie werden von uns nicht inhaltlich überprüft. Wie bei allen anderen Texten gilt: Lies dir den Artikel kritisch durch, vergleiche ihn mit anderen Publikationen und bilde dir eine eigene Meinung.

Einleitung

"Verstopfung" - medizinisch auch Obstipation genannt – hat zwei Gesichter. Die einen halten sich für verstopft, wenn sie nicht täglich Drang verspüren und Stuhl absetzen, andere klagen über Verstopfung, wenn sie sich beim Toilettengang minutenlang quälen, sei es, weil der Stuhl hart ist, sei es, weil sie meinen, sich vollständig entleeren zu müssen. Entleerungen müssen nicht vollständig sein, ebenso wenig wie regelmäßig, und schon gar nicht müssen sie pünktlich stattfinden! Und dass sonst Gifte aufgesaugt würden, ist ein weit verbreiterter Irrglaube, dem auch die Befürworter von regelmäßigen Darmspülungen unterliegen.

Ernährung

Die eigentliche Obstipation, nämlich eine träge Darmpassage, ist zumeist die Folge unzureichender Bewegung, ballaststoffarmer Ernährung und geringer Flüssigkeitszufuhr. Obst und vor allem grüner Salat haben nur einen geringen Ballaststoffanteil! Eine gute stuhlfördernde Wirkung haben z. B. Auberginen, Avocado, Karotten, Blumenkohl und Chicoree. Ein Joghurt am Tag fördert die normale Darmflora, die sich immer wieder erneuert und deren abgestorbene Bakterien etwa ein Drittel des Stuhlgewichts ausmachen.

Aber Achtung, Ballaststoffe entfalten erst dann ihre Wirkung, d. h. Steigerung von Volumen und Stuhlgewicht, wenn dem Darm ausreichend viel Flüssigkeit zur Verfügung steht, und daran kann es vor allem in den Sommermonaten fehlen. Säfte und Limonaden Art entziehen dem Darm Wasser, nur reines Wasser – am besten ohne Kohlensäure – und davon je nach Außentemperatur möglichst 1-2 Liter am Tag, gibt den Ballaststoffen die Möglichkeit zu quellen, andernfalls wird der Stuhl trotz richtiger Ernährung trocken und hart. 1 Glas Milch, 1 Glas Fruchtsaft, 1-2 Tassen Kaffee am Morgen und Tee am Mittag oder Abend komplettieren eine adäquate Flüssigkeitsaufnahme.

Zu wenig Flüssigkeit ist meist einzige Ursache bei "Verstopfung" nach längeren Flügen. Aufgepasst auch bei Schokolade und Nüssen, hier muss viel getrunken werden, dass sie nicht "stopfen". Aus gleichem Grund gehört immer eine Flasche Wasser mit zum Rotwein, der ebenfalls "stopfend" wirkt. Kaffee sollte man, abgesehen von der morgendlichen Tasse, immer eher meiden und Tee, vor allem grünem Tee, Pfefferminztee oder Ingwertee den Vorzug geben.

Verdauung

Volumiger Stuhl mit hohem Gewicht dehnt die Darmwände, die ihrerseits mit Kontraktionswellen antworten und den Darminhalt dem Ausgang zutreiben. Am Morgen wird die Tätigkeit des Darms durch Dehnung der Magenwand mit einem Glas Wasser oder Orangensaft in Verbindung mit einem ausgiebigen Frühstück angeregt. Auch ein Kaffee, Süßes wie Honig oder Marmelade und ein weiches oder besser noch ein Spiegelei mit Speck bringen den Darm auf Trab.

Bei Bettlägerigkeit, bei neurologischen Erkrankungen, bei überlangem Darm, im Alter und bei Einnahme von Medikamenten kann die Darmpassage verzögert sein. Ausreichende Bewegung, eine ausgeglichene Psyche und Bitterstoffe wie sie z.B. in der Artischocke, in der Pfefferminze und im Radicchio enthalten sind, fördern die Verdauung im Allgemeinen. Quellmittel wie Weizenkleie und vor allem Flohsamen können helfen, das Stuhlgewicht zu steigern.

Entleerung

Füllt sich der Enddarm, nehmen wir dies ab einer gewissen Menge als Stuhldrang wahr. Abhängig von der Art, der Menge und der Regelmäßigkeit unserer Ernährung braucht dies aber nicht unbedingt am Morgen zu sein und auch nicht täglich, sondern Drang kann zu einem x-beliebigen Zeitpunkt des Tages, bzw. der Woche einsetzen.

Stellt sich Stuhldrang ein, sollten wir die Entleerung weder zu lange hinausschieben, noch sie vorzeitig durch angestrengtes Pressen hervorzurufen versuchen. Stuhlgang ist eigentlich ein automatischer Vorgang, da sich der After bei Füllung des Enddarms reflexmäßig öffnet. Das tut er aber nur, wenn das Enddarmreservoir ausreichend mit schwerem Stuhl gefüllt ist. Indem wir uns in Hockstellung begeben – möglichst ohne den Toilettensitz zu berühren - und die Bauchpresse betätigen, helfen wir dem Darminhalt, in den After einzutreten. Bei idealem Stuhlvolumen und -gewicht bedarf der Rest des Aktes keines weiteren Pressens, im Gegenteil, wenn wir in diesem Moment versuchen, den Beckenboden "Hochzuziehen", erleichtern wir damit der Stuhlsäule die Austreibung, auch wenn diese dabei schließlich "abreißt". Hält ein Gefühl von Drang an, kann man mit leichtem Pressen im Sinne eines Anschiebens des Stuhls testen, ob noch genügend Stuhl da ist, um die Afteröffnung zu triggern, wenn nicht sollte man den Toilettengang abbrechen. Er sollte nie länger als 1-2 Minuten dauern, sofern der Stuhl eine normale geschmeidige Konsistenz hat. Vor allem bei Patienten mit Hämorrhoiden kann das Gefühl von Drang anhalten und zu fortgesetztem Pressen verleiten.

Das Missverständnis

Der bekannte Rat, man solle sich bei der Entleerung Zeit lassen wird gerne missverstanden. Er bezieht sich allein auf den Akt der reflexartigen Austreibung der Stuhlsäule, dem nicht durch angestrengtes Pressen in frühmorgendlicher Hektik nachgeholfen werden sollte. Längeres Verweilen - manche bringen es auf 10-15 Minuten, sei es nur, um sich zurückzuziehen, sei es um die Morgenlektüre zu studieren - , führt zu oft unbewussten Pressversuchen, um nachrutschenden Stuhl loszuwerden. Bei kleinen Stuhlportionen jedoch, ebenso wie bei trockenem, breiigem oder flüssigem Stuhl, öffnet sich der After nur ungenügend. Daher ist es auch nicht ratsam, ständig Abführmittel einzunehmen, da diese nicht nur den Darm "lahm legen", sondern auch zu dünnen, leichten Stühlen führen.. Angestrengtes Pressen kann den ausbleibenden Öffnungsreflex zwar "übertölpeln" und Stuhl durch einen engen After hindurchdrücken, führt aber auf Dauer nicht nur zur Entstehung von Hämorrhoiden und u.U. zu einem Afterriss, sondern auch zu einer Schädigung der Beckenbodenmuskulatur mit der Gefahr eines Enddarmvorfalls oder einer Stuhlhalteschwäche im Alter. Leidet man chronisch an dünnem Stuhl oder an Durchfällen, wo die Ursache – z.B. zu viel frische Früchte, Alkohol oder Kaffee – nicht augenscheinlich ist, sollte man die Ursache unbedingt abklären lassen.

Hinweise

FlexiEssays geben die persönliche Einschätzung des Autors wieder, die nicht notwendigerweise mit der allgemeinen Lehrmeinung kongruent ist. Sie werden zu einem späteren Zeitpunkt einen eigenen Platz im Flexikon finden.

Primärautor

Dieser Flexikon-Artikel ist ein Beitrag des Proktologen Dr. No (München).