Nussknacker-Syndrom: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Zustand wird Nussknacker-Phänomen genannt, da die beiden Gefäße die Nierenvene wie die Zangenarme eines Nussknackers mit jedem [[Herzschlag]] pulsierend einengen.
Der Zustand wird Nussknacker-Phänomen genannt, da die beiden Gefäße die Nierenvene wie die Zangenarme eines Nussknackers mit jedem [[Herzschlag]] pulsierend einengen.


==Epidemiologie==
== Epidemiologie ==
Die genaue [[Prävalenz]] des Nussknacker-Phänomens ist nicht bekannt. Das Nussknacker-Syndrom tritt insgesamt selten auf. Frauen sind etwas häufiger betroffen.  
Die genaue [[Prävalenz]] des Nussknacker-Phänomens ist nicht bekannt. Das Nussknacker-Syndrom tritt insgesamt selten auf. Frauen sind etwas häufiger betroffen. Ein dünner oder asthenischer Körperhabitus stellt einen Prädispositionsfaktor dar. 


==Ätiologie==
==Ätiologie==
Die Aorta abdominalis wird durch eine verstärkte [[Lordose]] der [[Lendenwirbelsäule]] nach vorne gedrängt, wodurch sich der Gefäßwinkel zwischen Aorta und Arteria mesenterica superior verkleinert. In diesem Winkel verläuft die Vena renalis sinistra, sodass bei entsprechendem Körperbau die linke Nierenvene zwischen den beiden [[Blutgefäß]]en komprimiert wird. Eine weitere Ursache ist eine [[Gefäßanomalie]] mit einem besonders steilen Abgang der Arteria mesenterica superior aus der Aorta.
Die Aorta abdominalis wird durch eine verstärkte [[Lordose]] der [[Lendenwirbelsäule]] nach vorne gedrängt, wodurch sich der Gefäßwinkel zwischen Aorta und Arteria mesenterica superior verkleinert. In diesem Winkel verläuft die Vena renalis sinistra, sodass bei entsprechendem Körperbau die linke Nierenvene zwischen den beiden [[Blutgefäß]]en komprimiert wird. Ein anlagebedingter steiler Abgang der Arteria mesenterica superior aus der Aorta wirkt ebenfalls prädisponierend.  


In der Folge kann es zu einer Stauung der Nierenvene mit einer [[Minderperfusion]] der Niere sowie zur Ausbildung von [[Umgehungskreislauf|Umgehungskreisläufen]] kommen.  
In seltenen Fällen liegt eine retroaortale linke Nierenvene vor, die zwischen Aorta und Wirbelsäule komprimiert wird (posteriores Nussknacker-Syndrom).
 
== Pathophysiologie ==
Die Kompression der linken Vena renalis kann zu einer renal-venösen Hypertonie führen. Die Folge ist eine Ruptur der dünnwandigen Venen im Sammelsystem mit konsekutiver Hämaturie. Im chronischen Verlauf kann es zu einer Nierenvenenthrombose kommen.
 
Da die [[Vena testicularis]] sinistra bzw. die [[Vena ovarica]] sinistra regulär in die linke Nierenvene mündet, kann es zur Bildung einer [[Varikose]] im [[kleines Becken|kleinen Becken]] (Pelvic Congestion Syndrome) bzw. in den [[Hoden]] (Varikozele) mit entsprechenden Komplikationen kommen.  


==Symptome==
==Symptome==
Durch die Einklemmung der linken Nierenvene kann es beim Nussknacker-Syndrom zu einer Reihe stauungsbedingter Symptome kommen:
Die häufigsten klinischen Manifestationen des Nussknacker-Syndroms sind linksseitige Flanken- oder Unterbauchschmerzen sowie Makro- oder Mikrohämaturie und eine Varikozele. Auch eine orthostatische Proteinurie und eine [[Dyspareunie]] können vorkommen. Bei körperlicher Anstrengung können sich die Symptome verstärken.
*verfärbter, schäumender Urin
*linksseitige [[Flankenschmerz]]en
*(linksseitige) [[Unterbauchschmerz]]en
*[[Kopfschmerzen]]
*Verstärkung der Symptome bei körperlicher Anstrengung
*[[Dyspareunie]]
 
Da die [[Vena testicularis]] sinistra bzw. die [[Vena ovarica]] sinistra regulär in die linke Nierenvene mündet, kann es zur Bildung einer [[Varikose]] mit Schmerzen im [[kleines Becken|kleinen Becken]] und in den [[Hoden]] bzw. [[Eierstock|Eierstöcken]] kommen. Bei Männern kann des Weiteren die [[Spermatogenese]] eingeschränkt sein.


Bei chronischen abdominellen Schmerzen unklarer Genese sollte auch an das hier genannte Krankheitsbild gedacht werden.
Bei chronischen abdominellen Schmerzen unklarer Genese sollte auch an das hier genannte Krankheitsbild gedacht werden.


==Diagnostik==
==Diagnostik==
In der [[Urindiagnostik]] werden [[Hämaturie]] und [[Proteinurie]] nachgewiesen. Des Weiteren ist die Untersuchung der Vena renalis sinistra mittels [[farbkodierte Duplexsonografie|farbkodierter Duplexsonografie]] und/oder [[CT]]-/[[MR-Angiographie]] wegweisend. In der Duplexsonographie können stark erhöhte Flussgeschwindigkeiten als Zeichen einer Kompression des [[Lumen]]s gemessen werden. Während 15 bis 20 cm/s [[physiologisch]] sind, können in Extremfällen Werte von 150 bis 200 cm/s vorliegen. In der CT oder MRT zeigt sich die Verengung des mesoaortalen Intervalls bzw. Winkels und eine Erweiterung des lateralen prästenotischen Anteils der linken Nierenvene. Des Weiteren kann eine Dilatation der Vena testicularis oder Vena ovarica mit Reflux von Kontrastmittel vorliegen.
In der [[Urindiagnostik]] werden [[Hämaturie]] und [[Proteinurie]] nachgewiesen. Des Weiteren ist die Untersuchung der Vena renalis sinistra mittels bildgebenden Verfahren wegweisend.
 
=== Radiologie ===
Die radiologischen Merkmale sind bei Ultraschall, Doppler-Ultraschall, CT-, MRT- und konventioneller Angiographie ähnlich:
 
* reduzierter mesoaortaler Winkel (zwischen Aorta und Arteria mesenterica superior): Normwert ca. 45° (38 bis 65°).
* Stenose der linken Vena renalis
* Kollateralen: insbesondere über linke Vena testicularis bzw. ovariva mit frühem Enhancement in der portalvenösen Phase durch Reflux
* erhöhte Flussgeschwindigkeiten im Doppler (> 4-5-fache im komprimierten Teil der Vene im Vergleich zum Anteile am Nierenhilus)
* Verhältnis anteroposteriorem Durchmesser prästenotisch geteilt durch den komprimierten Abschnitt (Compression Ratio) > 2,25 
 
== Therapie ==
Bei Vorliegen von Symptomen kommt eine endovaskuläre Stentimplantation in Frage. Eine seltener angewendete therapeutische Möglichkeit ist z.B. die chirurgische Transposition der linken Nierenvene.  


==Literatur==
==Literatur==

Version vom 18. Dezember 2023, 11:50 Uhr

Englisch: nutcracker syndrome, left renal vein entrapment

Definition

Als Nussknacker-Syndrom bezeichnet man die symptomatische Kompression der Vena renalis sinistra zwischen Arteria mesenterica superior und Aorta abdominalis. Handelt es sich um einen asymptomatischen Zufallsbefund, spricht man auch von einem Nussknacker-Phänomen.

Nomenklatur

Der Zustand wird Nussknacker-Phänomen genannt, da die beiden Gefäße die Nierenvene wie die Zangenarme eines Nussknackers mit jedem Herzschlag pulsierend einengen.

Epidemiologie

Die genaue Prävalenz des Nussknacker-Phänomens ist nicht bekannt. Das Nussknacker-Syndrom tritt insgesamt selten auf. Frauen sind etwas häufiger betroffen. Ein dünner oder asthenischer Körperhabitus stellt einen Prädispositionsfaktor dar.

Ätiologie

Die Aorta abdominalis wird durch eine verstärkte Lordose der Lendenwirbelsäule nach vorne gedrängt, wodurch sich der Gefäßwinkel zwischen Aorta und Arteria mesenterica superior verkleinert. In diesem Winkel verläuft die Vena renalis sinistra, sodass bei entsprechendem Körperbau die linke Nierenvene zwischen den beiden Blutgefäßen komprimiert wird. Ein anlagebedingter steiler Abgang der Arteria mesenterica superior aus der Aorta wirkt ebenfalls prädisponierend.

In seltenen Fällen liegt eine retroaortale linke Nierenvene vor, die zwischen Aorta und Wirbelsäule komprimiert wird (posteriores Nussknacker-Syndrom).

Pathophysiologie

Die Kompression der linken Vena renalis kann zu einer renal-venösen Hypertonie führen. Die Folge ist eine Ruptur der dünnwandigen Venen im Sammelsystem mit konsekutiver Hämaturie. Im chronischen Verlauf kann es zu einer Nierenvenenthrombose kommen.

Da die Vena testicularis sinistra bzw. die Vena ovarica sinistra regulär in die linke Nierenvene mündet, kann es zur Bildung einer Varikose im kleinen Becken (Pelvic Congestion Syndrome) bzw. in den Hoden (Varikozele) mit entsprechenden Komplikationen kommen.

Symptome

Die häufigsten klinischen Manifestationen des Nussknacker-Syndroms sind linksseitige Flanken- oder Unterbauchschmerzen sowie Makro- oder Mikrohämaturie und eine Varikozele. Auch eine orthostatische Proteinurie und eine Dyspareunie können vorkommen. Bei körperlicher Anstrengung können sich die Symptome verstärken.

Bei chronischen abdominellen Schmerzen unklarer Genese sollte auch an das hier genannte Krankheitsbild gedacht werden.

Diagnostik

In der Urindiagnostik werden Hämaturie und Proteinurie nachgewiesen. Des Weiteren ist die Untersuchung der Vena renalis sinistra mittels bildgebenden Verfahren wegweisend.

Radiologie

Die radiologischen Merkmale sind bei Ultraschall, Doppler-Ultraschall, CT-, MRT- und konventioneller Angiographie ähnlich:

  • reduzierter mesoaortaler Winkel (zwischen Aorta und Arteria mesenterica superior): Normwert ca. 45° (38 bis 65°).
  • Stenose der linken Vena renalis
  • Kollateralen: insbesondere über linke Vena testicularis bzw. ovariva mit frühem Enhancement in der portalvenösen Phase durch Reflux
  • erhöhte Flussgeschwindigkeiten im Doppler (> 4-5-fache im komprimierten Teil der Vene im Vergleich zum Anteile am Nierenhilus)
  • Verhältnis anteroposteriorem Durchmesser prästenotisch geteilt durch den komprimierten Abschnitt (Compression Ratio) > 2,25

Therapie

Bei Vorliegen von Symptomen kommt eine endovaskuläre Stentimplantation in Frage. Eine seltener angewendete therapeutische Möglichkeit ist z.B. die chirurgische Transposition der linken Nierenvene.

Literatur