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Eines der wichtigsten Instrumente der taktischen Medizin ist das [[Tourniquet]]. Jean-Louis Petit erfand dieses um 1718, um Blutungen zu stoppen. Johann von Esmarch entwickelte | Eines der wichtigsten Instrumente der taktischen Medizin ist das [[Tourniquet]]. Jean-Louis Petit erfand dieses um 1718, um Blutungen zu stoppen. Johann von Esmarch entwickelte dasselbe 1873 weiter in ein flexibles System, bei dem keine Einzelteile mehr abfallen konnten. Zentral für Erkenntnisse in der taktischen Medizin sind vergangene Kriegserfahrungen. In den Krimkrieg 1853-1856 sind viele Soldaten an bakteriellen und viralen Infektionen gestorben. Dies führte zu den ersten Schritten der Epidemiologie, die Reinlichkeit und Isolierung beinhalteten. Durch Musketenkugeln wurden viele Amputationen vorgenommen, die die Standardtherapie der Kriegschirurgie war. Der russische Chirurg Nikolai Pirogow führte daraufhin die Stabilisierung von Knochenbrüchen mittels [[Gipsschiene]]<nowiki/>n ein und fuhr die Pirogoff-Amputation ein, um die Ferse zu erhalten. | ||
Erst 1996 wurde das TCCC ( Tactical combat casualty care) eingeführt. Das TCCC basiert auf dem schnellen Abtransport von Verwundeten. | Erst 1996 wurde das TCCC ( Tactical combat casualty care) eingeführt. Das TCCC basiert auf dem schnellen Abtransport von Verwundeten. |
Version vom 13. März 2023, 13:08 Uhr
Synonyme: Einsatzmedizin, Taktische Verwundetenversorgung
Englisch: tactical combat casuality care (TCCC), tactical medicine
Definition
Unter taktischer Medizin wird die Anwendung medizinischer Maßnahmen (Diagnostik und Therapie) in einem taktischen Umfeld bezeichnet. Darunter versteht man die Versorgung von Verwundeten unter Gefechtsbedingungen oder in besonderen Einsatzlagen (z.B. Terroranschlägen). Die taktische Medizin ist damit am Ehesten ein Teil der Notfallmedizin, wobei penetrierende Verletzungen und Verbrennungsverletzungen infolge des Einsatzes von Schuss-, Stich- und Sprengwaffen überproportional häufig vertreten sind.
Geschichte der taktischen Verwundetenversorgung
Eines der wichtigsten Instrumente der taktischen Medizin ist das Tourniquet. Jean-Louis Petit erfand dieses um 1718, um Blutungen zu stoppen. Johann von Esmarch entwickelte dasselbe 1873 weiter in ein flexibles System, bei dem keine Einzelteile mehr abfallen konnten. Zentral für Erkenntnisse in der taktischen Medizin sind vergangene Kriegserfahrungen. In den Krimkrieg 1853-1856 sind viele Soldaten an bakteriellen und viralen Infektionen gestorben. Dies führte zu den ersten Schritten der Epidemiologie, die Reinlichkeit und Isolierung beinhalteten. Durch Musketenkugeln wurden viele Amputationen vorgenommen, die die Standardtherapie der Kriegschirurgie war. Der russische Chirurg Nikolai Pirogow führte daraufhin die Stabilisierung von Knochenbrüchen mittels Gipsschienen ein und fuhr die Pirogoff-Amputation ein, um die Ferse zu erhalten.
Erst 1996 wurde das TCCC ( Tactical combat casualty care) eingeführt. Das TCCC basiert auf dem schnellen Abtransport von Verwundeten.
Abgrenzung
Im Gegensatz zur zivilen Notfallmedizin ist in der taktischen Medizin die Versorgung von Verwundeten oft nicht die primäre Aufgabe der eingesetzten Einheiten. So kommt es, dass deren Versorgung in den Kontext der militärischen oder polizeilichen Aufgabenerfüllung eingebunden werden muss. Während zivil verhältnismäßig schnell Kräfte nachgefordert werden können, erschöpfen sich medizinische Ressourcen im taktischen Einsatz rasch und es kann zu einem längeranhaltenden Missverhältnis zwischen der Anzahl der medizinischen Helfer und der Anzahl der Verwundeten kommen.[1]
Weiterhin kann die Indikationsstellung medizinischer Maßnahmen durch die akute Lage verändert werden und ein Abweichen von Leitlinien der zivilen Notfallmedizin bedeuten. Erschwerend zum Einsatzgeschehen kommt hinzu, dass während der Versorgung oftmals keine hygienisch reinen Bedingungen geschaffen werden können, das Arbeiten unter Einhaltung von Licht- und Geräuschdisziplin erfolgen sollte, die Sicherheit der Einsatzstelle in der Regel nicht garantiert werden kann und es zu langen präklinischen Versorgungs- und Transportzeiten kommen kann.[1]
Phasen
Die taktische Medizin lässt sich in drei Versorgunsbereiche unterteilen:[1]
- 1. Care Under Fire - Versorgung am Ort der Verwundung
- 2. Tactical Field Care - Versorgung des Verwundeten in Deckung
- 3. Tactical Evacuation Care - Versorgung während der Evakuierung des Verwundeten
In der taktischen Medizin wird das sogenannte IFAK eingesetzt.
Arbeitsplatz
Die taktischen Medizin ist mit einer akuten Bedrohung der Helfer und Patienten zu sehen. Die Bedrohung wird definiert durch eine unsichere Gefechtslage, Dreck und begrenzte Ressourcen für Material, Ausrüstung und Personal.
Ziel der Versorgung
Das Ziel ist primär die Versorgung der akuten lebensbedrohlichen Zuständen nach dem cABCDE- Schema.
Personal
Da nicht alle Truppen über Sanitätspersonal verfügt, ist primär die Eigen- und Kameradenhilfe wichtig nach dem "Combat First Responder A". Der nächste Schritt ist der "Combat First Responder B/C" bzw. der "Einsatzhelfer B/C". Die Soldaten mit dieser Ausbildung auch "Medics" genannt sind in Blutstillung, Atemwegsmanagement und Analgetikum ausgebildet. Sie versorgen die Patienten unter Beschuss und sichern die schnelle Verwundetenversorgung.
Bei der Polizei werden Patienten in Bedrohungslagen durch sanitätsdienstlich ausgebildete Polizisten behandelt, da der Grundsatz des Rettungsdienstes "Safety First" ist.
Ausrüstung
- Tourniquet
- Combat Application Tourniquet (C.A.T)
- SOF Tactical Tourniquet Wide
- Emergency Military Tourniquet (EMT)
- Mechanical Advantage Tourniquet ( MAT)
- NATO-Tourniquet
- SWAT-Tourniquet
- Verbandsstoffe
- Emergency Bandage asa. "israelische Binde"
- OLAES Modular Bandage
- Wundtamponade
- Hämostypika
- Quick Clot
- Atemwegsmanagement
- Thoraxverletzungen
- Chest Seal
- Entlastungspunktionsnadeln
- Kreislaufmanagement
- F.A.S.T
- EZ-IO
- Wäremerhalt
- Ready-Heat
- Blizzard
- Immobilisation
- Sam-Splint
- T-Pod
Versorgungsebenen
ROLE 1-Rettungsstation
Die erste Stufe der taktischen Verwundetenversorgung kann mobil oder stationär sein. Hier ist das Nichtsanitätspersonal (Einsatzhelfer A, Einsatzhelfer B, Combat First Responder).
ROLE 2-Rettungszentrum
Die zweite Stufe der taktischen Verwundetenversorgung umfasst den gesicherten militärischen Bereich. Hier findet eine mögliche notfallchirurgische Behandlung statt. Zentral ist ebenfalls die Schockrumbehandlung.
ROLE 3- Einsatzlazarett
Bei dieser Ebene kommen weitere Fachbereiche hinzu. Die Leistungsfähigkeit soll die einer Uniklinik umfassen.
ROLE 4- Bundeswehrkrankenhaus
Die letzte Stufe umfässt definitive operative Versorgungen und Rehabilitation mit dem Schwerpunkt der Maximalversorgung.
Spezielle Verletzungsmuster
- Schussverletzungen
- Explosionsverletzungen
- Bissverletzungen
- Verbrennungen
- Augennotfälle
- akustisches Trauma
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hängetrauma
Weblinks
Quellen
- ↑ Hochspringen nach: 1,0 1,1 1,2 Hauer T., Ladehof K., Münzberg M. (2016). Taktische Verwundetenversorgung. In: Präklinisches Traumamanagement: Prehospital Trauma Life Support (PHTLS). National Association of Emergency Medical Technicians (NAEMT). 3.Auflage. München: Urban & Fischer Verlag / Elsevier, S.633, S.636
Christian Neitzel, Karsten Ladehof (2012,2015) Taktische Medizin. In: Notfallmedizin und Einsatzmedizin. 2. Auflage Springer Verlag