Testbatterie für visuelle Objekt- und Raumwahrnehmung
Englisch: visual object and space perception battery, VOSP
Definition
Die Testbatterie für visuelle Objekt- und Raumwahrnehmung, kurz VOSP, ist ein neuropsychologisches Testverfahren zur Messung visueller Wahrnehmungsleistungen. Sie wurde entwickelt, um Defizite der visuellen Objekt- und Raumwahrnehmung zu identifizieren, ohne dass Gedächtnis-, Sprach- oder Planungsleistungen das Ergebnis wesentlich beeinflussen.
Testaufbau
Die VOSP umfasst insgesamt acht Subtests, die zwei Bereichen zugeordnet werden:
- Objektwahrnehmung (4 Subtests)
- Beurteilung der Fähigkeit, Formen, Silhouetten und Objekte zu erkennen
- Beispiele: Silhouetten-Test, unvollständige Buchstaben, Objektentscheidungen
- Raumwahrnehmung (4 Subtests)
- Prüfung der Fähigkeit, räumliche Beziehungen und Anordnungen zu erfassen
- Beispiele: Punktzählen, Positionsdiskrimination, Zahlenlokalisation, Würfelzählaufgabe
Jeder Subtest ist so gestaltet, dass er primär visuell-perzeptive Funktionen anspricht und andere kognitive Systeme möglichst wenig beansprucht.
Durchführung und Auswertung
Die Durchführung erfolgt standardisiert unter ruhigen Testbedingungen. Die Testperson löst Aufgaben anhand von visuellen Stimuli, etwa das Erkennen von Objekten, Zählen von Punkten oder Vergleichen räumlicher Positionen. Die Auswertung erfolgt über die Anzahl korrekter Antworten und Vergleich mit altersbezogenen Normwerten. Auffällige Ergebnisse in einzelnen Subtests deuten auf spezifische visuelle Wahrnehmungsstörungen hin.
Anwendungsgebiete
Die VOSP wird vor allem in der klinischen Neuropsychologie eingesetzt, z.B. zur Diagnostik von:
- visuellen Agnosien
- Raumwahrnehmungsstörungen (z.B. Neglect, visuelle Desorientierung)
- Läsionen im parietalen oder temporo-okzipitalen Kortex
- Neurodegenerativen Erkrankungen mit posteriorer Beteiligung (z.B. Alzheimer, PCA)
- Schlaganfällen, Schädel-Hirn-Traumata und anderen fokalen Läsionen
Interpretation
Abweichungen in den Subtests der Objektwahrnehmung weisen auf Störungen der ventralen („Was-“)-Bahn hin, während Beeinträchtigungen der Raumwahrnehmung auf Defizite in der dorsalen („Wo-“)-Bahn hindeuten können. Das Testprofil erlaubt somit eine grobe funktionelle Einordnung visueller Wahrnehmungsdefizite.
Vorteile
- Hohe Spezifität für perzeptive Störungen
- Geringe sprachliche und mnestische Anforderungen
- Flexible Anwendung einzelner Subtests
- Klinisch und wissenschaftlich gut validiert
Limitationen
- Eingeschränkte Trennschärfe zwischen ventralen und dorsalen Läsionen in Einzelfällen
- Normdaten nicht für alle Altersgruppen vollständig vorhanden
- Störanfälligkeit bei Sehbeeinträchtigungen oder motorischen Einschränkungen
Literatur
- Warrington EK, James M. The Visual Object and Space Perception Battery (VOSP). Bury St Edmunds, UK: Thames Valley Test Company; 1992. Available from: https://www.pearsonclinical.co.uk/en-gb/Store/Professional-Assessments/Cognition-%26-Neuro/Visual-Object-and-Space-Perception-Battery/p/P100009236
- Merten T. An analysis of the VOSP Silhouettes Test with neurological patients. Z Neuropsychol. 1997;8(3):151-160. Available from: https://www.researchgate.net/publication/26514515_An_analysis_of_the_VOSP_Silhouettes_Test_with_neurological_patients