Safewards
Definition
Safewards ist ein evidenzbasiertes Pflegemodell zur Reduktion von Konflikten, Gewalt und Zwangsmaßnahmen (z.B. Zwangsmedikation, Fixierung, Einschluss) in psychiatrischen Einrichtungen.
Hintergrund
Das Safewards-Modell wurde am King’s College in London entwickelt. Ausgangspunkt war die Analyse von Ursachen für aggressive Vorfälle und Zwangsmaßnahmen auf psychiatrischen Akutstationen. Daraus wurden zehn Interventionen abgeleitet, die in Kombination mit einem theoretischen Modell helfen sollen, Risikosituationen frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen.
Safewards geht davon aus, dass Konflikte (z.B. Aggression, Weglaufversuche, Selbstverletzungen) und Zwangsmaßnahmen nicht nur durch individuelle Faktoren (z.B. Diagnose, Symptomatik), sondern auch durch strukturelle, soziale und personelle Bedingungen auf Stationen beeinflusst werden.
Modell
Das Modell umfasst 6 Schlüsselbereiche, die als Einflussfaktoren für Konflikte und Zwangsmaßnahmen identifiziert wurden:
- Patienteneigenschaften (z.B. Diagnose, Biografie)
- Beziehungsverhalten (zwischen Patienten und Personal)
- (Stationäre) Regeln und Strukturen (z.B. PsychKG und Betreuungsrecht)
- Externe Stressoren
- Dynamik der Patienten untereinander
- Teamfaktoren (z.B. Kommunikation, Haltung, Führungsstil)
Daraus leiten sich 10 Interventionen ab, die in den Stationsalltag integriert werden sollen:
| Konzept | Beschreibung |
|---|---|
| "Clear Mutual Expectations" | gemeinsam ausgehandelte, klar sichtbare und positiv formulierte Erwartungen |
| "Soft Words" | bewusste, deeskalierende Sprache/Wortwahl |
| "Talk Down" | strukturierte verbale Deeskalation |
| "Positive Words" | Betonung positiver Aspekte und Verhaltensweisen von Patienten im Stationsalltag |
| "Bad News Mitigation" | sensibler Umgang mit belastenden Nachrichten für Patienten |
| "Know Each Other" | niederschwellige Vorstellung vom Behandlungsteam (z.B. über eine Bilder-Tafel) |
| "Mutual Help Meeting" | moderiertes Gruppengespräch zur gegenseitigen Unterstützung |
| "Calm Down Methods" | zugängliche Beruhigungsangebote (z.B. bezüglich Reizreduktion, Materialien, Skills) |
| "Reassurance" | aktive Beruhigung nach Vorfällen auf der Station |
| "Discharge Messages" | ermutigende Botschaften von entlassenen Patienten an die aktuelle Patientenschaft |
Literatur
- National Collaborating Centre for Mental Health (UK), Violence and Aggression: Short-Term Management in Mental Health, Health and Community Settings: Updated edition, London: British Psychological Society (UK), 2015
- Fletcher et al., Contextual Barriers and Enablers to Safeward, Front Psychiatry, 2021
- Safewards-Website, zuletzt abgerufen am 22.10.2025
- Bowers, Safewards: a new model of conflict and containment on psychiatric wards, J Psychiatr Ment Health Nurs, 2014
- Finch et al., A Systematic Review of the Effectiveness of Safewards: Has Enthusiasm Exceeded Evidence?, Issues in Mental Health Nursing, 2021