SIR-Modell
Definition
Das SIR-Modell beschreibt in der mathematischen Epidemiologie die Entwicklung von Infektionskrankheiten in der Bevölkerung. Es beruht auf einem compartment-analytischen Modell, das die Population in verschiedene Untergruppen einteilt.
Voraussetzungen
Das SIR-Modell ist eine Erweiterung des SI-Modells. Es kann für Krankheiten verwendet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Jedes Individuum kann nur einmal infiziert werden und wird danach immun oder stirbt.
- Infizierte sind sofort ansteckend.
- Gesunde erkranken mit der linearen Rate β.
- Infizierte genesen mit der linearen Rate γ.
- Jede Gruppe interagiert miteinander mit derselben Wahrscheinlichkeit.
Kompartimente
Das SIR-Modell unterscheidet zwischen drei Gruppen:
- Als Gruppe "S" ("susceptible individuals") werden die nicht-infizierten, empfindlichen Personen zusammengefasst.
- Die Gruppe "I" ("infectious individuals") bezeichnet die Gruppe der Infizierten.
- Die Gruppe "R" ("removed individuals"): Personen, die nicht mehr infiziert werden können (immun oder verstorben)
- Die Gesamtpopulation wird mit "N" bezeichnet: N = S(t) + I(t) + R(t)
- S(t), I(t) oder R(t) steht für die jeweilige Poolgröße zum Zeitpunkt "t", z.B. I(0) für die Infizierten zu Beginn der Epidemie.
- Der Indexpatient wird also als I(0) = 1 definiert.
Berechnungen
Als µ wird die allgemeine Sterberate pro Person einer Population und als ν die Geburtsrate pro Person einer Population bezeichnet.
- ΔS/Δt = νN - β (SI/N) - γS
- ΔI/Δt = β (SI/N) - γI - µI
- ΔR/Δt = γI - µR
Da β von der Wahrscheinlichkeit einer Infektionsübertragung bei Kontakt q und mit der Kontaktrate κ abhängt, gilt:
- β = q κ
Die Infektionsrate λ, also die Wahrscheinlichkeit pro Zeit, dass eine Gesunde Person infiziert wird, ist:
- λ = β I/N
- Also werden λS Personen pro Zeiteinheit infiziert.
Wenn die Geburts- und Sterberaten konstant sind (µ = ν = 0) ergeben sich folgende Gleichungen:
- ΔS/Δt = - β SI/N
- ΔI/Δt = β (SI/N) - γI
- ΔR/Δt = γI
Basisreproduktionszahl
Eine entscheidende Größe für den Verlauf der Erkrankung ist die Basisreproduktionszahl:
- R0 = β / γ
Sie gibt an, wie viele weitere Infizierte eine infizierte Person am Anfang der Epidemie (also wenn kein Mitglied der Population immun ist) verursacht. Sobald S den Wert von δ = N/R0 unterschreitet, nimmt das Wachstum der Infizierten ab (Abflauen der Epidemie). Der Wert δ ist bei einer R0 von 2 ungefähr bei der Hälfte, bei R0 von 3 bei zwei Drittel der Bevölkerung erreicht.
Anwendung
SIR-Modelle lassen sich gut für die Modellierung von Erkrankungen anwenden, bei denen im Laufe der Infektion eine Immunität erreicht wird, was z.B. für viele Virusinfekte gilt.
Mit Hilfe des SIR-Modells lässt sich auch vorhersagen, ob eine Infektionserkrankung voraussichtlich in einer Epidemie münden wird.
Varianten
- SI-Modell: Ansteckung ohne Gesundung
- SIS-Modell: Ausbreitung ohne Immunitätsbildung
- SEIR-Modell: Ausbreitung mit Immunitätsbildung, Infizierte sind nicht sofort infektiös
- SIRD-Modell: berücksichtigt die immunen und die verstorbenen Personen in zwei separaten Gruppen
Literatur
- Robeva RS et al. An Invitation to Biomathematics, Academic Press, Burlington, MA, San Diego, CA, 2008, ISBN 9780120887712
- Bazett T. The MATH of Epidemics, Intro to the SIR Model, Video, 11. März 2020.
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