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SIR-Modell

1. Definition

Das SIR-Modell beschreibt in der mathematischen Epidemiologie die Entwicklung von Infektionskrankheiten in der Bevölkerung. Es beruht auf einem compartment-analytischen Modell, das die Population in verschiedene Untergruppen einteilt.

2. Voraussetzungen

Das SIR-Modell ist eine Erweiterung des SI-Modells. Es kann für Krankheiten verwendet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Jedes Individuum kann nur einmal infiziert werden und wird danach immun oder stirbt.
  • Infizierte sind sofort ansteckend.
  • Gesunde erkranken mit der linearen Rate β.
  • Infizierte genesen mit der linearen Rate γ.
  • Jede Gruppe interagiert miteinander mit derselben Wahrscheinlichkeit.

3. Kompartimente

Das SIR-Modell unterscheidet zwischen drei Gruppen:

  • Als Gruppe "S" ("susceptible individuals") werden die nicht-infizierten, empfindlichen Personen zusammengefasst.
  • Die Gruppe "I" ("infectious individuals") bezeichnet die Gruppe der Infizierten.
  • Die Gruppe "R" ("removed individuals"): Personen, die nicht mehr infiziert werden können (immun oder verstorben)
  • Die Gesamtpopulation wird mit "N" bezeichnet: N = S(t) + I(t) + R(t)
  • S(t), I(t) oder R(t) steht für die jeweilige Poolgröße zum Zeitpunkt "t", z.B. I(0) für die Infizierten zu Beginn der Epidemie.
  • Der Indexpatient wird also als I(0) = 1 definiert.

4. Berechnungen

Als µ wird die allgemeine Sterberate pro Person einer Population und als ν die Geburtsrate pro Person einer Population bezeichnet.

  • ΔS/Δt = νN - β (SI/N) - γS
  • ΔI/Δt = β (SI/N) - γI - µI
  • ΔR/Δt = γI - µR

Da β von der Wahrscheinlichkeit einer Infektionsübertragung bei Kontakt q und mit der Kontaktrate κ abhängt, gilt:

  • β = q κ

Die Infektionsrate λ, also die Wahrscheinlichkeit pro Zeit, dass eine Gesunde Person infiziert wird, ist:

  • λ = β I/N
  • Also werden λS Personen pro Zeiteinheit infiziert.

Wenn die Geburts- und Sterberaten konstant sind (µ = ν = 0) ergeben sich folgende Gleichungen:

  • ΔS/Δt = - β SI/N
  • ΔI/Δt = β (SI/N) - γI
  • ΔR/Δt = γI

5. Basisreproduktionszahl

Eine entscheidende Größe für den Verlauf der Erkrankung ist die Basisreproduktionszahl:

  • R0 = β / γ

Sie gibt an, wie viele weitere Infizierte eine infizierte Person am Anfang der Epidemie (also wenn kein Mitglied der Population immun ist) verursacht. Sobald S den Wert von δ = N/R0 unterschreitet, nimmt das Wachstum der Infizierten ab (Abflauen der Epidemie). Der Wert δ ist bei einer R0 von 2 ungefähr bei der Hälfte, bei R0 von 3 bei zwei Drittel der Bevölkerung erreicht.

6. Anwendung

SIR-Modelle lassen sich gut für die Modellierung von Erkrankungen anwenden, bei denen im Laufe der Infektion eine Immunität erreicht wird, was z.B. für viele Virusinfekte gilt.

Mit Hilfe des SIR-Modells lässt sich auch vorhersagen, ob eine Infektionserkrankung voraussichtlich in einer Epidemie münden wird.

7. Varianten

  • SI-Modell: Ansteckung ohne Gesundung
  • SIS-Modell: Ausbreitung ohne Immunitätsbildung
  • SEIR-Modell: Ausbreitung mit Immunitätsbildung, Infizierte sind nicht sofort infektiös
  • SIRD-Modell: berücksichtigt die immunen und die verstorbenen Personen in zwei separaten Gruppen

8. Literatur

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16.08.2020, 18:50
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