Thermische Prüfung
Synonym: kalorische Prüfung
Englisch: caloric vestibular test
Definition
Bei der thermischen Prüfung wird der äußere Gehörgang mit kaltem und warmem Wasser gespült, um die periphere Erregbarkeit des Vestibularorgans zu untersuchen.
Physiologie
Die Spülung des äußeren Gehörgangs mit kaltem oder warmem Wasser führt bei vertikaler Lage des horizontalen Bogengangs über die Änderung des spezifischen Gewichts der Endolymphe zu einer Bewegung derselben mit Ausbuchtung der Cupula.
Eine Spülung mit kaltem Wasser führt zu einer ampullofugalen Strömung der Endolymphe mit utrikulofugaler Ausbuchtung der Cupula. Dies bewirkt eine Hyperpolarisation der Sinneszellen mit Abnahme der Frequenz der Nervenimpulse und Verminderung des Ruhetonus im Vestibulariszentrum auf der betroffenen Seite. Die Folge ist ein Nystagmus zur anderen Seite.
Eine Spülung mit warmem Wasser bewirkt eine ampullopetale Strömung der Endolymphe, eine utrikulopetale Ausbuchtung der Cupula, eine Depolarisation der Sinneszellen sowie eine erhöhte Frequenz der Nervenimpulse und eine Erhöhung des Ruhetonus im Vestibulariszentrum. Es tritt ein Nystagmus zur gleichen Seite auf.
Das bei der Spülung auftretende Drehgefühl entspricht der Richtung des Nystagmus.
Durchführung
Um den horizontalen Bogengang in eine vertikale Lage zu bringen, muss der Kopf entweder im Sitzen um sechzig Grad zurückgebeugt oder im Liegen um 30 Grad vorgebeut werden.
Es erfolgt die Spülung mit warmem Wasser im rechten und linken Ohr, dann die Spülung mit kaltem Wasser. Vor der Spülung sollte eine Perforation des Trommelfells durch einen HNO-Arzt ausgeschlossen werden. Wenn das Trommelfell einen Defekt aufweist, kann die Überprüfung durch das Einlegen einer äthergetränkten Wattebausches, der Verdunstungskälte erzeugt, oder durch das Einblasen von kalter Luft in den Gehörgang erfolgen.
Die Änderung der Temperatur gelangt durch eine Wärmeleitung über die knöcherne Wand des Gehörgangs und über eine Wärmestrahlung über das Trommelfell ins Antrum mastoideum zum horizontalen Bogengang.
Der auftretende Nystagmus wird entweder mit der Elektronystagmographie registriert oder unter der Leuchtbrille beobachtet.
Methode nach Veits
Bei der Methode nach Veits werden zehn Milliliter Wasser mit einer Temperatur von 17 Grad Celsius und 47 Grad Celsius genutzt. Die Prüfung erfolgt im Sitzen.
Methode nach Hallpike
Bei der Methode nach Hallpike wird die Prüfung mit Wasser von 30 Grad Celsius und 44 Grad Celsius durchgeführt. Die Spülung dauert dreißig Sekunden und erfolgt im Liegen.
Bedeutung
Die Erregbarkeiten der Vestibularorgane im rechten und linken Ohr werden verglichen. Eine Unerregbarkeit liegt vor, wenn eine Spülung mit Wasser von 17 Grad Celsius nicht zu einem Nystagmus führt.
Das Überwiegen des Nystagmus nach einer Seite kann peripher verursacht sein, was z.B. bei peripherer Untererregbarkeit der anderen Seite der Fall ist, oder auch eine zentrale Ursache haben.