Hermaphroditismus verus
Englisch: true hermaphroditism
Definition
Unter dem Hermaphroditismus verus versteht man das gleichzeitige Vorhandensein von Ovar- und Hodengewebe, wobei diese entweder gemeinsam als Ovotestes oder getrennt vorliegen und Östrogene und Androgene produzieren.
Ätiopathogenese
Die Ursache des Hermaphroditismus verus ist noch nicht geklärt. Es wird vermutet, dass der Hermaphroditismus verus durch eine Transposition des HY-Antigen-Lokus vom Y-Chromosom auf ein anderes Chromosom hervorgerufen wird.
In den meisten Fällen findet man bei der Untersuchung der Chromosomen zwei X-Chromosomen, seltener einer XY-Konstitution oder ein XX/XY-Mosaik.
Klinik
Die Aktivität der Hormonproduktion in den Gonaden bestimmt die Ausprägung der Geschlechtsorgane in weibliche (häufiger) oder männliche Richtung. Am häufigsten wird der Typ II nach Prader beobachtet. Patienten, die von einem Hermaproditismus verus betroffen sind, sind in der Regel steril.
Diagnostik
Zur Diagnose führen die Klinik, der histologische Nachweis von Ovar- und Hodengewebe sowie zytogenetische Untersuchungen.
Therapie
Die Therapie besteht in der Betonung der vorherrschenden Geschlechtsform durch operative, psychologische und hormonelle Maßnahmen. Dabei werden das unerwünschte Gonadenengewebe entfernt und Östrogene und Gestagene bzw. Testosteron substituiert.
Früher wurde häufig bereits im Säuglingsalter eine operative Genitalangleichung vollzogen, die bei Betroffenen häufig nachträglich zu psychischen Erkrankungen führte. Heute (2017) überlässt man den Patienten im entscheidungsfähigen Alter die Wahl, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen und ob eine Operation durchgeführt werden soll. Seit dem 1. November 2013 ist es möglich, die Geschlechtsangabe im Geburtseintrag offen zu lassen.