Gitterzelle
Synonym: Rasterzelle
Englisch: grid cell
Definition
Gitterzellen sind spezialisierte Nervenzellen, die zu den Ortungszellen gehören und somit der räumlichen Orientierung dienen. Sie sind im entorhinalen Cortex (EC) lokalisiert und Teil des hippocampal-entorhinalen Kreislaufs.
Hintergrund
Die neuronale Abbildung des Raumes um ein Lebewesen herum ist komplex und beinhaltet mehrere Zelltypen im hippocampal-entorhinalen Kreislauf. Die neuronale Basis für die räumliche Wahrnehmung und Erinnerung bilden die Gitterzellen im entorhinalen Cortex. Sie bilden die wahrgenommene und bekannte Umgebung als Raster aus hexagonalen Strukturen ab. Die Gitterzellen kommunizieren mit Ortszellen im Hippocampus, die einen bestimmten Punkt im Raum kodieren. Weitere Zelltypen, die eine wichtige Rolle spielen, sind Kopfrichtungszellen oder Grenzzellen.
Gitterzellen wurden bisher (2023) in zahlreichen Säugetieren nachgewiesen, mitunter bei Ratten, Mäusen und Menschen.
Prinzip
Gitterzellen bilden punktuelle hexagonale Gitter aus, welche die Umwelt abbilden und Informationen über die Lokalisation und Bewegung innerhalb des Rasters kodieren. Wenn ein Lebewesen sich an einem Knotenpunkt dieses Rasters befindet oder sich entlang der Kanten des Gitters bewegt, werden die jeweiligen Gitterzellen aktiviert.
Die Distanz zwischen zwei Knotenpunkten dieses Rasters entspricht bei Ratten beispielsweise einer reellen Distanz von 40 bis 50 cm. Die Größe der Gitter-Waben ist im ventralen medialen entorhinalen Cortex größer als im dorsalen Teil.
Die Aktivität von einzelnen Gitterzellen kann bei Ratten durch extrazellulär liegende Elektroden untersucht werden. Läuft eine Ratte frei im Raum umher, wird an den Gitterzellen besonders dann Aktivität messbar, wenn sie sich um eine Distanz von etwa 40 cm vom ursprünglichen Punkt in einem konstanten Winkel von 60° (bzw. 120°, 180°, 240°, 300°, 360°) fortbewegt. Dieselben Gitterzellen feuern erst dann wieder, wenn sich die Ratte erneut um etwa 40 cm vom jetzigen Punkt in einem konstanten Winkel fortbewegt hat. Verbindet man diese Punkte, so entstehen gleichseitige Dreiecke, die jeweils eine Kantenlänge von etwa 40 cm abbilden. Die Anordnung von sechs gleichseitigen Dreiecken zueinander bilden die namensgebenden hexagonalen Gitter. Die Aktivität der Gitterzellen ist nicht abhängig von visuellen Reizen, da die gleiche Aktivität bei Ratten auch im Dunklen beobachtet werden konnten.
Beispiel
Um sich das Prinzip zu veranschaulichen, kann man sich ein Fußballfeld vorstellen, auf dem ein Gitter aus Sechsecken aufgemalt ist. Wenn eine Ratte sich entlang der Gitterlinien bewegen würde, dann würde eine spezifische Gitterzelle jedes Mal dann feuern, wenn die Ratte den nächsten Knotenpunkt erreicht hat. Eine Ortszelle dagegen feuert nur dann, wenn ein spezieller Punkt auf dem Spielfeld (beispielsweise der Mittelpunkt) erreicht wird. Für jeden anderen Punkt sind andere Ortszellen zuständig.
Geschichte
Entdeckt wurden die Zellen von May-Britt Moser und Edvard I. Moser zusammen mit ihrer Forschungsgruppe im Jahr 2004. Für ihre Forschung im Bereich der Ortungszellen wurde ihnen gemeinsam mit John O´Keefe, der die Grundlage für die Entdeckung entwickelte, im Jahr 2014 der Nobelpreis in Physiologie oder Medizin verliehen.
Quellen
- Moser et al. Grid cells and cortical representation. Nature Reviews Neuroscience 15, 2014
- Moser et al., Place Cells, Grid Cells, and Memory. Cold Spring Harbor Perspectives in Biology, 2015
- Bernardet et al., A model for the neuronal substrate of dead reckoning and memory in arthropods: A comparative computational and behavioral study. Theory in Biosciences, 2008
- Bear et al. Neurowissenschaften, Springer Spektrum Berlin, 4. Auflage, 2018
- Doeller et al., Evidence for grid cells in a human memory network. Nature, 2010
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