Bezugspflege
Definition
Die Bezugspflege ist ein Pflegesystem, in der eine ganzheitliche und individuelle Pflege eines Pflegebedürftigen oder Patienten durch eine Bezugspflegekraft und ihre stellvertretenden Pflegekräfte durchgeführt wird.
Hintergrund
Bei der Bezugspflege ist jedem Pflegebedürftigem oder Patienten jeweils eine Bezugspflegeperson zugeteilt, die alle pflegerischen Tätigkeiten von der Aufnahme bis zur Entlassung oder dem Tod des zu Pflegenden durchführt. Im gesetzlichen Rahmen plant sie die Pflegeziele, legt die Pflegemaßnahmen fest und führt sie durch, evaluiert ihre Wirksamkeit und trägt für den gesamten Pflegeprozess die Verantwortung.
Ist die Bezugspflegeperson zeitweise aufgrund von Abwesenheit oder temporär auftretenden Einschränkungen nicht in der Lage, die pflegerischen Tätigkeiten durchzuführen, können sie durch eine andere Pflegeperson übernommen werden. Sie muss sich jedoch an die Pflegeplanung der Bezugspflegekraft halten. Auch kann die Bezugspflegekraft Maßnahmen delegieren und anderen Mitarbeitern gestatten, die von ihr entwickelte Pflegeplanung bzw. die veranlassten Pflegemaßnahmen zu ändern.
Eine spezielle Form der Bezugspflege stellt das Primary Nursing (engl. für Primärpflege) dar. Ein gegensätzlich orientiertes Pflegesystem ist die Funktionspflege.
Vorteile
- Der Pflegebedürftige oder Patient erhält eine individuelle und dadurch gut abgestimmte Pflege.
- Die einhergehende große Patientennähe schafft Vertrauen und ermöglicht bessere Kommunikation und Motivation. Der Pflegebedürftige oder Patient erhält während seines Aufenthaltes eine feste Bezugsperson.
- Das spezifische Wissen über den Pflegebedürftigen oder Patienten wird durch die Bezugspflegekraft gesammelt. Aufgrund der umfangreichen Informationen kann eine schnellere Problemlösung erreicht werden.
- Der Bezugspflegekraft hat eine hohe Eigenverantwortung und verfügt über einen Gestaltungsspielraum.
- Alle Abläufe und Handlungen können von der Bezugspflegekraft sinnvoll nachverfolgt und umgesetzt werden. Die Pflege kann als Ganzes betrachtet werden.
- Die enge Beziehung zwischen Pflegekraft und Gepflegtem führt zu einer höheren Zufriedenheit beider Seiten.
Nachteile
- Die Pflegekraft verliert möglicherweise die professionelle Distanz zum Pflegebedürftigen. Patienten und Pfleger können aufgrund der engen Beziehung emotional angreifbar werden.
- Die Bezugspflegeperson ist aufgrund der hohen Verantwortung einer Stressbelastung ausgesetzt.
- Aufgrund von hohen Kosten und hohem Personalbedarf ist Bezugspflege unter Kostendruck nur schwer zu etablieren.
- Bei Konflikten zwischen Pflegekraft und zu Pflegenden herrschen kaum Ausweichmöglichkeiten.
Literatur
- Susanne Schewior-Popp, Franz Sitzmann, Lothar Ullrich: Thiemes Pflege: Das Lehrbuch für Pflegende in der Ausbildung. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 9783131475527
- Hans-Joachim Schlettig, Ursula von der Heide: Bezugspflege. Springer Verlag, Berlin, 2000, ISBN 3540639632