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Alfred Adler

1. Bedeutung

Alfred Adler (1870–1937) gehört neben Sigmund Freud und C.G. Jung zu den Vätern der tiefenpsychologischen Psychotherapie.

2. Lebenslauf

Alfred Adler wurde als zweites von 6 Kindern einer kleinbürgerlichen jüdischen Familie in Rudolfsheim einem Vorort von Wien geboren. Er war ein eher schwächliches, oft krankes Kind. Trotzdem hielt er sich oft mit anderen Kindern auf der "Gasse" auf. Später meinte er das Leben als Gassenjunge habe ihn, seine Psychologie und sein ganzes Leben positiv geprägt. Er liebte die Schule nicht und war nach Aussagen seiner Lehrer nur mäßig begabt. Trotzdem schaffte er den Übertritt ins Gymnasium. Hier besserten sich seine Leistungen.

Nach dem Abitur studierte er Medizin in Wien und promovierte 1895. Nach Tätigkeiten als Augenarzt und Allgemeinarzt wandte er sich zunehmend der Psychologie und Psychotherapie zu und machte eine Ausbildung zum Nervenarzt. 1902 schloss er sich einem Diskussionskreis von Sigmund Freud an. Adler wurde sicher von Freud beeinflusst, auch wenn er sich nie als dessen Schüler sah. 1911 kam es zum offiziellen Bruch mit Freud. Adler ging Wege abseits der klassichen Psychoanalyse, was aber durchaus fruchtbar war.

Politisch stand Adler der Sozialdemokratie nahe. Vom Bolschewismus hat er sich eher distanziert. Ähnlich wie es bei den Schülern Freuds Versuche gab, Kommunismus und Psychoanalyse zu verbinden (z.B. Wilhelm Reich u.a.), gab es auch Vertreter die einen radikalen Rätekommunismus mit der Indiviualpsychologie (z.B. Otto Rühle) verknüpfen wollten.

In den folgenden Jahren war Adler sowohl klinisch als auch wissenschaftlich tätig. Er wurde zum Direktor der Klinik für Kinderpsychologie und Professor am Pädagogischen Institut in Wien ernannt. Bereits Ende der zwanziger Jahre versucht Adler mit gutem Erfolg seine Theorien in den USA bekanntzumachen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte er mit seiner Familie endgültig in die USA. 1937 stirbt Adler auf einer Vortragsreise in Schottland. Seine Hauptwerke sind:

  • 1907: Studie über die Minderwertigkeit von Organen
  • 1908: Der Aggressionstrieb im Leben und in der Neurose
  • 1912: Über den nervösen Charakter
  • 1914: Heilen und Bilden
  • 1920: Praxis und Theorie der Indiviualpsychologie,
  • 1927: Menschenkenntnis
  • 1933: Der Sinn des Lebens.

3. Lehre

Während bei Freud die Sexualität die zentrale Rolle in seinem Lehrgebäude spielte, kommt sie bei Adler nur am Rande vor. Wesentliche Positionen von Adler sind:

3.1. Indiviualpsychologie

Anders als der übliche Sprachgebrauch war für Adler die Individualpsychologie nicht auf ein Indiviuum begrenzt. Adler nahm die ursprüngliche lateinische Bedeutung "individuum – das Ungeteilte" als Vorbild. Er wollte nicht einzelne Bereiche einer Person, sondern den Menschen als Ganzes behandeln.

3.2. Organminderwertigkeit

Adler untersuchte zuerst die Auswirkungen von Organschäden (z.B. Sehstörungen, Taubheit, Verlust von Extremitäten etc.) und ihre Auswirkungen auf die Psyche. Er erkannte aber, dass viele Menschen mit Organdefiziten durchaus zumindest teilweise durch psychische Faktoren dies kompensieren können. So waren z.B. die bekanntesten Redner der Antike – Demosthenes und Cicero – Stotterer.

3.3. Minderwertigkeitsgefühl

Adler war der erste, der sich psychologisch mit dem Begriff der Minderwertigkeit intensiv auseinandersetzte. Letzlich stehen alle späteren Theoretiker, die sich mit der Selbstwertproblematik befassen, in der Schuld Adlers. Adler unterscheidet zwischen einem normalen und einem abnormalen Minderwertigkeitsgefühl. Das normale Minderwertigkeitsgefühl ist universell. Adler: "Mensch sein heißt: sich minderwertig fühlen." Es kommt darauf an, wie der Mensch diese Minderwertikeitsgefühle bewältigt. Das abnorme Minderwertigkeitsgefühl geht von der Vorstellung aus, dass eine Minderwertigkeit vorliegt, aber nicht überwunden werden kann. Dies führt zur Entmutigung und psychischen Störungen.

3.4. Geschwisterkonstellation

Im Gegensatz zu Freud, der sich hauptsächlich mit der Beziehung Eltern - Kind beschäftigte, stellte Adler die Beziehung der Kinder untereinader in den Fokus. Er konnte sehr gut aus dem späteren Verhalten auf die Stellung in der Geschwisterreihe schließen.

3.5. Kindererziehung

Adler setzt sich von der klassischen autoritären Erziehung ab, er will das Vertrauen des Kindes in seine eigene Kraft stärken. Andrerseits lehnt er einen verwöhnenden Erziehungsstil ab. Ein zentraler Begriff Adlers war das Gemeinschaftsgefühl, das er aber nie abschließend definierte. Es drückte aber eine gewisse Verbundenheit mit allen anderen Menschen aus.

3.6. Aggressivität

Aggression hatte für Adler ebenfalls eine doppelte Bedeutung. Er nahm wieder auf den ursprüngliche Bedeutung von Aggression (lateinisch: aggredi - an eine Sache herangehen) Bezug. Aggression hat also ein positive Bedeutung - als freudiges Herangehen an die Umwelt. Sie kann aber auch einen negativen Kontext haben - als bösartigen Angriff auf einen anderen.

3.7. Sozialmedizin

Mit der Sozialmedizin beschäftigte sich Adler am Anfang seiner Tätigkeit. Sein Arbeit über die soziale Lage der kleinen Schneider, war kein großer Erfolg, zeigte aber bereits seine grundsätzliche soaziale Einstellung zu den ärmeren Schichten.

3.8. Weitere Bereiche

Finalität und Kausalität, männlicher Protest, die Rolle der Sexualität in der Neurose etc.

4. Stellung in der Psychotherapie

Adler war unermüdlich aktiv, seine Theorien zu verbreiten. Nach anfänglichen Erfolgen trat seine Lehre wieder in der Hintergrund. Selbst in Amerika wurden die Adlerianer nach dem 2. Weltkrieg rasch von den Freudianern in den Hintergrund gedrängt. Trotzdem spielen Adlers Theorien immer noch eine Rolle. Es gibt eigene Alfred-Adler-Institute , die für die Ausbildung zum Psychotherapeuten zugelassen sind. Seine Theorien haben verschiedene andere Schulen beeinflusst - auch innerhalb der Psychoanalyse.

An Kritik an Adler hat es nie gemangelt (z.B. Freud und seine Schule, M. Sperber, K. Popper und andere). Der Kern der Adler'schen Lehre ist aber weiter von wesentlicher Bedeutung für jede humane Psychotherapie.

Stichworte: Person, Vita
Fachgebiete: Psychiatrie, Psychologie

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