Schweizer-Käse-Modell
Englisch: swiss cheese model
Definition
Das Schweizer-Käse-Modell ist ein theoretisches Modell zur Analyse und Erklärung menschlicher Fehler in komplexen Systemen, das vom britischen Psychologen James Reason entwickelt wurde. In der Medizin spielt es eine Rolle für die Patientensicherheit, z.B. bei der Vermeidung von Medikationsfehlern.
Aufbau des Modells
Das Modell setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:
- Gefahrenquelle: Ausgangspunkt des potenziellen Schadens
- Sicherheitsbarrieren: Maßnahmen oder Prozesse zur Fehlervermeidung (z.B. Checklisten, Schulungen, Technik)
- Löcher in den Barrieren: Schwächen in den Schutzmaßnahmen, verursacht durch unterschiedliche Faktoren
- Unerwünschtes Ereignis: Tritt ein, wenn alle Schwächen durchschlagen und eine Gefahr nicht abgewehrt werden kann
Fehlerquellen
Die "Löcher" in den Barrieren entstehen beispielsweise durch:
- psychologische Faktoren (z. B. Übermüdung, Stress)
- latente Fehler (z.B. unzureichende Organisation, mangelhafte Ausbildung)
- aktive Fehler (z.B. Verwechslung von Medikamenten durch eine Pflegekraft)
- lokale Auslöser/atypische Bedingungen (z.B. hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck)
Das Modell und die Fehlerquellen sind dynamisch, Löcher können sich über die Zeit öffnen, schließen oder verschieben.
Anwendung im medizinischen Kontext
Im Gesundheitswesen wird das Modell häufig verwendet, um Medikationsfehler zu analysieren und zu verhindern. Ein klassisches Beispiel ist die Verwechslung von ähnlich aussehenden oder ähnlich benannten Medikamenten, sogenannter LASA-Präparate ("look-alike, sound-alike").
Medikationsfehler sind meist multifaktoriell bedingt – sie entstehen also selten durch einen einzelnen Fehler, sondern durch eine Verkettung unglücklicher Umstände, wie etwa:
- mangelhafte Etikettierung
- unübersichtliche Lagerung
- Kommunikationsfehler
- unzureichende Kenntnisse oder Schulungen
Das Schweizer-Käse-Modell verdeutlicht, dass solche Fehler oft durch mehrere unsichtbare Systemschwächen entstehen, bevor sie zu einem sichtbaren Ereignis führen.
Bedeutung für die Patientensicherheit
Das Schweizer-Käse-Modell hat sich als hilfreiches Werkzeug in der Fehlerprävention und Risikoanalyse etabliert. Es fördert eine systemische Sichtweise auf Fehler und unterstützt den Aufbau von Redundanzen und mehrfachen Schutzebenen, etwa durch:
- klare Protokolle
- Doppelte Kontrolle bei Hochrisikomedikamenten
- Technische Hilfsmittel (z.B. Barcode-Scanning)
- Sicherheitskultur und Fehlerberichterstattung
Quellen
- bundesaerztekammer.de - Medikationsfehler und das „Schweizer Käse“-Modell: schwerwiegende Verwechslung, abgerufen am 13.04.2025
- Wikipedia - Schweizer-Käse-Modell, abgerufen am 13.04.2025