Provokationsnystagmus
Definition
Unter einem Provokationsnystagmus versteht man allgemein eine unwillkürliche, rhythmische Augenbewegung (Nystagmus), die, im Gegensatz zum Spontannystagmus, durch einen bestimmten Reiz ausgelöst wird. Im Gegensatz zum Spontannystagmus ist der Provokationsnystagmus häufig physiologisch.
Formen
Physiologischer Provokationsnystagmus
Dieser kann durch Bewegungen (des Probanden selbst oder der Umwelt) oder einen Temperaturreiz ausgelöst werden. Beides resultiert in einer Bewegung der Endolymphe des Gleichgewichtsorgans, wodurch die Zilien der Sinneszellen ausgelenkt werden – der adäquate Reiz der Sinneszellen des Vestibularapparates.
Auch der Temperaturreiz wird somit durch die resultierende Bewegung der Endolymphe vom Körper als Bewegung der Person bezüglich der Umwelt aufgefasst. Reflektorisch erfolgt daraufhin eine der Bewegungsrichtung entgegengesetzte Augenbewegung. Sie soll das Fixieren eines Gegenstandes trotz Bewegung ermöglichen.
Hinsichtlich des den Nystagmus auslösenden Reizes können verschiedene Formen des Provokationsnystagmus unterschieden werden:
Rotatorischer Nystagmus
Er wird durch die Bewegung des Probanden (zum Beispiel auf einem Drehstuhl oder bei Drehungen beim Tanz) in Bezug auf die Umwelt ausgelöst. Die Bewegung wird mit Hilfe des Gleichgewichtsorgans registriert: Zu Beginn der Bewegung bleibt die Endolymphe durch ihre Trägheit zunächst stehen, bewegt sich erst nach einiger Zeit in Richtung der Rotation mit. Wird die Umwelt als unbewegter Bezugspunkt angesehen, kann das Persistieren der Endolymphe als Bewegung entgegen der Rotationsrichtung aufgefasst werden.
Demnach werden die Zilien der Sinneszellen in die der Bewegung entgegengesetzte Richtung abgeknickt.
Daraufhin werden die Bulbi in die der Rotation entgegengesetzte Richtung ausgelenkt, woraufhin jeweils eine schnelle Rückstellbewegung folgt. Da der Nystagmus nach der schnellen Rückstellbewegung benannt wird, erfolgt der Nystagmus also in Richtung der Bewegung.
Da der rotatorische Nystagmus durch visuelle Fixation verhindert werden kann, schaltet der Arzt die visuelle Fixation mit Hilfe einer Frenzelbrille aus. Die Gläser vergrößern gleichzeitig die Augen, so dass der Beobachter den Nystagmus besser erkennen kann.
Postrotatorischer Nystagmus
Dieser tritt nach der eben beschriebenen Rotation auf. Grund ist wieder die Trägheit der Endolymphe: Wird die Bewegung plötzlich gestoppt, bewegt sich die Endolymphe noch eine gewisse Zeit in Richtung der zuvor durchgeführten Rotation weiter. Die Zilien der Sinneszellen werden dieses Mal also in Richtung der (vorherigen) Rotation abgeknickt. Die langsame Auslenkung der Bulbi erfolgt demnach in Richtung der Rotation, der Nystagmus also entgegen der Rotationsrichtung.
Optokinetischer Nystagmus
Der optokinetische Nystagmus wird auch "Eisenbahnnystagmus" genannt. Er wird im Gegensatz zu dem rotatorischen und postrotatorischen Nystagmus nicht durch die Bewegung der Person selbst ausgelöst, sondern durch die Bewegung der Umwelt in Bezug auf die (unbewegte) Person.
Sitzt die Person in der Eisenbahn und schaut auf die vorbeiziehende Landschaft, so bewegen sich die Augen in die der Bewegung des Zuges entgegengesetzte Richtung bis zur maximalen Auslenkung der Bulbi, woraufhin jedes mal die schnelle Rückstellbewegung erfolgt. Es kommt also zu einem Nystagmus.
Kalorischer Nystagmus
Bei dieser Form des Nystagmus wird ausgenutzt, dass sich der horizontale Bogengang des Vestibularapparates direkt hinter dem Gehörgang befindet. Wird der Gehörgang nun mit warmem Wasser gespült, so erwärmt sich auch die Endolymphe im Bogengang. Die erwärmte Endolymphe besitzt eine geringere Dichte und steigt nach oben. Die nachfolgende Endolymphe wird auch erwärmt und steigt nach oben, während die zuvor erwärmte langsam wieder abkühlt und dementsprechend absinkt. Somit kommt es durch die Spülung des Gehörgangs mit warmem Wasser zu einer Rotation der Endolymphe im Bogengang – von dem Körper als Bewegung der betreffenden Person oder der Umwelt gewertet. Bei einer Spülung mit warmem Wasser resultiert ein Nystagmus zur gespülten Seite hin, bei der Spülung mit kaltem Wasser laufen die Prozesse umgekehrt ab. Hier erfolgt ein Nystagmus von der gespülten Seite weg.
Pathologischer Spontannystagmus
Besonders wenn die Schädigung, durch die der Nystagmus ursprünglich hervorgerufen wurde, schon länger zurückliegt, kann der Nystagmus auch wieder abklingen. Häufig kann er dann jedoch durch spezielle Provokation wieder hervorgerufen werden. Möglich ist dies zum Beispiel durch Kopfschütteln oder schnelle Lagerungswechsel. In diesen Fällen ist der Nystagmus nicht physiologisch.
Bewertung
Wie der Spontannystagmus kann auch der Provokationsnystagmus zur Überprüfung der Komponenten des Gleichgewichtssystems genutzt werden. Bei den pathologischen Nystagmusformen weist wie beim Spontannystagmus der Nystagmus auf eine Schädigung hin.
Bei den physiologischen Formen hingegen ist das Ausbleiben des Nystagmus nach erfolgter Provokation oder eine Seitendifferenz der Augen pathologisch.
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