Legasthenie
Synonyme: LRS, Lese- und Rechtschreibstörung, Dyslexie
Englisch: dyslexia
Definition
Die Legasthenie ist eine umschriebene Entwicklungsstörung, bei der es zu erheblichen und anhaltenden Schwierigkeiten beim Lernen von Lesen und Schreiben kommt. Die Störung tritt trotz altersgemäßer Intelligenz ausreichender Beschulung und normaler Sinneswahrnehmung auf. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen.
ICD-10-Code
- F81.0 Lese- und Rechtschreibstörung
Abgrenzung
Die Legasthenie wird diagnostisch von der Lese-Rechtschreib-Schwäche abgegrenzt, bei der nur vorübergehende oder umfeldbedingte Probleme im Schriftspracherwerb auftreten.
Ätiologie
Die Ursachen für die Entstehung einer Legasthenie sind nicht geklärt. Man vermutet aufgrund der familiären Häufung einen genetischen Hintergrund. Im Zusammenwirken mit psychosozialen und/oder neurologischen Faktoren wird letztlich die richtige Ausbildung des Sprachzentrums behindert. Wahrscheinlich liegen Veränderungen in der phonologischen Verarbeitung vor, insbesondere in der linken Hemisphäre.
Ungünstige Lese- und Lernumgebungen können zusätzliche Risikofaktoren sein, sind aber keine alleinige Ursache.
Symptomatik
Legasthenie wird größtenteils erstmals im Schulkindalter beobachtet. Der Schweregrad ist aufgrund der unterschiedlichen einflussnehmenden Faktoren individuell. Das betroffene Kind kann nicht mit den Mitschülern mithalten. Es kommt zu Verzögerungen beim Lesen und Erkennen von Buchstaben bzw. Wörtern, sowie zum Auslassen oder Falschschreiben von Begriffen und Satzteilen.
Lesen
- langsames, stockendes Lesen
- Schwierigkeiten beim Erkennen von Buchstabenfolgen und Wörtern
- eingeschränktes Leseverständnis
Schreiben
- auffällige Rechtschreibfehler (z.B. Lautvertauschungen, Auslassungen, Buchstabenumstellungen)
- fehlerhafte Anwendung von Grammatik- und Rechtschreibregeln
- geringe Schreibflüssigkeit
- Probleme beim Niederschreiben gehörter Wörter
Diagnose
Durch verschiedene Testverfahren und genaue Beobachtung des Kindes kann ein Logopäde, Pädiater oder Psychiater eine Legasthenie diagnostizieren. Dabei ist es entscheidend, andere Faktoren auszuschließen, z.B. Hörstörungen, mangelnde Beschulung oder eine allgemeine Intelligenzminderung.
Die Testergebnisse werden mit altersbezogenen Normwerten abgeglichen.
Folgen
Durch die Legasthenie kommt es zu einer signifikanten Beeinträchtigung schulischer Leistungen. Häufig treten sekundäre emotionale Folgen wie Schulangst, Frustration oder geringes Selbstwertgefühl auf. Eine frühe Diagnose und gezielte Förderung sind entscheidend, um langfristige Einschränkungen zu vermeiden.
Therapie
Zusätzliches Üben hilft in der Regel nicht weiter. Deshalb sollte ein Kinderpsychologe im Rahmen eines Gesprächs nicht nur die Eltern dazu bewegen, das Kind stets zu motivieren, sondern auch das Kind selbst ermuntern, weiter am Schulleben teilzunehmen. Mögliche therapeutische Ansätze sind:
- Individuelle Lese- und Rechtschreibförderung, die meist phonologische und orthografische Ebenen behandelt
- Einsatz von evidenzbasierten Förderprogrammen
- Multimodale Ansätze: visuelle, auditive und motorische Lernzugänge
Als begleitende Maßnahmen kommen Nachteilsausgleich und schulische Unterstützung in Frage.
Literatur
- Klicpera, C., Schabmann, A., Gasteiger-Klicpera, B., & Schmidt, B. (2017). Legasthenie-LRS: Modelle, Diagnose, Therapie und Förderung (Vol. 2472). utb.
- Mayer, A. (2021). Lese-Rechtschreibstörungen (LRS). UTB.
- Schulte-Körne, G., & Galuschka, K. (2019). Lese-/Rechtschreibstörung (LRS) (Vol. 26). Hogrefe Verlag GmbH & Company KG.