Jejunoileum (Geflügel)
Terminologie
Beim Geflügel gibt es keine morphologische Rechtfertigung, den distalen Abschnitt des Dünndarms in ein Jejunum und Ileum zu unterteilen. Obwohl einige deutsche Lehrbücher die Auffassung vertreten, dass der von beiden Blinddärmen (Caeca) flankierte und mit diesen durch die Ligamenta ileocaecalia verbundene Dünndarmabschnitt als Ileum anzusehen ist, muss bei heutigem (2021) Wissensstand Abstand von dieser Meinung genommen werden.
Die Nomina Anatomica Avium (NAA) sehen das Meckel'sche Divertikel (Diverticulum vitellinum) als brauchbaren Orientierungspunkt, um Jejunum und Ileum zum Zweck der morphologischen Beschreibung zu trennen.
Anatomie
Das Jejunoileum geht an der Flexura duodenojejunalis aus dem Duodenum hervor und verbindet dieses mit dem Dickdarm. Es ist bei den verschiedenen Vogelarten in sehr variabler Weise in Schlingen gelegt. Um eine Vereinfachung der anatomischen Gegebenheiten zu ermöglichen, wird im Folgenden ein Grundschema beschrieben, das Ausgang für die unterschiedlichen Variationen dient.
Die mittelste Schlinge trägt auf ihrem Scheitel das Meckel'sche Divertikel, sodass in der Achse dieser Schlinge die geradlinige Fortsetzung der Arteria mesenterica cranialis liegt. Aufgrund der Lagebeziehungen wird diese Schlinge auch als Ansa axialis bezeichnet. Alle Schlingen, die proximal von der Ansa axialis liegen, werden als Ansae jejunales bezeichnet. Diese schließen an die Ansa duodenalis (Duodenalschlinge) an. Alle Schlingen, die distal der Ansa axialis liegen, heißen Ansae ileales. Der letzte Schlingenanteil wird auch aufgrund seiner Lage dorsal des Duodenums als Ansa supraduodenalis (Supraduodenalschlinge) bezeichnet.
Anzumerken ist, dass die Schlingen des Jejunoileums äußerst variabel angelegt sind. Anhand ihrer Anordnung können sie in drei Grundtypen unterteilt werden:
- Beim orthocoelen Typ liegen die (4 bis 7) Mitteldarmschlingen in der Längsrichtung des Tierkörpers (z.B. Trappen, Rallen, Reiher).
- Beim cyclocoelen Typ ist eine doppelläufige Mitteldarmspirale ausgebildet (z.B. Greifvögel, Möven, Singvögel).
- Beim plagiocoelen Typ können einer größeren Mittelschlinge mehrere Sekundärschlingen zugeordnet werden (z.B. Flachbrustvögel, Eulen).
Variationen
Von diesem Grundschema ausgehend gibt es eine Reihe von Spezialisierungen. Der Dünndarm von Gans und Ente entspricht am nächsten dem Grundschema. Bei der Ente ist er in 5 bis 8, bei der Gans auch in eine größere oder kleinere Anzahl von Schlingen gelegt. Diese sind bei unterschiedlicher Länge alle an der Radix mesenterii (Gekrösewurzel) befestigt. Sie liegen parallel zueinander sowie zur Duodenalschlinge in Richtung der Körperachse. Die längste Schlinge stellt die Ansa axialis dar, die links und dorsal liegt und bei 80 % der Enten sowie 90 % der Gänse das Meckel'sche Divertikel aufweist. Die Ansa supraduodenalis befindet sich rechts oberhalb der Ansa duodenalis.
Das Jejunoileum des Huhnes liegt girlandenartig aufgehängt am Rande einer mehr als halbrunden Gekröseplatte. Es besteht aus rund 11 äußeren und 10 inneren Einzelbögen, die etwa auf halber Länge einen Außenbogen aufweisen, der als Ansa axialis bezeichnet werden kann. In diesem Bereich ist bei rund 60 % der ausgewachsenen Hühner das Meckel'sche Divertikel ausgebildet. Die einzelnen Bögen können nur bedingt den Ansae jejunales sowie Ansae ileales gleichgesetzt werden. Ebenso fehlt eine Ansa supraduodenalis.
Physiologie
Im Jejunoileum finden die Verdauungsprozesse unter der Beteiligung des Pankreassekrets statt. Aufgrund der resorptiven Funktion stellt das Jejunoileum der längste Darmabschnitt beim Geflügel dar.
Literatur
- Nickel, Richard, August Schummer, Eugen Seiferle. Band V: Geflügel. Parey, 2004.