Giftinformationszentrum
Synonyme: "Giftnotruf", Giftnotrufzentrale, Informationszentrum für Vergiftungen, Vergiftungsinformationszentrale, VIZ
Englisch: poison information centre, PIC, poison control center, PCC
Definition
Ein Giftinformationszentrum, kurz GIZ, ist eine medizinische Einrichtung, die bei Vergiftungen kontaktiert werden kann. Sie erteilt bei akuten und chronischen Vergiftungen und Verdachtsfällen telefonische Auskünfte und gibt diagnostische und therapeutische Empfehlungen. Die Beratung erfolgt für Angehörige von Heilberufen, für Laien und für Institutionen, die mit toxikologischen Fragen befasst sind.
Hintergrund
Gemäß § 16e (3) des Chemikaliengesetzes (ChemG) sind von den Ländern medizinische Einrichtungen zu bezeichnen, die Erkenntnisse über die gesundheitlichen Auswirkungen gefährlicher Stoffe oder gefährlicher Gemische sammeln und auswerten und bei stoffbezogenen Erkrankungen durch Beratung Hilfe leisten (Informationszentren für Vergiftungen). Die Informationszentren für Vergiftungen berichten dem Bundesinstitut für Risikobewertung.[1][2]
Geschichte
Anfang der 1950er Jahre erkannten Kinderärzte in den USA, dass Vergiftungen eine häufige Ursache von Unfällen bei Kindern sind; damals verstarben jährlich ca. 400 - 500 Kleinkinder vor allem durch Vergiftungen mit freiverkäuflichem Aspirin® (Acetylsalicylsäure). 1953 wurde das erste Poison Center in Chicago gegründet, kindersichere Verpackungen eingeführt und landesweite Aufklärungskampagnen durchgeführt.[3] In Europa wurden die ersten Giftinformationszentren erst Anfang der 1960er Jahre gegründet (1959 – Paris; 1963 – Berlin und Leipzig; 1964 – Brüssel; 1961 – Helsinki, Lyon und Oslo; 1966 – Zürich).[1][4]
Liste der Giftinformationszentren
- Der allgemeine Notruf 112 sollte nur bei vitaler Bedrohung benutzt werden, z.B. Atemstillstand, Schock (Pulslosigkeit, keine Herzaktion), Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle, starke Schmerzen, starke Blutungen.
- ACHTUNG! Es gibt keine bundeseinheitliche kostenfreie Nummer; stets Ortsvorwahl beachten!
Links zuletzt abgerufen am 17.08.2024
Ort | Einrichtung | Bundesländer | Erreichbarkeit |
---|---|---|---|
Berlin | Giftnotruf der Charité | Berlin, Brandenburg | +49 30 19240 |
Bonn | Informationszentrale gegen Vergiftungen | Nordrhein-Westfalen | +49 228 19240 |
Erfurt | GGIZ Giftnotruf Erfurt | Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen | +49 361 730730 |
Freiburg i.Br. | Vergiftungs-Informations-Zentrale | Baden-Württemberg | +49 761 19240 |
Göttingen | Giftinformationszentrum-Nord | Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein | +49 551 19240 |
Mainz | Giftnotruf Mainz | Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland | +49 6131 19240 |
München | Giftnotruf | Bayern | +49 89 19240 |
Wien | Vergiftungsinformationszentrale | Österreich | +43 1 4064343 |
Zürich | Tox Info Suisse | Schweiz | +41 44 2515151 |
WHO | Map of poisons control centers | Weltweit |
Notwendige Angaben im Notfall
Der Giftnotruf benötigt folgende Angaben:
Wer | Alter, Geschlecht, Körpergewicht; Telefonnummer |
---|---|
Womit (Noxe) | Arzneimittel, Haushaltsprodukt, Chemikalie, Pflanze, Pilze, Tier, Lebensmittel, Drogen; möglichst genaue Bezeichnung von der Verpackung ablesen |
Wieviel (Dosis) | Anzahl der Tabletten, Dragees, Tropfen; andere Mengenangaben (z.B. ein Blatt) |
Wann (Zeit) | Zeitpunkt der Einnahme oder Einwirkung; Dauer der Einwirkung |
Welche (Symptome) | Krankheitserscheinungen; Zustand des Betroffenen (Atmung, Kreislauf, Bewusstseinslage); Ausmaß der Schädigung |
Was (Maßnahmen) | Was wurde bereits unternommen? |
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Hahn A, Begemann K. Giftinformationszentren in Deutschland – Historie, Arbeitsweise und Bedeutung. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2019 Nov;62(11):1304-1312.
- ↑ Desel H. Vergiftungsdokumentation und ‑berichterstattung in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2019 Nov;62(11):1287-1294.
- ↑ Burda AM, Burda NM. The nation's first poison control center: taking a stand against accidental childhood poisoning in Chicago. Vet Hum Toxicol. 1997 Apr;39(2):115-9.
- ↑ Persson H. European Association of Poison Centres and Clinical Toxicologists. J Toxicol Clin Toxicol. 1992;30(2):v-vii.
Literatur
- Heinemeyer G. Der Vergiftungs- und Drogennotfall. 3. Aufl., Berlin ; Wiesbaden : Ullstein Mosby 1997
- Heinemeyer G, Fabricius W, Kayser D. Giftinformation in der Bundesrepublik Deutschland : kritische Bestandsaufnahme. München : MMV, Medizin-Verl. 1991
- Mühlendahl KE von (Hrsg.) Vergiftungen im Kindesalter. 4. Aufl., Stuttgart ; New York : Thieme 2007
- Schäfer C, Marschall-Kunz B. Gifte und Vergiftungen. 2. Aufl., Stuttgart : Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2014