False-Memory-Syndrom
Englisch: false memory syndrome
Definition
Das False-Memory-Syndrom beschreibt ein Phänomen, bei dem Menschen falsche, aber lebhafte Erinnerungen an (meist sexuelle) Traumata entwickeln, die jedoch nicht stattgefunden haben.
Hintergrund
Die Psychotherapeutin Elisabeth Loftus konnte in mehreren Studien nachweisen, dass es möglich ist, falsche Erinnerungen zu erzeugen. So erinnerten beispielsweise Probanden, denen (nicht wahrheitsgemäß) erzählt wurde, dass sie in ihrer Kindheit in einem Shopping-Center verloren gegangen seien, bei wiederholter Befragung zusätzliche Details, die ihnen nicht erzählt wurden. Diese falschen Erinnerungen wurden in der Folge zudem verteidigt, selbst nachdem den Probanden mitgeteilt wurde, dass sie nicht wahr seien.[1][2]
Allgemein zeigen Studien, dass es unwahrscheinlich ist, dass ein Trauma vollständig vergessen wird, wenn dieses nach dem 5. Lebensjahr stattgefunden hat.
Das False-Memory-Syndrom hat in den vergangenen Jahren viel mediale Aufmerksamkeit erhalten und teils Zweifel an bestimmten psychotherapeutischen Methoden aufkommen lassen.
Ätiologie
Die genaue Ätiologie des False-Memory-Syndroms bisher (2024) ist nicht geklärt. Falsche Erinnerungen können z.B. durch den Einsatz von suggestiven Methoden, Hypnose oder Traumdeutung erzeugt werden.
Eine Therapiemethode, die besonders mit dem False-Memory-Syndrom in Verbindung gebracht wird, ist die sogenannte "recovered memory therapy".
Klinik
Betroffene Personen erinnern im Erwachsenenalter traumatisierende Ereignisse aus der eigenen Kindheit, die bis dahin nicht erinnert wurden und nicht stattgefunden haben. Gegenstand der falschen Erinnerungen ist häufig ein sexueller Missbrauch durch Familienmitglieder oder andere Erwachsene. Die Erinnerungen manifestieren sich oft im Rahmen einer Psychotherapie und führen dann zu falschen Vorwürfen gegenüber Angehörigen.
Der Leidensdruck der Betroffenen ist hoch und ähnelt den Folgen eines tatsächlich stattgefundenen Missbrauchs. Gleichzeitig ist auch das Leiden aufseiten der fälschlich beschuldigten Personen groß. Das Wissen über ein mögliches False-Memory-Syndrom ist auch aufgrund der möglichweise erhobenen, strafrechtlich relevanten Vorwürfe wichtig.
Literatur
- Gudjonsson, Memory distrust syndrome, confabulation and false confession, Cortex, 2017
- Modestin & Abelovsky, Sexueller Kindesmißbrauch, False-memory-Syndrom und Chorea Huntington, Der Nervenarzt, 1999
- Boakes, False memory syndrome, The Lancet, 1995
- Spektrum.de – False Memories – Gedanken im Nachhinein konstruieren, abgerufen am 28.03.2024
- pschyrembel. de – False-Memory-Syndrom (FMS), abgerufen am 28.03.2024
- Seminar Freie Universität Berlin – Falsche Erinnerungen (Elisabeth F. Loftus), abgerufen am 28.03.2024
Weblink
- False Memory Deutschland, abgerufen am 26.03.2024
Quellen
- ↑ Murphy et al., Lost in the mall again: a preregistered replication and extension of Loftus & Pickrell (1995), Memory, 2023
- ↑ Loftus & Pickrell, The formation of false memories, Psychiatric Annals, 1995