Anthroposophische Sinne
Synonym: die 12 Sinne, 12 Sinnesbezirke, 12 Sinnesqualitäten
Englisch: twelve qualities
Definition
Anthroposophische Sinne sind ein Hauptelement der Anthroposophie. Hierunter wird in der Naturheilkunde ein ganzheitliches Menschenbild verstanden, was in die Therapie und Behandlung von Erkrankungen einfließt.
Hintergrund
Unter den anthroposophischen Sinnen werden die zwölf Sinnesbezirke bzw. Sinnesqualitäten unterschieden, mit denen sich aus anthroposophischer Sicht die Welt in zwölf verschiedenen Qualitäten bzw. Modalitäten erfassen lässt. Dies ist mehr als in der traditionellen Schulmedizin und Physiologie, die nur von sechs bzw. sieben Sinnen ausgeht.
Notwendigkeit
Die anthroposophischen Sinne dienen zum Einem dem Erfassen der Art und Weise, wie die Welt auf den Menschen wirkt. Zum Anderen sollen sie die Grundstimmung des Menschen bedingen und prägen.
Anwendung
Zur Anwendung kommen die anthroposophischen Sinne in der ganzheitlichen Behandlung des Menschen vor allem auf dem Gebiet der Psychosomatik und der Psychotherapie. Dabei kann insbesondere auf dem weiten Feld der Psychotherapie die Sinnkunde gezielt eingesetzt und genutzt werden. Dies kann zum einen geschehen im einzeltherapeutischen Setting als auch in der Gruppentherapie oder gar der Familienaufstellung
Gerade Patienten mit einer gestörten Wahrnehmung können vom Konzept der anthroposophischen Sinne und ihrer Anwendung profitieren. Durch die permanente Reizüberflutung ist vielen Patienten der Zugang zu ihren elementaren und sie bestimmenden Sinnesqualitäten verloren gegangen. Dabei sind Sinnesqualitäten für die Orientierung in Raum und Zeit und Gesellschaft und für die Kommunikation unabdingbar. Neben diesen regressiven Veränderungen in der Wahrnehmung der Sinnesqualitäten gibt es auch die rudimentäre Wahrnehmung von Sinnesqualitäten. Hierunter fallen vor allem Menschen, welche bereits in frühester Kindheit emotionalen, psychischen und sexuellen Missbrauch erfahren haben oder abgeschottet in der Deprivation keine Außenreize erfahren haben. Diese Menschen haben nicht verlernt ihre Sinne wahrzunehmen, sondern sie haben deren Wahrnehmung gar nicht erst ausbilden und entwickeln können.
Sinnesqualitäten
Zu den zwölf anthroposophischen Sinnen gehören:
- Tastsinn
- Lebenssinn
- Eigenbewegungssinn
- Gleichgewichtssinn
- Geruchssinn
- Geschmackssinn
- Sehsinn
- Wärmesinn
- Hörsinn
- Lautsinn
- Gedankensinn
- Ich-Sinn
Interpretation
Den einzelnen Sinnen werden bestimmte Kompetenzen der Wahrnehmung zugeschrieben, die sich auf körperlicher wie mental-kognitiver Ebene abspielen. Und aus dieser Wahrnehmungsanalyse heraus wird abgeleitet, wo Defizite im Menschen vorhanden sind und wie diese korrigiert bzw. ausgefüllt werden können. Es definieren sich demnach sogenannte Handlungsfelder und schädigende Einflüsse. Schädigende Einflüsse sind all jene inneren und äußeren Einflüsse, die sich negativ auf die jeweilige Sinnesqualität auswirken. Am Beispiel des Tastsinnes wären ein innerer schädigender Faktor eine vorhandene Distanzlosigkeit und ein äußerer Faktor zum Beispiel eine anhaltende Druckbelastung. Als Handlungsfelder werden die Bereiche bezeichnet, auf denen an den jeweiligen Sinnen gearbeitet werden kann. Im Blick auf den Lebenssinn erstrecken sich die Handlungsfelder zum Beispiel auf den Schlaf-Wachrhythmus, den Einklang von Bewegung und Ruhe und das Vorhandensein von seelischen Anregungen.