ABCD2-Score
Englisch: ABCD2-score
Definition
Der ABCD2-Score ist ein prognostisches Scoring-System, das zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos nach transitorischen ischämischen Attacken (TIA) eingesetzt werden kann. Er ist eine Weiterentwicklung des ABCD- und California-Scores.
Berechnung
Der Score erfasst die folgenden fünf unabhängigen Risikofaktoren, die wie folgt bewertet werden:
| Kriterium | 0 Punkte | 1 Punkt | 2 Punkte | |
|---|---|---|---|---|
| A | Alter | < 60 Jahre | ≥ 60 Jahre | |
| B | Blutdruck bei erster Messung nach TIA | < 140 mmHg systolisch und < 90 mmHg diastolisch | ≥ 140 mmHg systolisch und/oder ≥ 90 mmHg diastolisch | |
| C | klinische Symptome der TIA | keine Sprachstörung oder einseitige Schwäche | Sprachstörung ohne einseitige Schwäche | einseitige Schwäche |
| D | Dauer der Symptome | < 10 Minuten | 10 bis 59 Minuten | ≥ 60 Minuten |
| E | Diabetes mellitus | nicht bestehend | bestehend | |
Die vergebenen Punkte werden addiert, so dass sich ein Wert zwischen 0 und 7 Punkten ergibt.
Risikoabschätzung
Eine Metaanalyse ergab, dass der ABCD2-Score eine hohe Sensitivität, aber eine geringe Spezifität bei der Einstufung von Patienten mit hohem Risiko (Score von 6 bis 7) gegenüber Patienten mit niedrigem Risiko (Score von 0 bis 3) aufweist.[1]
Die American Heart Association benennt das Schlaganfallrisiko wie folgt:
| ABCD2-Score | 2-Tage-Risiko (%) | 7-Tage-Risiko (%) | 90-Tage-Risiko (%) |
|---|---|---|---|
| Niedrig (0–3 Punkte) | 1,0 | 1,2 | 3,1 |
| Moderat (4–5 Punkte) | 4,1 | 5,9 | 9,8 |
| Hoch (6–7 Punkte) | 8,1 | 11,7 | 17,8 |
Anwendung
Der ABCD2-Score wird primär für die kurzfristige Risikostratifizierung nach einer TIA verwendet werden.
Bei Patienten mit einem erhöhten Rezidivrisiko, die nicht per Thrombolyse oder Thrombektomie behandelt werden, kann der ABCD2-Score genutzt werden, um eine duale Anti-Plättchen-Therapie (DAPT) abzuwägen.[2][3][4] Aktuelle Leitlinien geben jedoch hierfür keinen genauen Punkte-Grenzwert vor.
Limitationen
Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) mit Diffusionsgewichtung und die Duplexsonographie der Karotiden sowie mechanistische Faktoren wie Vorhofflimmern sind unabhängige prognostische Faktoren, die in dem ABCD2-Score nicht berücksichtigt werden.
Die American Heart Association empfiehlt eine frühzeitige Gefäßbildgebung zur Detektion von Karotis- und intrakraniellen Stenosen, da diese Befunde das Rezidivrisiko signifikant erhöhen und unmittelbare therapeutische Konsequenzen haben können.
Eine Weiterentwicklung des ABCD2-Scores ist der ABCD3-Score, der zusätzlich neue oder alte Infarkte im MRT oder CT unabhängig von den anderen Risiken bewertet. Der ABCD3-I-Score bepunktet zudem Karotisstenosen und hyperintense Läsionen in der DWI-gewichteten MRT.[5]
Quellen
- American Heart Association: Diagnosis, Workup, Risk Reduction of TIA (abgerufen am 10.12.25)
- Johnston et al., Validation and refinement of scores to predict very early stroke risk after transient ischaemic attack, The Lancet, 2007.
Einzelnachweise
- ↑ Sanders et al., Performance of the ABCD2 score for stroke risk post TIA: meta-analysis and probability modeling, Neurology, 2012
- ↑ Johnston et al., Clopidogrel and Aspirin in Acute Ischemic Stroke and High-Risk TIA, International Journal of Stroke, 2013.
- ↑ Wang et al., Clopidogrel with Aspirin in Acute Minor Stroke or Transient Ischemic Attack, New England Journal of Medicine, 2013.
- ↑ Johnston et al., Ticagrelor and Aspirin or Aspirin Alone in Acute Ischemic Stroke or TIA, New England Journal of Medicine, 2020
- ↑ Merwick et al., Addition of brain and carotid imaging to the ABCD2 score to identify patients at early risk of stroke after transient ischaemic attack: a multicentre observational study, The Lancet Neurology, 2010.