Medizintourismus
Synonyme: Patiententourismus, Klinik-Tourismus, grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung
Englisch: medical tourism
Definition
Medizintourismus bezeichnet das Reisen über regionale oder nationale Grenzen hinweg, mit dem Ziel, therapeutische oder diagnostische Leistungen in einer entfernten Gesundheitseinrichtung in Anspruch zu nehmen. Im engeren Sinne liegt der Fokus auf Behandlungen, die im Herkunftsland entweder nicht möglich, weniger verfügbar, zu teuer oder mit langen Wartezeiten behaftet sind.
Ursachen
Die Entscheidung für einen medizinischen Auslandsaufenthalt beruht meist auf einer Kombination folgender Motive:
- Kostenersparnis: In manchen Ländern sind medizinische Leistungen deutlich günstiger, auch wenn Reise- und Unterbringungskosten berücksichtigt werden.
- Wartezeitverkürzung: Insbesondere in Systemen mit langen Wartelisten (z.B. für Wahleingriffe) kann ein Auslandsaufenthalt attraktiv sein.
- Qualitäts- oder Technologievorsprung: Ausstattung, Spezialisierung oder Reputation von Kliniken im Ausland werden als überlegen wahrgenommen.
- Zugang zu nicht zugänglichen Therapien: Manche Behandlungen sind im Heimatland nicht verfügbar, z.B. aus regulatorischen oder ethischen Gründen.
- Grenznähe: Für Bewohner von Grenzregionen kann der nächste spezialisierte Klinikstandort im Ausland liegen.
- Komplementäre touristische Motivation: In Einzelfällen kann der Aufenthalt auch touristische Aspekte beinhalten (Erholung, Begleitpersonen, Kombination mit Urlaub).
Kostenerstattung
Medizintouristen tragen die Kosten ihrer Behandlung selbst oder lassen sich die Kosten über Zusatzversicherungen erstatten.
In der Europäischen Union regelt die Richtlinie 2011/24/EU die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung. Leistungen, die medizinisch notwendig und geplant sind, können unter bestimmten Bedingungen auch bei einer Inanspruchnahme im Ausland erstattet werden – allerdings nur bis zur Höhe des landesüblichen Preises im Heimatland.
Qualitätsaspekte
Die Qualität der medizinischen Versorgung kann von Land zu Land erheblich variieren. Ein Problem für den Leistungsempfänger ist oft die mangelnde Vergleichbarkeit der Ausbildungs- und Qualitätsstandards. Auch die regulatorischen Anforderungen an Gesundheitseinrichtungen sind landesspezifisch und können im Einzelfall deutlich von internationalen Standards abweichen.
Risiken
Bei Kontakten zu Gesundheitseinrichtungen im Ausland besteht ein Risiko der Besiedelung oder Infektion mit hochresistenten Bakterien, deren Prävalenz dort möglicherweise wesentlich höher ist als im Ursprungsland. Bekannt wurde zum Beispiel der Import von Neu-Delhi Metallo-Beta-Laktamase-tragenden gramnegativen Bakterien aus Indien unter anderem nach Europa durch Patienten, die dort preisgünstige, schönheitschirurigische Eingriffe hatten vornehmen lassen. Das Problem besteht allerdings auch bei normalen touristischen Aufenthalten.