Klassifikation kulturspezifischer Syndrome nach Hall
Definition
Die Klassifikation kulturspezifischer Syndrome nach Hall teilt kulturspezifische Syndrome in sieben verschiedene Typen ein.[1]
Typen von kulturspezifischen Syndromen
- Offensichtliche psychiatrische Erkrankungen, für die es keinen bekannten organischen Grund gibt, die regional als Erkrankungen wahrgenommen werden und mit keiner westlichen Krankheitskategorie korrespondieren.
- Offensichtliche psychiatrische Erkrankungen, für die es keinen bekannten organischen Grund gibt, die regional als Erkrankungen wahrgenommen werden und einer westlichen Krankheitskategorie ähneln, sich von dieser aber in einzelnen Aspekten der Symptomatik unterscheiden.
- Krankheitsentitäten, die der westlichen Medizin zunächst unbekannt sind, sich aber später in die biomedizinische Nosologie integrieren.
- Erkrankungen, deren Symptome und Krankheitszeichen in vielen Gesellschaften auftreten, aber nur in einigen als krankhaft angesehen werden.
- Im jeweiligen Kontext sozial akzeptierte ätiologische Erklärungen oder Krankheitsbezeichnungen, welche sich mit westlichen Vorstellungen nicht in Einklang bringen lassen und hier als krankhaft gelten.
- Ein Zustand oder Verhalten, welches mit Trance oder Besessenheit einhergeht, Kommunikation mit den Toten oder mit Geistern beinhaltet oder von dem Gefühl begleitet ist, die eigene Seele verloren zu haben.
- Syndrome, welche angeblich in dem jeweiligen Kontext existieren, dort jedoch eine lediglich narrative Funktion haben, während tatsächlich niemand als an diesem Syndrom erkrankt gilt.
Kritik
Per Definition erfasst Halls Typologie nur außerhalb der westlichen Welt auftretende Erkrankungen als kulturspezifische Syndrome, da die westliche Nosologie jeweils den Referenzpunkt bildet. Dieser Standpunkt wird vielfach als ethnozentrisch kritisiert, da er das westliche Verständnis von Krankheit unhinterfragt als Standard annimmt und dabei fälschlich unterstellt, dass westliche Krankheitskategorien stets deskriptive Beschreibungen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und damit unabhängig von normativen Setzungen seien.
Quellen
- ↑ Rebhun, L. A. (2004): Culture-Bound Syndromes. In: Carol R. Ember (Hg.): Encyclopedia of medical anthropology. Health and illness in the world's cultures. New York: Springer. S. 321.
Fachgebiete:
Gesundheitswesen
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