Introjektion
von lateinisch: intro - hinein; iactare - werfen
Definition
Introjektion beschreibt den Prozess der Aufnahme von Introjekten, das heißt die Verinnerlichung von Werten und Normen im Rahmen der Sozialisation eines Menschen.
Solche introjizierten Traditionen, Ansichten, Wertvorstellungen und Glaubenssysteme werden von Außen vorgegeben und vom Kind unfreiwillig verinnerlicht. Die Beziehung des Kindes zu seinen Eltern und Bezugspersonen erfordert jedoch eine gewisse Konfluenz - anders ist es nicht möglich Kontakt und Nähe herzustellen und sich mit der Familie oder dem Clan zu identifizieren. Solche Introjekte können durchaus konträr zu der Persönlichkeit des Kindes stehen.
Introjektion in der Psychoanalyse
Sigmund Freud versteht unter Introjektion die Annahme von Moral- und Lebensauffassungen der Menschen, mit denen sich das Kind identifiziert. Automatisch werden diese Wertvorstellungen als die eigenen angesehen und nicht weiter überprüft. Wird eines dieser introjizierten Gebote verletzt oder vernachlässigt, kommt es zu Schuldgefühlen und Scham. Das schlechte Gewissen meldet sich zu Wort. Anders ist es dagegen bei der Internalisierung. Hierbei werden Normen und Werte, die an die eigene Persönlichkeit anpassbar sind, bewusst assimiliert und neue Erfahrungen werden in ein kognitives Schema integriert. Solche internalisierten Elemente sind mit der eigenen Persönlichkeit konform.
Introjektion in der Gestalttherapie
Als »Introjektion« wird in der Gestalttherapie die unverdaute und unassimilierte Aufnahme von Normen und Werten bezeichnet. Die Gestalttherapie vergleicht die Introjektion mit dem Prozess der Nahrungsaufnahme und Verdauung. Introjektion ist das schlucken „des Ganzen“, ohne vorher das Objekt zu zerkleinern bzw. anzupassen. Unzerkaute Lebensmittel repräsentieren so die unverstandenen oder uneingesehenen Werte und Normen.
Die Introjektion wird zur Kontakthemmung, weil der introjizierende Mensch das Objekt so wenig wie möglich berührt. Das Introjekt wird schnell herunter geschluckt, um möglichst keinen Kontakt mit ihm zu haben. Folglich liegt das Introjekt schwer im Magen, eine Verdauung und somit Assimilation ist fast unmöglich. Der Fremdkörper verursacht Unbehagen. Der Mensch misstraut von nun an jeder Abweichung von seiner introjizierten Norm. Das geschluckte Wertesystem stört den Zugang zu seinen eigenen Bedürfnissen und erzeugt Frustration und ein Gefühl der Fremdbestimmtheit.
Doch auch die direkte Ablehnung des Introjekts bleibt eine kontakthemmende Introjektion: Der Mensch entscheidet sich nicht nach der bewussten Prüfung des Introjekts, sondern weist es sofort zurück. Es wird keine eigene Erfahrung mit dem Introjekt gemacht und somit wird die Gelegenheit, selbständig zu entscheiden, ausgelassen. Hier gilt es den Mittelweg zwischen ungeprüfter Ablehnung und passiver Introjektion zu finden.
Die Introjektion hat jedoch auch eine wichtige Funktion und ist gerade für Säuglinge und Kinder überlebenswichtig. Und auch dem Erwachsenen bleibt oft nicht die Zeit, eine Sache erst ausgiebig zu „zerkauen“ und abzuwägen, bevor er handelt. Bewusstheit, bei dem was der Mensch tut, macht hier den großen Unterschied.
Fazit
Die Introjektion ist eines der ältesten und anerkanntesten erzieherischen Mittel - das macht es so schwer, einmal verinnerlichte Introjektionen wieder aufzuheben.