Facharzt für Notfallmedizin

Die Fachweiterbildung Notfallmedizin ist in Deutschland bislang nicht etabliert. Der Diskurs hierüber wird jedoch zunehmend breit geführt. In u.a. 23 von 27 EU-Staaten und dem gesamten angloamerikanischen Ausland existiert eine solche 5-jährige Fachweiterbildung. In Deutschland existiert stattdessen seit 2015 die 2-jährige Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin (KLINAM), wobei eine vorherige abgeschlossene Facharztweiterbildung eines anderen Fachgebiets Voraussetzung ist. Kritiker bewerten diese als nicht ausreichend.

Die Ansichten über die Einführung eines Facharztes für Notfallmedizin in Deutschland sind geteilt.

Mehrere internistische und chirurgische Fachgesellschaften und verschiedene Berufsverbände sprechen sich gegen den Facharzt für Notfallmedizin aus.

Zentrale Argumente sind dabei

• Breite des Fachgebiets: Die Anforderungen werden nach Meinung der Kritiker durch die jeweilige Fachkompetenz einzelner Fachrichtungen besser abgedeckt als durch einen generalistisch ausgebildeten Facharzt.^[1]

• Hoher Anteil internistischer Erkrankungen in der Notaufnahme: Ein erheblicher Teil der Patienten weist internistische Erkrankungen oder komplexe Begleiterkrankungen auf. Es wird befürchtet, dass ein Facharzt für Notfallmedizin nicht über die notwendige internistische Wissentiefe verfügt, um in solchen Fällen optimale Therapiekonzepte zu entwickeln.
• Internationale Erfahrungen: Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) verweist auf Beispiele aus dem Ausland, wo Fachärzte für Notfallmedizin teilweise nicht ausreichend internistische Grundlagen abdecken. Gerade das Management akutmedizinisch komplexer, multimorbider Patienten erfordere jedoch besondere internistische Expertise, die in diesen Modellen nicht immer gewährleistet sei.^[2]

Als Gegenmodell wird die Zusatzweiterbildung Klinische Akut- und Notfallmedizin positioniert. Dieses Curriculum wurde von der DGIM gemeinsam mit weiteren internistischen Fachgesellschaften entwickelt und soll die internistischen Kenntnisse mit den Anforderungen der Notfallversorgung verbinden.^[3]

Auf der anderen Seite stehen Fachgesellschaften, wie die Deutsche Gesellschaft für Notfallmedizin e.V. (DGINA) und die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI), welche die deutschlandweite Einführung eines Facharztes für Notfallmedizin ausdrücklich befürworten.

Die konträren Positionen sind Ausdruck innermedizinischer Verteilungswettkämpfe, die vor der Etablierung neuer Fachgebiete üblich sind.

• DocCheck: Mein Feind, der Facharzt für Notfallmedizin
• DGINA, 2025: Facharzt für Notfallmedizin
• Fandler, M., Lorenz, J., Wolff, J. et al. Facharztweiterbildung Notfallmedizin: Entwicklung eines umfassenden Weiterbildungs-Curriculums. Notfall Rettungsmed (2025).