Natriumkanal
Englisch: sodium channel
Definition
Natriumkanäle sind Ionenkanäle der Zellmembran, die eine spezifische Leitfähigkeit für Natrium-Ionen besitzen.
Biochemie
Natriumkanäle sind Transmembranproteine der Zelle, die - ebenso wie andere Ionenkanäle - spannungsaktiviert oder nicht spannungsaktiviert sein können. Sie besitzen eine Pore, die von negativ geladenen Aminosäureresten umgeben ist, deren Anordnung die Natriumkanäle selektiv durchgängig für Natriumionen macht. Negativ geladene Ionen, wie z.B. Cl- werden abgestoßen. Der engste Teil der Pore misst etwa 0,3 x 0,5 nm und erlaubt nur einem mit Wasser assozierten Natrium-Ion hindurchzutreten. Das größere Kalium-Ion kann die Engstelle nicht passieren.
Spannungsaktivierte Natriumkanäle
Derzeit (2021) unterscheidet man neun verschiedene Subtypen spannungsaktivierter Natriumkanäle. Sie werden systematisch als Nav1.1 - Nav1.9 durchnummeriert. Der Index "v" steht für "voltage-activated". Die erste Ziffer kennzeichnet die Genfamilie des Kanals, die zweite Ziffer steht für die Reihenfolge, in der das Gen identifiziert wurde.
Struktur
Der Nav-Kanal besteht aus einer α- und einer β-Untereinheit. Der eigentliche Funktionsteil ist die α-Untereinheit. Sie setzt sich aus vier Domänen (I-IV) mit jeweils sechs Transmembransegmenten (S1-S6) zusammen. Die 6 Segmente bilden gemeinsam eine Pore. Das hoch konservierte S4-Segment trägt dabei mit seinen Aktivierungs- und Inaktivierungstoren die Spannungssensorik des Proteins. Zwischen der Domäne III und IV befindet sich ein "Stöpsel", der das Protein nach längerer Funktion inaktivieren kann, in dem er den Kanal nach extrazellulär hin verschließt.
Physiologie
Spannungsaktivierte Natriumkanäle können nach dem Hodgkin-Huxley-Modell drei Funktionszustände bzw. Konformationen annehmen:
- deaktiviert (geschlossen)
- aktiviert (offen)
- inaktiviert (geschlossen)
Deaktivierte Natriumkanäle sind der Modellvorstellung nach durch ein "Aktivierungstor" an ihrem intrazellulären Ende blockiert. Diese Konformation entspricht dem Ruhezustand der Zelle. Bei einer Depolarisation wird der deaktivierte Kanal stimuliert und dadurch geöffnet.
Inaktivierte Natriumkanäle sind hingegen durch ein "Inaktivierungstor" im Inneren des Kanals blockiert. Das Inaktivierungstor ist im unerregten Zustand der Zelle offen und wird erst durch den raschen Natriumeinstrom während Depolarisation geschlossen. Es limitiert dadurch den weiteren Ioneneinstrom und wird erst nach der Repolarisation wieder geöffnet.
Dieses Verhalten des Natriumkanals erklärt auch die Refraktärzeit - also die Zeit, in der kein erneutes Aktionspotential ausgelöst werden kann. Die absolute Refraktärzeit ist darauf zurückzuführen, dass nach der spontanen Schließung des Inaktivierungstors der Natriumkanal erst durch eine Repolarisation wieder aktiviert werden kann.
Ligandenaktivierte Natriumkanäle
Neben spannungsgesteuerten Natriumkanälen gibt es auch Natriumkanäle, die durch die Bindung eines Liganden geöffnet werden. Diese Form von Kanälen findet sich zum Beispiel an motorischen Endplatten, wo Acetylcholin als Ligand dient. Die meisten dieser Kanäle sind gleichzeitig durchgängig für Kaliumionen.
Epithelialer Natriumkanal
Der epitheliale Natriumkanal ENaC ist ein konstitutiv aktiver Ionenkanal, der vor allem für Natriumionen durchlässig ist. Er findet sich in vielen Gewebetypen. Prominente Bedeutung hat er in den Sammelrohren und Tubuli der Nieren, in Schweißdrüsen, im Dünndarm und in der Geschmackswahrnehmung auf der Zunge. Der ENaC wird vom Mineralkortikoid Aldosteron gesteuert. Es dient funktionell der Resorption (Dünndarm) und Rückresorption von Natriumionen.