Wells-Score
nach Philip S. Wells
Definition
Der Begriff Wells-Score wird für zwei unterschiedliche medizinische klinische Assessmentverfahren verwendet. Sie basieren auf klinischen und anamnestischen Gesichtspunkten und können somit vor weiteren diagnostischen Verfahren bestimmt werden.
Wells-Score bei Lungenembolie
Hier dient der Wells-Score als klinisches Assessment zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Lungenembolie.[1]
Kriterium | Punktzahl (Wells I) | Vereinfachte Punktzahl (Wells II) |
---|---|---|
Klinische Zeichen für eine tiefe Beinvenenthrombose | 3 | 1 |
Andere Diagnosen sind unwahrscheinlich | 3 | 1 |
Herzfrequenz > 100/min | 1,5 | 1 |
Immobilisation > 3 Tage oder OP vor weniger als 4 Wochen | 1,5 | 1 |
Frühere Lungenembolie oder tiefe Beinvenenthrombose | 1,5 | 1 |
Hämoptyse | 1 | 1 |
Neoplasie | 1 | 1 |
Beurteilung
Wells-I-Score
- < 2 Punkte: geringe Wahrscheinlichkeit
- 2-6 Punkte: mittlere Wahrscheinlichkeit
- ≥ 7 Punkte: hohe Wahrscheinlichkeit
Wells-II-Score
- 0-1 Punkt: Lungenembolie unwahrscheinlich
- ≥ 2 Punkte: Lungenembolie wahrscheinlich
Berechnung des Wells-Scores bei Lungenembolie. Credits: Silva Kunz
Aussagekraft
Der Score gibt die Vortestwahrscheinlichkeit an, womit alle weiteren Tests besser beurteilt werden können.
Anwendungsbeispiel
Wenn ein Testverfahren, zum Beispiel eine Lungenszintigraphie negativ ist, der Wells-Score aber hoch, so ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Test falsch negativ ist. In diesem Fall sollten spezifischere Tests angeschlossen werden, zum Beispiel eine Thorax-Multislice-CT oder Pulmonalisangiographie. Je weniger spezifisch der jeweilige Test ist, desto mehr Gewicht kann der Vortestwahrscheinlichkeit beigemessen werden.
Zum Ausschluss einer Lungenembolie eignet sich der Score in Verbindung mit einer D-Dimer-Bestimmung, die eine sehr hohe Sensitivität besitzt. Bei einem Score <4 und negativen D-Dimeren kann eine Lungenembolie ausgeschlossen werden und weitere teure und invasive Untersuchungen sind nicht mehr nötig.
Wells-Score bei tiefer Beinvenenthrombose
Ein weiterer Wells-Score dient als klinisches Assessment zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT).
Kriterium | Punktzahl |
---|---|
Vorliegen einer aktiven malignen Tumorerkrankung (oder in den letzten 6 Monaten behandelt) | 1 |
Umfangsdifferenz des Unterschenkels > 3 cm im Seitenvergleich, 10 cm unterhalb der Tuberositas tibiae gemessen | 1 |
Erweiterte oberflächliche Kollateralvenen auf der betroffenen Seite (keine Varizen) | 1 |
Eindrückbares Ödem auf der betroffenen Seite | 1 |
Schwellung des gesamten Beins | 1 |
Entlang der Venen lokalisierte Schmerzen im Bein | 1 |
Paralyse, Parese oder Immobilisation der unteren Extremitäten | 1 |
Bettruhe für mehr als 3 Tage, oder größere OP in den letzten 12 Wochen | 1 |
TVT-Vorgeschichte in der Anamnese | 1 |
Andere Diagnosen genauso wahrscheinlich | -2 |
Beurteilung
- < 1 Punkt: geringe Wahrscheinlichkeit einer TVT
- 1-2 Punkte: mittlere Wahrscheinlichkeit einer TVT
- > 2 Punkte: hohe Wahrscheinlichkeit einer TVT
siehe auch: Diskussion:Wells-Score
Berechnung des Wells-Scores bei TVT. Credits: Silva Kunz
weiterführende Diagnostik
Bei Verdacht auf Vorliegen einer TVT, d. h. mittlerer oder hoher Wahrscheinlichkeit nach Wells-Score, ist es dann sinnvoll eine Kompressions-Sonographie durchzuführen. Bei geringer Wahrscheinlichkeit im Wells-Score sollten zum Ausschluss einer TVT die D-Dimere bestimmt werden.
Quiz
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Jens Herrndorff / Unsplash
Quellen
- ↑ Ärztlicher Bereitschaftsdienst kompakt, KVNO aktuell, 26.06.2014 abgerufen 16.07.2014
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