Prochiralität
Englisch: prochirality
Definition
Der Begriff Prochiralität stammt aus der Stereochemie. Er beschreibt ein planes Molekül, das drei unterschiedliche funktionelle Gruppen bzw. Substituenten trägt und achiral ist. Das entsprechende Adjektiv lautet prochiral.
Manche Autoren bezeichnen auch nur ein einzelnes C-Atom als prochiral, da sie sich nur auf das Molekülzentrum beziehen.
Chemie
Brenztraubensäure
Betrachtet man die Brenztraubensäure, so erkennt man, dass drei verschiedene Substituenten an einem trigonalen sp2-C-Atom angehängt sind. Hier gibt es also kein Chiralitätszentrum, weshalb das Molekül achiral ist (Bild und Spiegelbild des Moleküls sind nicht deckungsgleich). Obwohl es nicht chiral ist, besitzt die Verbindung bei unterschiedlicher Betrachtung (von links und rechts auf das Carbonyl-C-Atom) zwei verschiedene Seiten. Rechts steht die Methylgruppe (–CH3), links ist die Carboxylgruppe (–COOH) angehängt ist. Geeignete Reaktionspartner (z.B. Enzyme) können beide Seiten von sich aus unterscheiden.
Propionsäure
Bei der Propionsäure liegen ähnliche Verhältnisse vor. In der 2. Position befindet sich ein tetraedrisches sp3-C-Atom, das ebenfalls drei verschiedene Substituenten trägt. Propionsäure ist deshalb ebenfalls achiral. Es ist dennoch möglich, beide H-Atome der CH2-Gruppe (Methylengruppe) in Position 2 zu unterscheiden. Je nachdem, ob man das Molekül von rechts oder von links betrachtet, fällt die räumliche Anordnung des jeweils vorderen H-Atoms zu den Substituenten COOH und CH3 anders aus.
Sowohl die Brenztraubensäure als auch die Propionsäure sind Beispiele für achirale Verbindungen, bei denen man aber eine rechte und eine linke Molekülseite unterscheiden kann. So genügt es z.B. bei der CH2-Gruppe der Propionsäure ein H-Atom gegen ein OH auszutauschen, um ein Chiralitätszentrum zu erhalten. Bei der Carbonylgruppe der Brenztraubensäure hingegen genügt die Addition von Wasserstoff. Daher bezeichnet man das tetraedrische C-Atom der CH2-Gruppe bzw. das trigonale C-Atom der Carbonylgruppe als prochiral oder man spricht auch von einem Prochiralitätszentrum. Das Adjektiv prochiral bezieht sich in den meisten Fällen auf einzelne C-Atome und nicht auf das ganze Molekül.
Aceton
Wie die Brenztraubensäure ist auch das Aceton-Molekül achiral, weist jedoch eine höhere Symmetrie auf. Zusätzlich zur Symmetrieebene durch die drei C-Atome verfügt das Aceton-Molekül noch über eine zweizählige Drehachse. Das heißt, dass man durch die Drehung um 180° um die angegebene Achse ein deckungsgleiches Molekül erhält. Man kann im Aceton nicht mehr zwischen einer rechten und einer linken Molekülhäfte unterscheiden, weshalb das Carbonyl-C-Atom - anders als in der Brenztraubensäure - nicht mehr prochiral ist.
Literatur
- "Chemie für Mediziner" - A. Zeeck et. al., Urban & Fischer-Verlag, 7. Auflage
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