FlexiEssay: Stammzellforschung
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Grundlagen
Ob dem Embryo dieselbe Schutzwürdigkeit wie einem geborenen Menschen gebührt, ist unter Juristen, Ärzten Philosophen und Theologen umstritten. Insbesondere beim Thema therapeutisches Klonen gehen die Meinungen dazu stark auseinander.
Verfassungsrechtlich relevant sind dabei folgende Artikel des Grundgesetzes, die zu den Grundrechten des Menschen gehören:
- Art. 1 Abs. 1 GG: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
- Art. 2 GG Abs. 2: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich [...]"
- Art. 5 Abs. 3 GG: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei [...]"
Im Folgenden sollen exemplarisch Argumente von Gegnern und Befürwortern der Stammzellforschung angebracht werden.
Argumente der Gegner
Art. 1 I GG gilt auch für das ungeborene Leben:
- „Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu. Diese Würde des Menschseins liegt auch für das ungeborene Leben im Dasein um seiner selbst willen“ (BVerfGE 88, 203 [252] = NJW 1993, 1751).
- „Liegt die Würde des Menschseins auch für das ungeborene Leben im Dasein um seiner selbst willen, so verbieten sich jegliche Differenzierungen der Schutzverpflichtungen mit Blick auf Alter und Entwicklungsstand dieses Lebens oder die Bereitschaft der Frau, es weiter in sich leben zu lassen“. (BVerfGE 88, 203 [267]).
Auch Art. 2 II gilt:
- Bei dem Ungeborenen handelt es sich um individuelles, in seiner genetischen Identität und damit in seiner Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit bereits festgelegtes, nicht mehr teilbares Leben , das sich im Prozess des Wachsens und Sich-Entfaltens nicht erst zum Menschen, sondern als Mensch entwickelt (BVerfGE 88, 203 [251 f.]). Daraus ergibt sich, daß der Embryo ab der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle bereits ein Mensch ist, und er somit unter dem Schutz von Art. 2 II 1 GG steht.
- Umgekehrt können z. B. Personen, die an einer schweren Krankheit leiden und möglicherweise durch Forschung am Embryo und therapeutisches Klonen geheilt würden, sich nicht auf Art. 2 II 1 GG berufen, da dies auf Kosten des Embryos geschieht.
- Art. 5 III GG greift nicht als Gegenargument, da er hinter Art. 1 und 2 GG zurücktreten muß, und er überdies mit „Freiheit der Lehre“ nicht meint, daß ein Forscher nach Gutdünken über das Leben eines fremden Menschen verfügen darf. Die Würde des Embryos beginnt mit dem Zygotenstadium.
Argumente der Befürworter
Aus der Rede der Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries vom 29.10.03 an der HU:
- „Ich halte es für richtig, den grundrechtlichen Schutz des Lebens aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz zu diesem frühest möglichen Zeitpunkt beginnen zu lassen. Auch in vitro ist der Embryo kein beliebiger Zellhaufen, über den Eltern, Mediziner und Forscher nach Gutdünken verfügen könnten.“
- Das Recht auf Leben stellt innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung einen "Höchstwert" dar, ist jedoch nicht absolut geschützt; es wächst mit der Körperentwickelung (s. § 218 StGB).
- Menschenwürde hingegen ist absolut geschützt, da man durch jede Differenzierung Art. 1 I GG (immerhin Fundament unserer Verfassung) aushöhlen würde.
- „Was die Menschenwürde ausmacht, ist umstritten, seit es dieses Grundrecht gibt. Ganz gewiss gehört dazu der Respekt vor dem Eigenwert jeder Person und jeder individuellen Existenz. Genauso wie die Möglichkeit der Eigenverantwortung und der selbstbestimmten Lebensgestaltung.“
Aber: Der Embryo in vitro kann ohne Austragung durch eine Frau (d. h. ab der Nidation) sich nicht als Mensch entwickeln, d. h. auch die o. g. Merkmale entwickeln; i. ü. S. gilt dasselbe bei der Anwendung des IUPs.
Eine Frau kann zur Austragung eines In-vitro-Embryos gezwungen werden. (Art. 2 II 1 GG):
- „Die lediglich abstrakte Möglichkeit, sich in diesem Sinne weiter zu entwickeln, reicht meines Erachtens für die Zuerkennung von Menschenwürde nicht aus.“
Bezüglich des therapeutischen Klonens wird vor einem “Dammbruch“, der zum reproduktiven Klonen führen könnte, gewarnt und der Gesetzgeber zur allgemeinen Vorsicht gemahnt:
- „Es ist auch mit der Würde des Menschen - und zwar des geborenen Menschen - nicht zu vereinbaren, ihm das zu verweigern, was Teil jeder menschlichen Existenz ist: eine zufällige Mischung aus den erblichen Anlagen des Vaters und der Mutter zu sein.“ (Verstoß gg. Art. 1 I und 2 II 1 GG)
Dem Embryo wird keine Menschenwürde zuerkannt; daher kann an ihm - unter Vorbehalten -geforscht werden.
Weiteres zum Thema Menschenwürde und Stammzellforschung - Rechtspolitischer Kongress der Friedrich- Ebert- Stiftung vom 26. bis 28. April 2002 in Karlsruhe:
- „Autonomiefähigen menschlichen Subjekten kommt Menschenwürde wegen ihrer Personalität, also der Fähigkeit zur Kommunikation im Sinne einer selbst-bewussten Wahrnehmung eigener Interessen zu. [...]"
- "Personen, die eine derartige Autonomie nicht besitzen oder bei denen diese zweifelhaft ist, kommt Menschenwürde aufgrund mitmenschlicher Solidarität im Bewusstsein der Kontingenz menschlicher Existenz zu."
- "Mit der Kontingenz menschlicher Existenz ist der Umstand gemeint, dass kein Mensch ausschließen kann, durch äußere Umstände oder genetische Vorbelastung in einen Zustand zu geraten (Koma, Geisteskrankheit etc.), in dem er nicht oder kaum mehr als autonomes Subjekt zu bezeichnen ist. [...]“
- "Beim Embryo existieren diese Eigenschaften noch nicht (sie müßten sich noch entwickeln); daher hat er keine Menschenwürde."
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