MicroRNA
Synonyme: miRNA, small temporal RNA, kurze regulatorische RNA
Definition
MicroRNA ist eine Variante der RNA, die an der Regulation der Genexpression und damit zellulären Proteinsynthese beteiligt ist. Sie scheint eine Transkription einzelner Gene zu unterdrücken ("silencing") und damit quasi eine entgegengesetzte Funktion auszuüben wie die mRNA.
Geschichte
Der erste Nachweis von MicroRNA gelang Anfang der 90er Jahre in der Wurmspezies Caenorhabditis elegans. Sie wurde zunächst mit dem Namen "small temporal RNA" belegt. MicroRNA gehört damit in die Klasse der Ende des 20. Jahrhunderts entdeckten Familie der "kleinen" RNA-Ketten, zu denen auch siRNA, coRNA und ncRNA gehören.
Biochemie
MicroRNA sind kurzkettig und bestehen nur aus 21-23 Nukleotiden.
Funktion
MicroRNA erkennen spezifische Basenpaarungen an der mRNA und binden an diese, was die Translation reguliert. Zusätzlich triggern sie die Bindung von Proteinen an bestimmte DNA-Abschnitte und verändern durch Modifikation von Histonen die Chromatin-Struktur sowie die Genexpression. Damit spielen sie eine wichtige Rolle bei der Zellproliferation und -differenzierung, sowie bei der Steuerung der Apoptose. MicroRNA können auch die Deadenylierung der mRNA begünstigen, sodass die Halbwertszeit des entprechenden mRNA-Moleküls verkürzt wird.
MicroRNA und Tumorgenese
Je nachdem, welche mRNA sie beeinflussen, können MicroRNA die Tumorgenese begünstigen (Oncomir) bzw. erschweren. Zahlreiche MicroRNA-Gene liegen auf Chromosomenabschnitten, die bei Tumoren deletiert bzw. amplifiziert werden. Exosomale MicroRNA kann darüber hinaus die Fibroblastenaktivität und die Angiogenese in der Tumorzellumgebung induzieren. Exosomale miR-1245, die von Zellen abgegeben wird, ist in der Lage Makrophagen zu tumorassoziierten Makrophagen (TAMs) zu reprogrammieren und eine hohe TGF-beta-Expression auslösen. In der folgenden Tabelle sind weitere Beispiele aufgeführt.
Molekül | Zellursprung | Effekt |
---|---|---|
miR-155, miR-210 | Melanom | Induziert metabolische Veränderungen |
miR-19a | Astrozyten | Verringerte PTEN Expression in brain cells (BC) und verstärkte Metastasierung |
miR-105 | brain cells (BC) | Downregulation von ZO-1, Induktion von Metastasierung |
miR-192 | Adenokarzinom der Lunge | Verringerte osteolytische Knochenläsionen, Unterstützung von Angiogenese und Metastasierung |
miR-21 | Mamma-, Bronchial- und Kolorektalkarzinom | Herunterregulierung von Tumorsupressorgenen |
miR-126 | Bronchial-, Mamma- und Prostatakarzinom | Tumorsupression |
miR-145 | Kolorektal-, Bronchial-, Prostata- und Blasenkarzinom | Tumorsupression |
Ein wichtiger Forschungsansatz der so genannten "Targeted Therapy" sind die Antagomire und Blockmire. Antagomire (Portmanteau aus Antagonist und MicroRNA) sind synthetisch hergestellte Oligonukleotide, die an ihre komplementären MicroRNA binden und sie somit inhibieren. Da jedoch ein MicroRNA-Molekül i.d.R. sehr viele Gene gleichzeitig steuert und somit sein Effekt komplex und gewebsspezifisch ist, ist die Blockade eines solchen microRNA-Moleküls nicht ohne Nebenwirkungen. Daher wurden Blockmire entwickelt, welche eine sterische Blockade der microRNA-Bindungsstelle am mRNA-Strang bewirken.
Quellen
- Exosome-Mediated Metastasis: Communication from a Distance, Wortzel et al. 2019, https://doi.org/10.1016/j.devcel.2019.04.011