Gravitation
von lateinisch: gravis - schwer
Synonyme: Massenanziehung
Englisch: gravitation(Gravitation), gravity (Gewichtskraft), local acceleration of gravity (Ortsfaktor)
Definition
Gewichtskraft und Ortsfaktor
Gravitationsbedingte Fallbeschleunigung
Mit Hilfe dieses Newtonschen Gravitationsgesetzes und des Zweiten Newtonschen Gesetzes (Kraft = Masse mal Beschleunigung) lässt sich - bei bekannter Masse der Erde und bei einem im Erdmittelpunkt angenommenen Erdschwerpunkt - die Gravitationskraft eines Körpers der Masse m auf der als Rotationsellipsoid dargestellten Erdoberfläche in der Form
- FG = m * g
berechnen. Am Äquator beträgt die gravitationsbedingte Fallbeschleunigung g = gÄq-Grav = 9,798 m s-2, an den um 21 km abgeplatteten Polen g = gPol = 9,832 m s-2. Wegen der größeren Entfernung zum Erdmittelpunkt ist die Fallbeschleunigung am Äquator also geringer als an den Polen. Aufgrund gleicher Überlegungen ist die Fallbeschleunigung auf hohen Gebirgen geringer als an Standorten auf Meeresspiegelhöhe.
Zentrifugalkraft
Der Betrag der Beschleunigung der Zentrifugalkraft der rotierenden Erde, die der Gravitation gegengerichtet ist, ist am Äquator am größten, nimmt nach Norden und Süden ab und ist an den Polen gleich 0. (Die Zentrifugalkraft ist auch für die ellipsoide Verformung der Erde und die damit verbundene Abflachung der Polarregionen verantwortlich.) Gemäß NASA-Angaben beträgt die um die Zentrifugalkraft korrigierte Fallbeschleunigung am Äquator g = gÄq-Grav-Zf = 9,780 m s-2.[1]
Schwereanomalien
Zusätzlich beeinflussen lokale Schwereanomalien, überwiegend versursacht durch Dichteanomalien im Erdmantel, die lokale Fallbeschleunigung. Die Resultierende FG aus Gravitation inklusive Schwereanomalien und Zentrifugalkraft der Masse m wird als deren Gewichtskraft, die zugehörige standortabhänge lokale Fallbeschleunigung g=g(Standort) als Ortsfaktor bezeichnet.
Auf Landmassen wird der Ortsfaktor an der Erdoberfläche berechnet und lässt sich an bestimmten Messstationen beispielsweise mit Hilfe der Datenbank des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG) ermitteln.[2]
Die Meeresoberfläche folgt den Schwereanomalien als Niveaufläche, auf der der Vektor der Erdbeschleunigung überall lotrecht steht, mit weiträumigen Dellen und Beulen mit Höhenunterschieden bis zu 100 Metern. Gezeitenkräfte und Meeresströmungen können diese als Geoid bezeichnete – und auf Landmassen fortsetzbare - Niveaufläche überlagern. Messungen der Fallbeschleunigung sollen auf den Meeren prinzipiell auf dieser Niveaufläche mit lotrechter Fallbeschleunigung erfolgen. Da diese Fläche jedoch mathematisch nur schwer darstellbar ist, werden verschiedene vereinfachte Quasigeoide zur Messung herangezogen, die auf den Weltmeeren nur geringfügig von der Geoidfläche abweichen.
Beispiele
In Deutschland beträgt der Ortsfaktor außerhalb der Alpen (auf 2 Stellen hinter dem Komma gerundet) 9,81 m s-2. Der tiefste weltweit mittels Satelliten gemessene Wert befindet sich gemäß Ergebnissen aus dem Jahr 2013 auf dem Gipfel des Nevado Huascarán in Peru mit 9,76392 m s-2, der höchste Wert mit 9,83366 m s-2 auf den Koordinaten (Breitengrad/Längengrad) 86,71°/61,29° im Nordmeer.[3]
Normalbeschleunigung
Im Jahr 1901 wurde auf der Basis damaliger Messungen die Erdbeschleunigungskonstante g = gN = 9,80665 m s-2 festgelegt. Die Normalbeschleunigung gN wurde damals für einen für den 45. Breitengrad gültigen örtlichen Durchschnittswert gehalten. Aus heutiger Sicht ist die oft auf gN = 9,81 m s-2 gerundete Normalbeschleunigung eine willkürliche Festlegung ohne Durchschnittscharakter.
Auf einen Körper der Masse von 1 kg wirkt also an der Erdoberfläche eine Gewichtskraft von per Definition festgelegten 9,80665 N. Auf der Oberfläche des Mondes betrüge die Gewichtskraft dieses Körpers 1,622 N, in der Schwerelosigkeit 0 N.
Früher (in Deutschland bis Ende 1977) wurde das Kilopond (Abkürzung: kp) als Einheit für die Kraft verwendet, wobei 1 kp = 9,80665 N gilt. Auf einen Körper der Masse von 1 kg wirkt also an der Erdoberfläche eine auf der Normalbeschleunigung basierende Gewichtskraft von 1 kp.
Gewicht
Im alltäglichen – auch im medizinischen – Sprachgebrauch wird der unscharfe Begriff Gewicht üblicherweise mit der Einheit kg, der SI-Einheit der Masse, verbunden. Man sollte sich aber bewusst sein, dass die meisten Waagen als Gewichtskraftwaagen (z.B. Federwaagen, die meisten elektronischen Waagen) konzipiert sind. Diese müssen im Gegensatz zu Massenvergleichswaagen (z.B. Balkenwaagen, Zählwaagen) bei hohen Genauigkeitsanforderungen am Ort der Messung in Bezug auf die ortsabhängige Gewichtskraft justiert werden. Ist hohe Präzision erforderlich, sollte man wissen, nach welchem Prinzip die eigene Waage funktioniert.
Für die meisten medizinischen Fragen muss der Unterschied zwischen Masse und Gewichtskraft nicht beachtet werden. Auch die geringen Differenzen zwischen Messungen an verschiedenen Orten sind im Allgemeinen vernachlässigbar. Spätestens in der Raumfahrtmedizin jedoch muss zwischen Masse und Gewichtskraft wieder unterschieden werden.
Schwerkraft
Der Begriff Schwerkraft ist nicht einheitlich definiert. Manche Autoren verstehen darunter die Gravitation, andere die Resultierende aus Gravitation und Zentrifugalkraft, wieder andere die lokale Gewichtskraft unter Einbezug von Schwereanomalien. Die Gezeitenkräfte des Mondes werden im Allgemeinen nicht mehr in die Definition einbezogen.
Quellen
- ↑ NASA Earth Fact Sheet, abgerufen am 22.09.2021
- ↑ BKG Absolute Gravity Database - Meta-Data, abgerufen am 22.09.2021
- ↑ New ultrahigh-resolution picture of Earth's gravity field, Geophysical Research Letters, 2013
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