Chemische Bindung
Englisch: chemical bond
Definition
Die chemische Bindung ist ein physikalisch-chemisches Phänomen, durch das zwei oder mehrere Atome oder Ionen fest zu Molekülen bzw. chemischen Verbindungen aneinander gebunden werden. Es basiert darauf, dass es für die meisten Atome oder Ionen energetisch günstiger ist, in gebundenem Zustand, anstatt als einzelnes (ungebundenes) Teilchen vorzuliegen.
Hintergrund
Der chemischen Bindung liegen elektrostatische Wechselwirkungen zugrunde. Diese können zwischen Ionen, polarisierten Atomen oder den Protonen im Atomkern und geteilten Elektronenpaaren bestehen.
Es gibt Parameter, die zur Beschreibung einer Bindung wichtig sind und sich experimentell untersuchen lassen. Dazu gehören die Bindungslänge als Maß für den Abstand zweier Atomkerne und die Bindungsenergie, welche die Stärke einer Bindung angibt.
Einteilung
Chemische Bindungen werden in verschiedene Typen eingeteilt. Zunächst erfolgt anhand der Bindungsstärke die Unterscheidung in Primär- und Sekundärbindungen. Während bei Primärbindungen ein stabiler, langfristiger Zusammenhalt der Moleküle bzw. Atome besteht, handelt es sich bei Sekundärbindungen um schwache Wechselwirkungen, die häufig nur vorrübergehend sind.
Primärbindungen
Zu den Primärbindungen zählen folgende chemische Verbindungen:
- Ionenbindung
- Atombindung (kovalente Bindung)
- Metallbindung
Ionenbindung
Eine Ionenbindung entsteht durch die Abgabe bzw. Aufnahme von Elektronen (auch Elektronentransfer oder Elektronenübertragung genannt) aus den äußersten Elektronenschalen der Atome (Valenzelektronen).
Ionenbindungen kann man vor allem bei den sogenannten Salzen finden. Die ionische Bindung besteht aus einem positiv geladenen Ion (Kation, Ladungsüberschuss der positiven Protonen im Kern) und einem negativ geladenen Ion (Anion, Ladungsüberschuss der negativen Elektronen in der äußersten Schale).
Dieser Ladungsüberschuss bzw. -mangel kann mehrfach auftreten und wird durch die entsprechende Anzahl von Ionen ausgeglichen: Ionenverbindungen sind somit neutral. Dadurch, dass ein Übergang von einem oder mehreren Valenzelektronen aus der/den äußersten Schale/n stattfindet, erreichen die so gebildeten Ionen in ihren Verbindungen energetisch stabilere Zustände (Born-Haber-Kreisprozess), die sogenannten Achterschalen. Diese Schalen entsprechen (vereinfacht ausgedrückt) in ihrer Elektronenzahl dem vorangegangenen bzw. nachfolgenden Edelgas, weswegen die so erreicht Elektronenverteilung als Edelgaskonfiguration bezeichnet wird.
Die Anziehung zwischen Ionen ist sehr stark und führt zu einer geordneten kristallinen Struktur im festen Zustand. Dies ist auch der Grund für den hohen Schmelz- und Siedepunkt sowie die elektrische Leitfähigkeit im geschmolzenen oder gelösten Zustand.
Atombindung
Bei der Atombindung wird weiter in Bindungen zwischen gleichartigen Atomen (unpolare Bindung) und Bindungen zwischen ungleichartigen Atomen (polare Bindung) unterschieden.
Unpolare Bindung
Eine unpolare Molekülbindung entsteht dann, wenn durch Bildung gemeinsamer Elektronenpaare zwischen den beteiligten Atomen des gleichen Elements eine Verbindung entsteht (z.B. H2, N2, O2). Die gegenseitige Abstoßung der positiv geladenen Atomkerne wird durch die Bildung gemeinsamer Elektronenpaare verhindert.
Das gemeinsam verwendete Elektronenpaar gehört beiden Bindungspartnern und verteilt sich symmetrisch auf einer gedachten Achse zwischen den Atomkernen. Die beiden an Bindung beteiligten Atome erfüllen somit die Oktettregel erfüllen. Energetisch betrachtet erreichen beide Bindungspartner einen niedrigeren Energiezustand als jeder Partner alleine mit einem ungepaarten Elektron.
Polare Bindung
Eine polare Molekülbindung entsteht dadurch, dass einer der beiden Bindungspartner mehr Anziehungskraft auf das gemeinsame Elektronenpaar ausübt als der andere. Es kommt zu einer Ladungsverschiebung oder Ungleichverteilung des gemeinsamen Elektronenpaares: ein Dipol entsteht.
Dieser Effekt wird durch bestimmte Eigenschaften eines Bindungspartners hervorgerufen, die unter dem Begriff Elektronegativität zusammengefasst werden. Die Elektronegativität gibt an, wie stark ein Partner einer Molekülbindung das gemeinsame Elektronenpaar zu sich verschieben kann. Das Ausmaß der Ladungsverschiebung wird dann durch die Elektronennegativitätsdifferenz deutlich.
Metallbindung
In der Regel bilden Metalle ausgedehnte, dreidimensionale metallische Gitter.
Durch das Elektronengasmodell kann die metallische Bindung zwischen den Atomen folgendermaßen erklärt werden: Metallatome besetzen als Atomrümpfe die Plätze in einem Gitter. Die Valenzelektronen können sich wie ein Gas zwischen den Atomrümpfen bewegen. Dies führt zu einer erhöhten Elektronendichte zwischen den Atomen selbst, welche die Bindung stabilisiert.
Basierend auf dem Orbitalmodell kann die Metallbindung alternativ durch das Energiebändermodell erklärt werden.
Sekundärbindungen
Zu den Sekundärbindungen werden folgende chemische Verbindungen gezählt:
Van-der-Waals-Wechselwirkung
Die Van-der-Waals-Wechselwirkung lässt sich in die Keesom-Wechselwirkung, die Debye-Wechselwirkung und die London-Dispersionswechselwirkung (London-Kraft) unterteilen. Im engeren Sinne wird nur Letztere als Van-der-Waals-Wechselwirkung bezeichnet.
Sie basiert darauf, dass in unpolaren oder nur schwach polaren Molekülen zufällige Ladungsverschiebungen stattfinden. Damit wird aus einem unpolaren Molekül ein schwach polares Molekül, das auf seine Nachbarmoleküle polarisierend wirkt ("induzierte Dipole"). Die Ungleichverteilung der Ladung ist geringfügig und außerdem nur von kurzer Dauer. Deshalb kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Ladungsverteilungen – so kann ein induzierter Dipol im nächsten Moment neutral sein und dann wieder als induzierter Dipol wirken. Im Vergleich zu den anderen Wechselwirkungen ist sie die schwächste Sekundärbindung.
Günstig auf die Van-der-Waals-Kräfte wirkt sich vor allem die Größe der Oberfläche eines Moleküls aus. Es gilt: Je größer die Oberfläche ist, desto stärker ist die Van-der-Waals-Kraft. Bei höher- und hochmolekularen Kohlenwasserstoffen kann somit die Van-der-Waals-Kraft die Wasserstoffbrückenbindung übersteigen. Dies ist dafür verantwortlich, dass hochmolekulare Stoffe keinen definierten Schmelz- und Siedepunkt haben, sondern sich bei Erwärmen zersetzen.
Dipol-Dipol-Wechselwirkung
Dipol-Dipol-Wechselwirkungen treten nur zwischen polaren Molekülen auf, die eine gewisse Elektronegativitätsdifferenz aufweisen. Sie werden auch als Keesom-Wechselwirkung bezeichnet zu den Van-der-Waals-Wechselwirkungen gezählt.
Durch die permanente Ladungsverschiebung entstehen Dipole, die sich gegenseitig elektrostatisch anziehen, ohne jedoch eine Ladung zu übertragen. Eine Dipol-Dipol-Bindung existiert nur in sogenannten Nahbereichen. Nur eine kleine Anzahl von Molekülen kann so zu- bzw. aneinander orientiert sein, dass man von einer Nahordnung sprechen kann. Durch die Wärmebewegung der Moleküle (Brownsche Molekularbewegung) erfährt diese Nahordnung ständig eine Störung, baut sich jedoch immer wieder neu auf.
Moleküle gleicher Masse weisen beim Vorliegen einer Dipol-Dipol-Bindung einen niedrigeren Siedepunkt auf als Moleküle mit einer Wasserstoffbrückenbindung.
Wasserstoffbrückenbindung
Die Wasserstoffbrückenbindung ist eine besondere Art der Dipol-Dipol-Bindung: Hier liegt ein Wasserstoffatom als Brücke zwischen zwei stark elektronegativen Atomen, wobei es mit dem einen Atom durch eine polare kovalente Bindung und mit dem anderen durch elektrostatische Kräfte verbunden ist. In Formeln werden sie als gestrichelte Linien dargestellt.
Wenn ein Wasserstoff an ein stark elektronegatives Atom gebunden ist, wird die bindende Elektronenwolke überwiegend in Richtung des elektronegativeren Atoms verzerrt und somit der Wasserstoffkern partiell freigelegt. Der nur schwach abgeschirmte Wasserstoffkern weist eine positive Ladung auf, die durch die negative Ladung des freien nichtbindenden Elektronenpaars in einem anderen Molekül angezogen wird.
Bei Wasserstoffbrückenbindungen zählen beide an der Bindung beteiligten Atome zur sogenannten "N-O-F-Gruppe" (Stickstoff, Sauerstoff und Fluor).
Übersicht
Ion-Ion | nur zwischen Ionen | |
Ion-Dipol | Ionen und polare Moleküle | |
Dipol-Dipol | zwischen ruhenden polaren Molekülen | |
Van-der-Waals-Wechselwirkung | zwischen allen Arten unpolarer und schwach polarer Moleküle | |
Wasserstoffbrückenbindung | zwischen N-O-F-Verbindungen und einem ebenso gebundenen H-Atom |
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