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die [[Apoptose|Apoptoseinduktion]] der Zelle. Das im Menschen aktive [[Holoenzym]] wird als hTERT (human) bezeichnet. | die [[Apoptose|Apoptoseinduktion]] der Zelle. Das im Menschen aktive [[Holoenzym]] wird als hTERT (human) bezeichnet. | ||
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+ | Ohne diesen Prozess würden sich die Telomere des [[genom|Genoms]] mit jeder [[Replikation]] zunehmend verkürzen und das Unterschreiten einer kritischen Grenzlänge würde ein Ansetzen der [[DNA-Polymerase]] nicht mehr möglich machen. Eine Replikation ist demnach nicht mehr möglich, die Erbinformation ist instabil und induziert eine [[Apoptose]]. | ||
[[Physiologisch]] liegt außer in den [[Stammzellen]] und funktional aktivierten [[Lymphozyten]] keine erhöhte hTERT Aktivität vor. | [[Physiologisch]] liegt außer in den [[Stammzellen]] und funktional aktivierten [[Lymphozyten]] keine erhöhte hTERT Aktivität vor. | ||
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− | Die 10-15% der Tumore, die keine gesteigerte hTERT Aktivität aufzeigen, nutzen das sog. '''ALT''' (''engl. alternate lengthening of telomers''). Der exakte Mechanismus ist bislang | + | Die 10-15% der Tumore, die keine gesteigerte hTERT Aktivität aufzeigen, nutzen das sog. '''ALT''' (''engl. alternate lengthening of telomers''). Der exakte Mechanismus ist bislang nicht geklärt. Auch die Ursache für die Aktivierung der [[Transkriptionsfaktor|Transkriptionsfaktoren]] durch Tumore und die gesteigerte hTERT-[[Expression|Expressivität]] ist nicht vollständig erschlossen.<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC87050/ Perrem K et al.: Coexistence of Alternative Lengthening of Telomeres and Telomerase in hTERT-Transfected GM847 Cells]</ref> |
− | nicht geklärt. Auch die Ursache für die Aktivierung der [[Transkriptionsfaktor|Transkriptionsfaktoren]] durch Tumore und die gesteigerte hTERT [[Expression|Expressivität]] ist nicht vollständig erschlossen. [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC87050/] | + | |
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− | die eine stetige Verkürzung der [[DNS]] erlaubt und somit letztendlch zur [[Apoptose]] führt. Es ist aber aufzuzeigen, dass die dn-hTERT nicht [[zytotoxisch]] wirkt sondern nur den | + | |
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TERT ist ein katalytischer Subkomplex des Enzyms Telomerase. Die Abkürzung steht für "Telomerase reverse transcriptase". Telomerase verhindert die bei jeder Replikation entstehende Verkürzung des genetischen Materials und somit die Apoptoseinduktion der Zelle. Das im Menschen aktive Holoenzym wird als hTERT (human) bezeichnet.
Die Enden der Chromosomen werden Telomere genannt. Bei jeder Replikation verkürzen sich die Chromosomen um 100-200 Basenpaare. Zum Ausgleich fügt hTERT tausende Kopien der Nukleinbasen TTAGGG einzelstrangig den Telomeren hinzu. Das Ende ist nicht linear, sondern liegt als t-loop Einzelstrang vor. Der t-loop stellt keinen DNS-Doppelbruch dar und initiert somit keine Reperationsmechanismen.
Ohne diesen Prozess würden sich die Telomere des Genoms mit jeder Replikation zunehmend verkürzen und das Unterschreiten einer kritischen Grenzlänge würde ein Ansetzen der DNA-Polymerase nicht mehr möglich machen. Eine Replikation ist demnach nicht mehr möglich, die Erbinformation ist instabil und induziert eine Apoptose. Physiologisch liegt außer in den Stammzellen und funktional aktivierten Lymphozyten keine erhöhte hTERT Aktivität vor.
Im Gegensatz zu gesunden Zellen weisen 85-90% aller Tumorzellen eine hohe hTERT Aktivität auf. Dies erklärt die "Unsterblichkeit", d.h. die endlose Replikationskapazität von Tumorzellen. Die Telomere verkürzen sich nicht und erlauben theoretisch unendlich viele Replikationen und somit ungebremstes Tumorwachstum. Folgend einige Beispiele für Protoonkogene, die die hTERT Expression stimulieren:
Die 10-15% der Tumore, die keine gesteigerte hTERT Aktivität aufzeigen, nutzen das sog. ALT (engl. alternate lengthening of telomers). Der exakte Mechanismus ist bislang nicht geklärt. Auch die Ursache für die Aktivierung der Transkriptionsfaktoren durch Tumore und die gesteigerte hTERT-Expressivität ist nicht vollständig erschlossen.[1]
Der Ansatz hTERT zu blockieren und dem Tumor so die "Unsterblichkeit" zu nehmen, wird für vielversprechend gehalten. So können Tumorsuppressorgene wie MEN1 oder p53 bereits eine Repression von hTERT herbeiführen. In Versuchen wurde der Telomeraseeinzelstrang "TTAGGG" durch ein komplementäres Anticodon besetzt. Eine Verlängerung war nicht mehr möglich, da die DNS nun als Doppelstrang vorlag und die Polymerase nicht mehr ansetzen konnte. Jedoch erwies sich der Versuch, alle Telomeraseenden zu blockieren, als äußerst schwierig. Zusätzlich ist nicht klar, welchen Einfluss dies auf andere physiologische Prozesse hätte.
Etwas einfacher ist der Versuch ein dn-hTERT, ein dominant negatives hTERT, in die Zellen zu bringen. Hiermit wird anstelle der hTERT, die unproduktive dn-hTERT herangezogen, die eine stetige Verkürzung der DNS erlaubt und somit letztendlch zur Apoptose führt. Es ist aber aufzuzeigen, dass die dn-hTERT nicht zytotoxisch wirkt, sondern nur den physiologischen Prozess ermöglicht, den Tumorzellen durch Mutationen von Protoonkogenen ausweichen. Eine dritte Möglichkeit stellen Medikamente dar, welche die hTERT blockieren. Da hTERT und die Reverse Transkriptase der HI-Viren einen gewissen Verwandtheitsgrad aufweisen, wurden in Studien bereits einige Medikamente der Klasse der Reverse-Transkriptase-Inhibitoren positiv getestet.[2][3]
Fachgebiete: Genetik, Onkologie, Pharmakologie
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