Reizdarmsyndrom
Synonyme: Reizdarm-Syndrom (RDS), Colica mucosa, Colitis spastica, Colon spasticum, Colon irritabile
Englisch: irritable bowel syndrome, IBS
Definition
Das Reizdarmsyndrom, kurz RDS, ist ein häufiges, aber relativ unscharf definiertes, gastroenterologisches Krankheitsbild, das durch diffuse abdominelle Beschwerden gekennzeichnet ist. Es wird oft den psychosomatischen Erkrankungen zugeordnet.
Die Diagnose "Reizdarmsyndrom" ist im strengen Sinn eine Ausschlussdiagnose. Sie wird dann gestellt, wenn trotz sorgfältiger Untersuchung des Patienten keine organischen Ursachen für bestehende abdominelle Beschwerden gefunden werden können.
ICD10-Codes
- K58.0: Reizdarmsyndrom mit Diarrhoe
- K58.9: Reizdarmsyndrom ohne Diarrhoe
Ätiologie
Die genaue Pathogenese des Reizdarmsyndroms ist zur Zeit unklar (2022). Als mögliche Ursachen werden u.a. eine viszerale Hypersensitivität, Motilitätstörungen, Fehlsteuerungen des autonomen Nervensytems und psychosomatische Störungen diskutiert. Möglicherweise hängt die Erkrankung mit der Anzahl der enterochromaffinen Zellen in der Darmschleimhaut zusammen. Bei RDS-Patienten mit Diarrhoe ist die Anzahl der enterochromaffinen Zellen im Colon vermehrt, bei RDS-Patienten ohne Diarrhoe vermindert.[1]
Weiterhin weisen tierexperimentelle Studien darauf hin, dass die Beschwerden der Patienten mit Reizdarmsyndrom womöglich auch durch eine erhöhte Histaminkonzentration ausgelöst werden, die durch Histamin-produzierende Bakterien verursacht wird.[2]
Epidemiologie
Das Reizdarmsyndrom ist eine sehr häufige Erkrankung. Frauen sind häufiger betroffen als Männer (Verhältnis etwa 2:1).
Symptome
Das Reizdarmsyndrom äußert sich durch schwer einzuordnende Beschwerden des Verdauungstrakts. Die Patienten klagen oft über krampfartige, als dumpf empfundene Bauchschmerzen. Gleichzeitig leiden sie unter Völlegefühl und Blähungen. Der Stuhlgang kann im Sinne einer Obstipation oder Diarrhoe verändert sein.
Nach Rom-IV-Kriterien liegt ein Reizdarmsyndrom vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- wiederholte Bauchschmerzen assoziiert mit mindestens zwei der folgenden Kriterien:
- Zusammenhang mit der Stuhlentleerung
- Änderung der Stuhlfrequenz
- Änderung der Stuhlkonsistenz
- Beginn der Beschwerden vor mehr als 6 Monaten
- Beschwerden an mindestens einem Tag pro Woche im letzten Monat
Diagnostik
- Anamnese
- Abdominelle Palpation
- Sonografie
- Endoskopie
- Labor
- Blutbild: unauffällig
- Entzündungsparameter: unauffällig
- Test auf okkultes Blut im Stuhl (z.B. iFOBT): negativ
- Calprotectin im Stuhl: negativ
- Pankreas-Elastase 1 im Stuhl: unauffällig
Differentialdiagnosen
Mögliche Ursachen, die es auszuschließen gilt, sind:
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Lebensmittelallergien
- Störungen der Gallenfunktion
- exokrine Pankreasinsuffizienz
Therapie
Die Therapie ist abhängig von der Ursache und vom spezifischen Beschwerdebild. Medikamentös werden u.a. Spasmolytika (z.B. Mebeverin, Buscopan) sowie Alosetron zur Verlangsamung der Darmmotilität verordnet.
Darüber hinaus weisen Studien darauf hin, dass eine Gabe von H4-Rezeptor-Antagonist vielversprechend sein könnte. Bisher gibt es jedoch kein zugelassenes Präparat.[2]
Quellen
- ↑ Lee, Kwang Jaeet et al.: "The alteration of enterochromaffin cell, mast cell, and lamina propria T lymphocyte numbers in irritable bowel syndrome and its relationship with psychological factors". Journal of Gastroenterology and Hepatology. 23 (11): 1689–94 (2008). PMID 19120860. doi:10.1111/j.1440-1746.2008.05574.x.
- ↑ 2,0 2,1 Palma, G. et al.: "Histamine production by the gut microbiota induces visceral hyperalgesia through histamine 4 receptor signaling in mice". SCIENCE TRANSLATIONAL MEDICINE. 14(665): (2022). DOI: 10.1126/scitranslmed.abj1895.