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Synonym: Leberzellkrebs, Primäres Leberzellkarzinom, Hepatocelluläres Carcinom, HCC
Englisch: hepatocellular carcinoma
Das hepatozelluläre Karzinom ist ein vom Lebergewebe (Hepatozyten) ausgehendes Karzinom der Leber.
Die Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms wird begünstigt durch:
Weitere Risiken:
Das HCC-Risiko korreliert mit der Ätiologie, Dauer und Aktivität der Lebererkrankung.
In Westeuropa ist die Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms gering. Sie beträgt etwa 5:100.000 pro Jahr. In weiten Teilen Asiens und in Afrika besteht aufgrund erhöhter Prävalenzen von chronischen Virushepatitiden eine wesentlich höhere Inzidenz mit einer Tendenz zu einem früheren Erkrankungsalter. Männer erkranken etwa 3-4-fach häufiger als Frauen.
Das hepatozelluläre Karzinom zeigt drei Wachstumsmuster:
Die funktionelle Mikroarchitektur der Leber ist eng mit den Kapillaren verbunden. Wie bei der Regeneration der Leber folgt auch die Ausbreitung von Leberzelltumoren im frühen Stadium longitudinalen Mustern.[1] Alle Formen des hepatozellulären Karzinoms neigen stark zur Invasion von umliegenden Blutgefäßen. Eventuell können Tumorzapfen so in die Vena portae oder Vena cava inferior einbrechen und das Lumen der Gefäße verlegen.
Metastasen treten im Verlauf spät auf und betreffen dann regelhaft die regionären Lymphknoten, die Lungen, Knochen und Nebennieren.
Das fibrolammeläre hepatozelluläre Karzinom stellt einen Sonderfall dar. Es tritt ohne Bezug zu den genannten ätiologischen Risikofaktoren bei jungen Männern und Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Es besteht in der Regel aus einer solitären Tumormasse mit relativ gut differenzierten Zellen und einem von Bindegewebesträngen durchsetzten Stroma. Es ist oftmals einer Resektion sehr zugänglich.
Das hepatozelluläre Karzinom führt in der Regel erst spät zu Symptomen. Zuerst können unspezifische Allgemeinsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit auftreten. Liegt ein Druckschmerz im rechten Oberbauch vor, ist dies bereits Ausdruck einer Kapselspannung der Leber. In fortgeschrittenen Stadien ist ein tastbarer Tumor im rechten Oberbauch nachweisbar, meist begleitet von Aszites und Kachexie.
Gelegentlich manifestiert sich das hepatozelluläre Karzinom durch eine Dekompensation einer bestehenden Leberzirrhose und/oder durch paraneoplastisch bedingte Symptome wie Fieber.
Das hepatozelluläre Karzinom wird bei klinischem Verdacht durch labormedizinische Parameter, Bildgebung und ggf. eine Biopsie diagnostiziert.
In der Sonographie kann eine solide Raumforderung abgegrenzt werden. Durch CT und MRT kann eine relativ genaue Abgrenzung und Zuordnung des Tumors erfolgen. Insbesondere das Perfusionsverhalten (Kontrastmittelanreicherung in der arteriellen Phase) kann Rückschluss auf Art und Ausmaß des Tumors geben. Die Befunde der Bildgebung werden bei Risikopatienten mit Hilfe des Liver Imaging Reporting and Data Systems (LI-RADS) klassifiziert.
Nach aktuellen S3-Leitlinie von 2013 genügt zur Diagnosesicherung die typische arterielle Kontrastmittelanreicherung (Hyperperfusion) mit nachfolgend raschem wash-out in der venösen Phase in einem der drei bildgebenden Verfahren (KM-Sonographie, -MRT oder -CT). Bei Läsionen über 2 cm Durchmesser kann bei arterieller Hyperperfusion in zwei verschiedenen Verfahren die Diagnose auch ohne venöses Auswaschen gestellt werden. Bei atypischem Kontrastmittelverhalten und Läsionen unter 2 cm wird die bioptische Abklärung bevorzugt.[2]
In 50% der Fälle ist bei Vorliegen eines hepatozellulären Karzinoms das AFP im Serum erhöht. Erhöhungen können jedoch auch in der Schwangerschaft, bei Leberzirrhose, chronischer Hepatitis und anderen malignen Neoplasien (z.B. Bronchialkarzinom, Hodentumoren) vorkommen. Schnelle und steile Anstiege des AFP sind dennoch verdächtig auf ein hepatozelluläres Karzinom.
Neben AFP eignen sich PIVKAs als Tumormarker.[3]
Bei einer bestehenden Leberzirrhose sollte aus Gründen der Vorsorge und Früherekennung halbjährlich eine Sonographie der Leber und eine AFP-Bestimmung erfolgen. So kann möglicherweise ein früher Befund entdeckt und kurativ behandelt werden.
Das hepatozelluläre Karzinom spricht grundsätzlich schlecht bis gar nicht auf herkömmliche Zytostatika an. In kontrollierten klinischen Studien kam es zu keiner signifikanten Verbesserung der mittleren Überlebenszeit. Als pharmakologische Behandlung kommt zur Zeit (2018) nur die Applikation von Tyrosinkinasehemmern (z.B. Sorafenib) in Frage. Auch bei fortgeschrittenem Tumorstadium kann dadurch ggf. eine Lebensverlängerung der Patienten erreicht werden. Im Übrigen besteht die Therapie in stadienadaptieren interventionellen und chirurgischen Maßnahmen.
Ohne Vorliegen einer Leberzirrhose wird meist eine partielle Leberresektion als Therapieansatz gewählt. Sie muss anatomisch durchführbar (keine Ummauerung der Pfortader) und physiologisch tragbar (ausreichende verbleibende Leberfunktion nach dem Eingriff) sein. Es sollten dabei nicht weniger als 30% des Lebergewebes erhalten bleiben. Bei der Resektion hält man einen Abstand von mindestens 1 cm zum gesunden Gewebe ein. Rezidivquoten sind mit 60% innerhalb von 5 Jahren nach der OP jedoch sehr hoch.
Bei gleichzeitiger Leberzirrhose kann eine Lebertransplantation (LTX) in Betracht gezogen werden. Für Patienten mit Leberzirrhose und maximal 3 HCC-Herden gelten die Milan-Kriterien, die der genauen Indikationsstellung für eine Lebertransplantation dienen. Bei Vorliegen eines singulären HCC-Herdes muss dieser kleiner als 5 cm sein. Andernfalls dürfen in Summe höchstens 3 HCC-Herde vorhanden sein, deren Durchmesser 3 cm nicht überschreiten darf. Lokal ablative Verfahren können vor der Transplantation angewandt werden, um den Tumor zu verkleinern und somit die Milan-Kriterien zu erfüllen (sog. "Bridging to LTX" oder Downstaging).
Als palliative Maßnahmen bieten sich interventionelle Verfahren an, darunter die Tumorembolisation über versorgende Äste der Arteria hepatica propria ("Transarterielle Chemoembolisation"). Eine weitere Methode ist die lokale Chemotherapie mit nekrotisierend wirkenden Substanzen, z.B. die perkutane Ethanolinjektion (PEI).
Weitere palliative Verfahren sind:
Die Prognose eines hepatozellulären Karzinoms ist meist schlecht. Die mediane Überlebenszeit ohne Therapie liegt bei etwa 6 Monaten.
Eine Ausnahme bildet das fibrolammeläre Karzinom. Es kann meist bei ansonsten gesunder Leber sehr gut reseziert werden und weist dann eine gute Prognose auf.
Autoren: https://flexikon.doccheck.com/de/index.php?title=Hepatozellul%C3%A4res_Karzinom&action=history
Quelle: https://flexikon.doccheck.com/de/Hepatozellul%C3%A4res_Karzinom
Fachgebiete: Chirurgie, Innere Medizin
Diese Seite wurde zuletzt am 8. November 2020 um 17:59 Uhr bearbeitet.
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