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Die Wirkung auf die Basalganglien ist wahrscheinlich die Ursache für unerwünschte [[extrapyramidalmotorische Störung]]en ([[Dystonie]], [[Akathisie]] und [[Parkinsonismus]]). Die antidopaminerge Wirkung von Haloperidol auf [[laktotrop]]e Zellen im [[Hypophysenvorderlappen]] erklärt die [[Hyperprolaktinämie]] infolge einer Blockierung der Dopamin-vermittelten tonischen Hemmung der Prolaktinsekretion. | Die Wirkung auf die Basalganglien ist wahrscheinlich die Ursache für unerwünschte [[extrapyramidalmotorische Störung]]en ([[Dystonie]], [[Akathisie]] und [[Parkinsonismus]]). Die antidopaminerge Wirkung von Haloperidol auf [[laktotrop]]e Zellen im [[Hypophysenvorderlappen]] erklärt die [[Hyperprolaktinämie]] infolge einer Blockierung der Dopamin-vermittelten tonischen Hemmung der Prolaktinsekretion. | ||
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[[Parenteral]]es Haloperidol ist weiterhin ein häufig eingesetztes Medikament in der Notfallpsychiatrie und wird oft zusammen mit einem [[Benzodiazepin]] wie [[Lorazepam]] [[i.m.]] appliziert. Es ist darüber hinaus effektiv gegen die [[Intoxikation]] mit [[psychedelisch]]en Substanzen wie [[LSD]], [[Mescalin]] oder [[Psilocybin]]. | [[Parenteral]]es Haloperidol ist weiterhin ein häufig eingesetztes Medikament in der Notfallpsychiatrie und wird oft zusammen mit einem [[Benzodiazepin]] wie [[Lorazepam]] [[i.m.]] appliziert. Es ist darüber hinaus effektiv gegen die [[Intoxikation]] mit [[psychedelisch]]en Substanzen wie [[LSD]], [[Mescalin]] oder [[Psilocybin]]. | ||
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+ | Die Dosierung von Haloperidol ist von der genauen Indikation und der Schwere des Krankheitsbildes abhängig. Die Dosierungen liegen bei oraler Gabe üblicherweise in einer Range von 0,5 bis 10 mg pro Tag. Die [[Tageshöchstdosis]] bei Erwachsenen beträgt 10 bis 20 mg, bei Kindern 3 bis 5 mg. | ||
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+ | Haloperidol ist darüber hinaus ein [[CYP2D6]]-Hemmer. Dadurch kann bei gleichzeitiger Gabe die Plasmakonzentration von [[trizyklisches Antidepressivum|trizyklischen Antidepressiva]] (z. B. [[Imipramin]], [[Desipramin]]) ansteigen. | ||
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* [[Dekompensiert]]e [[Herzinsuffizienz]] | * [[Dekompensiert]]e [[Herzinsuffizienz]] | ||
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− | * gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln, welche die QT-Zeit verlängern | + | * gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln, welche die QT-Zeit verlängern ([[Amiodaron]], [[Sotalol]], [[Escitalopram]] u.v.a.) |
* [[ventrikuläre Arrhythmie]] oder [[Torsade-de-Pointes-Tachykardie]] | * [[ventrikuläre Arrhythmie]] oder [[Torsade-de-Pointes-Tachykardie]] | ||
[[Fachgebiet:Psychiatrie]] | [[Fachgebiet:Psychiatrie]] |
Handelsnamen: Haldol®, Serenase®
Latein: Haloperidolum
Englisch: haloperidol
Haloperidol ist ein Arzneistoff, der zu den typischen Neuroleptika aus der Gruppe der Butyrophenone gehört.
Die chemische Bezeichnung für Haloperidol ist 4-[4-(4-Chlorphenyl)-4-hydroxypiperidino]-4-fluorbutyrophenon. Die Summenformel lautet C21H23ClFNO2.
Haloperidol wurde 1958 erstmals vom belgischen Pharmaunternehmer Paul Janssen synthetisiert und 1959 in Belgien als Medikament zugelassen.
Haloperidol ist ein starker zentral wirksamer D2-Rezeptorantagonist, genauer gesagt ein inverser Agonist am D2-Rezeptor. Seine Affinität zu D1- und D4-Rezeptoren ist geringer. Darüber hinaus bindet der Arzneistoff in therapeutischen Dosen an alpha-1-Adrenozeptoren. Erst in höheren Dosen werden 5-HT2-Rezeptoren angesprochen. Die Affinität zu Histaminrezeptoren ist vernachlässigbar, der Wirkstoff hat keine antihistaminerge oder anticholinerge Wirkung.
Haloperidol unterdrückt Wahnvorstellungen und Halluzinationen, indem es die dopaminerge Signalgebung im mesolimbischen System blockiert. Die Blockade der zentralen Dopaminrezeptoren wirkt sich auf die Basalganglien des nigrostriatalen Systems aus. Haloperidol führt zu einer starken psychomotorischen Dämpfung, was die günstige Wirkung bei Manien und anderen Erregungszuständen erklärt.
Die Wirkung auf die Basalganglien ist wahrscheinlich die Ursache für unerwünschte extrapyramidalmotorische Störungen (Dystonie, Akathisie und Parkinsonismus). Die antidopaminerge Wirkung von Haloperidol auf laktotrope Zellen im Hypophysenvorderlappen erklärt die Hyperprolaktinämie infolge einer Blockierung der Dopamin-vermittelten tonischen Hemmung der Prolaktinsekretion.
Haloperidol wird zur Behandlung akuter und chronischer Schizophrenien und organisch bedingter Psychosen eingesetzt. Außerdem wird es zur Therapie von Manien und psychomotorischen Erregungszuständen verschrieben. In manchen Fällen wird es - nach Ausschöpfung anderer Alternativen - zur Behandlung von Tic-Störungen verwendet.
Haloperidol wirkt auch als Antiemetikum und wurde als solches vor allem in der Schmerztherapie gegen Opioid-induzierte Übelkeit bzw. Opioid-induziertes Erbrechen eingesetzt. In Deutschland ist es in dieser Indikation seit 2017 nicht mehr zugelassen.
Parenterales Haloperidol ist weiterhin ein häufig eingesetztes Medikament in der Notfallpsychiatrie und wird oft zusammen mit einem Benzodiazepin wie Lorazepam i.m. appliziert. Es ist darüber hinaus effektiv gegen die Intoxikation mit psychedelischen Substanzen wie LSD, Mescalin oder Psilocybin.
Haloperidol ist in verschiedenen Darreichungsformen verfügbar, u.a. in Form von Tabletten und Tropflösungen zur oralen Einnahme sowie als Injektionslösung zur i.m.-Injektion, auch als Depotform.
Die Dosierung von Haloperidol ist von der genauen Indikation und der Schwere des Krankheitsbildes abhängig. Die Dosierungen liegen bei oraler Gabe üblicherweise in einer Range von 0,5 bis 10 mg pro Tag. Die Tageshöchstdosis bei Erwachsenen beträgt 10 bis 20 mg, bei Kindern 3 bis 5 mg.
Bevor man Depotpräparate einsetzt, muss der Patient stabil auf orales Haloperidol eingestellt sein.
Generell sollte aufgrund der ausgeprägten Nebenwirkungen bei der Langzeitbehandlung psychiatrischer Erkrankungen die niedrigste Erhaltungsdosis angestrebt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Haloperidol hat eine Vielzahl von Nebenwirkungen auf das ZNS und die Motorik, die an das klinische Bild eines Morbus Parkinson erinnern und deshalb als Parkinsonoid bezeichnet werden. Typische Nebenwirkungen sind:
Nach dem Beginn der Therapie kommt es häufig zu Müdigkeit und Krämpfen im Kopf-, Hals- und Rachenbereich. Nach längerer Einnahme treten Muskelsteifheit und Bewegungsarmut auf. Gegen Haloperidol-induzierte Dyskinesien kommt Biperiden zum Einsatz.
In sehr seltenen Fällen kommt es zum lebensbedrohlichen neuroleptischem Syndrom, einem Ileus oder Kreislaufversagen.
Haloperidol verstärkt die Wirkung anderer ZNS-dämpfender Arzneimittel (Hypnotika, Sedativa oder starke Analgetika) und antagonisiert die Wirkung sympathomimetischer Arzneimittel.
CYP3A4-Inhibitoren wie Alprazolam, Fluvoxamin, Itraconazol, Ketoconazol, Saquinavir oder Verapamil führen über den Anstieg der Haloperidol-Plasmakonzentration zu einer verstärkten Wirkung.
CYP3A4-Induktoren (z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Rifampicin oder Johanniskraut) senken den Plasmaspiegel und schwächen die Wirkung ab.
Haloperidol ist darüber hinaus ein CYP2D6-Hemmer. Dadurch kann bei gleichzeitiger Gabe die Plasmakonzentration von trizyklischen Antidepressiva (z. B. Imipramin, Desipramin) ansteigen.
Zu den Gegenanzeigen von Haloperidol zählen u.a.:
Tags: Antipsychotikum, Dopamin, Psychose
Fachgebiete: Psychiatrie
Diese Seite wurde zuletzt am 24. Juli 2020 um 12:36 Uhr bearbeitet.
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